Review

Knives Out

Wer hätte das gedacht? Auch wenn bis vor kurzem noch David Suchet meisterhaft den belgischen Meisterdetektiv Hercule Poirot in der gleichnamigen Serie verkörpert hat, blieb das klassische Krimi-Genre des ‚Whodunit‘ der großen Leinwand fern.
Dabei haben nicht nur die genannten Poriot-Umsetzung das Genre am Leben gehalten, sondern auch viele andere Fernsehserien wie ‚Monk‘ oder ‚The Mentalist‘. Der Reiz des Genres liegt dabei einerseits darin, der Arbeit des Meisterdetektiven zu folgen und andererseits darin, sich selber als Detektiv zu beteiligen, dabei Verdächtigungen zu äußern, mitzuraten und gegebenenfalls dem Meisterdetektiv dabei vorzukommen.
Das bedeutet auch, dass aktives Mitdenken erforderlich ist, das über „Oberst von Gato mit der Rohrzange in der Bibliothek“ hinausgeht.
Soviel dazu.

Dabei folgt die Handlung einem zunächst klassischen Muster:
Der reiche Patriarch Harlan Thrombey, Autor erfolgreicher Kriminalromane wird am Morgen nach seinem Geburtstag tot in seinem Zimmer aufgefunden. Am Abend zuvor war die ganze Familie anwesend gewesen. Viele Motive, viele mögliche Täter. Mehr möchte ich hier nicht zur Handlung verraten. Es ist am besten, sich möglichst ohne Vorwissen - damit meine auch eine Trailer-Sichtung - in den Film zu begeben.

Hier bestand tatsächlich die Gefahr, in eine Falle zu tappen, in die viele Hommage-Filme – so nenne ich sie jetzt mal – sehr leicht tappen:
Filme, die von ihrer Nostalgie leben und dabei typische Genremerkmale und Stile kopieren, ohne etwas eignes zu schaffen. Eine Kopie bleibt eine Kopie.

Rian Johnson, der zuvor mit Star Wars Episode VIII nicht nur für eine frische Brise im Star Wars-Universum sorgte, sondern dabei auch den Zorn viele Zuschauer auf sich zog, hat mir Knives Out einen vergleichsweise kleinen Film geschaffen, der von seinen Darstellen und seinen geistreichen Dialogen lebt und dabei glücklicherweise eben nicht wie eine Kopie wirkt. Stattdessen nimmt Johnson viele Genrestandards auseinander und setzt sie neu zusammen:
Die klassischen Elemente sind alle da, aber hier fühlen sie sich angenehm frisch und leicht an. Diese Leichtigkeit ist es vor allem, die Knives Out zu so einem Vergnügen machen. Angenehmer Nebeneffekt im Kino: Man sitzt mit vielen wildfremden Menschen zusammen und man merkt am gut gelaunten Lachen eine angenehm ausgelassene, entspannte Stimmung.

Nicht zuletzt lebt Knives Out neben der eleganten Regie von seiner hervorragenden Darstellerriege: Neben Daniel Craig als Meisterdetektiv Benoit Blanc glänzen unter anderem Jamie Lee Curtis, Michael Shannon, Chris Evans, Don Johnson, Christopher Plummer oder auch Jungstar Ana de Armas, die einige vielleicht noch aus dem großartigen Blade Runner 2049 kennen.

Auch wird bei Knives Out eine nicht zu verachtende Tatsache deutlich: Knives Out ist ein Genre-Film, aber kein Franchise-Film. Hier gibt es keinen übergeordneten Plot der vielleicht mal irgendwann zu Ende erzählt wird, weil es sich um den Start einer geplanten Trilogie handelt. Auch gibt es hier keine Franchise-Altlasten, denen der Film gerecht werden muss.
Es sind Filme wie Knives Out, die zeigen, wie wichtig Filme sind, die für sich stehen können, ohne in einen größeren Handlungsrahmen eingeordnet zu werden müssen. Wenn sie dann auch noch so charmant und unterhaltsam mit einer gut aufgelegten Darstellerriege inszeniert werden, ist das noch ein Grund mehr, diesem eine Chance zu geben.
Gilt auch für die in jedem Internet-Forum brüllenden ‚Ruin Johnson‘-Idioten.

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