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Den gebürtigen Schweden Joel Kinnaman kenne ich in erster Line aus der GSI - SPEZIALEINHEIT GÖTEBORG-Reihe, wo er einen Barbesitzer spielt, der auf beiden Seiten des Gesetzes gleichzeitig steht, und in seiner Rolle als wichtiges Gangmitglied und Informant nach und nach zwischen den Fronten zerrieben wird. In THE INFORMER hat er im Prinzip die gleiche Funktion, allerdings noch mit ein paar Schippen Erbarmungslosigkeit oben drauf.

Der polnischstämmige Pete Koslow lebt in zweiter Generation in New York, aber die Verbindungen zur polnischen Mafia sind einfach automatisch da, und die kann er auch nicht kappen. Er gilt als ausgefuchster Drogenschmuggler, und niemand ahnt, dass er parallel als Informant für das FBI unterwegs ist. Doch bei diesem einen Job muss ein Undercover-Cop dran glauben, und als sich dessen Vorgesetzter an die Spuren des mutmaßlichen Mörders (nämlich Koslow) heftet und dabei dem FBI böse in die Quere kommt, wird unabsichtlich Koslows Untergang besiegelt: Der muss nun im Auftrag seines Bosses, des Gangsters Klimek, in den Knast, um dort den Drogenhandel zu organisieren, und gleichzeitig will das FBI von ihm eine Liste mit allen Leuten, die mit diesem Drogenhandel im Bau zu tun haben. So weit, so gut. Nur lässt das FBI Koslow nach Erhalt dieser Liste fallen – Er ist nun zum Abschuss freigegeben sowohl für die Polen die er ans Messer geliefert hat, als auch für deren Gegner die sich verarscht fühlen. Und das erste Ziel der Polen ist Koslows Familie …

Was für ein Brett! Hier ist aber auch gar nichts mehr lustig oder auch nur locker. Keine coolen Oneliner, keine comichafte Action, bei denen die von Kugeln oder Fäusten getroffenen Menschen noch zum x-ten Male aufstehen und sich erfolgreich wehren können. Stattdessen hat es hier sehr böse und sehr harte Menschen, die ihrem Gegenüber entweder ernsthaft wehtun, oder es gleich (möglichst sehr blutig) umlegen wollen, und wer getroffen wurde bleibt in der Regel auch liegen. Eine Welt, in der zumindest ich höchstens 10 Minuten überleben würde, und diese 10 Minuten wären voller Schmerz und Leid. Was Koslow dem miesen und korrupten Gefängniswärter bei seinem Ausbruch antut hat im körperlichen Sinne mindestens die gleiche extreme Härte wie das, was die FBI-Agentin Wilcox durch ihren knüppelharten Vorgesetzten seelisch erleiden muss. Koslows Familie wiederum ist der Hort der Zärtlichkeit, doch außenrum tobt ein Sturm der Brutalität, der alle vernichtet die sich nicht irgendwie mit möglichst blutrünstigen Mitteln wehren können.

Vor kurzem habe ich gelesen, was einen Schauspieler ausmacht: Nämlich dass er Gefühle vermitteln kann. Dass das, was die Rolle in einem bestimmten Augenblick empfindet, vom Schauspieler an den Zuschauer weitergegeben werden kann. Und Joel Kinnaman, der hier einmal mehr aussieht wie der böse Bruder von Orlando Bloom, ist ein erstklassiger Schauspieler. Seine Verzweiflung, sein Hass, seine Wut, seine Enttäuschung, alles geht über auf den Zuschauer und treibt diesen zuverlässig die Sofalehne hoch. Dazu eine sehr übersichtliche und klar strukturierte Kameraführung, ein unauffälliger Score, der das Geschehen perfekt untermalt ohne von der Geschichte abzulenken, und ein Ambiente wie aus der sozialen Hölle – THE INFORMER ist, bei aller filmreifen Handlung, naturalistisches und knallhartes Kino ohne Hang zur Übertreibung oder zum aufgeblasenen Dauershowdown. Einzig der Schluss kommt ein wenig arg abrupt daher und wirkt, als ob ursprünglich ein Franchise mit mehreren Teilen vorgesehen war. Auf der anderen Seite, um sich dieses offene Ende ein wenig schönzureden, wäre auch die Intention vorstellbar, dass der dargestellte Realismus damit einfach auf die Spitze getrieben wird, dass ein Hollywood’sches Happy End auf jeden Fall vermieden werden sollte …

So oder so ist THE INFORMER ein klare Empfehlung für alle, die gutes und hartes Cops and Thugs-Kino ohne übertriebene Effekte mögen, und denen schauspielerische Leistungen wichtiger sind als unaufhörliche Dauerschießereien die mittlerweile sowieso am Computer generiert werden. Stark!

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