iHaveCNit: Little Women (2020)
30.01.2020
Wenn irgendein bekannter Stoff auf einer Buchvorlage bereits mehrfach verfilmt worden ist, ist es bei mir oft so, dass ich weder das Buch gelesen noch irgendeine der vorherigen Verfilmungen gesehen habe. Das nimmt mir zwar die Möglichkeit Vergleiche zu ziehen, gibt mir aber das größtmögliche Maß an Unvoreingenommenheit, damit ich genau diesen Stoff zum ersten Mal sehen, erleben und in die Geschichte abtauchen kann. Seit „Lady Bird“ scheint sich ein großartiges Dou gefunden zu haben – Greta Gerwig und Saoirse Ronan – und dieses Dou hat es nun in diesem starbesetzten Film erneut geschafft, mich emotional abzuholen.
Die 4 Schwestern Jo, Amy, Meg und Beth leben in einfachen Verhältnissen und versuchen ihre Mutter während der kriegsbedingten Abwesenheit des Vaters so gut zu unterstützen wie nur möglich. Dabei ist es für die 4 heranwachsenden Mädchen auch klar, dass sie sich mit ihren eigenen Träumen und Zielen für die Zukunft auseinandersetzen müssen, was sowohl berufliche als auch private Selbstverwirklichung angeht – allen Widerständen zum Trotz.
Greta Gerwig ist es in „Little Women“ gelungen einen sehr natürlichen, bodenständigen und warmherzigen Film zu kreieren. Erzählerisch bedient sie sich hier einer durchaus für die Thematik des Films vielleicht zu komplexen nonlinearen Narration mit diversen auch schnellen Zeitsprüngen, was sowohl etwas irritieren, aber auch in Schlüsselmomenten des Films seine emotionale Wucht richtig entfalten kann. Sehr hilfreich ist hier die Art, wie die Bilder eingefangen worden sind. Wenn wir die Ereignisse in der Vergangenheit betrachten liegt den Bildern eine wärmere, herzliche Farbgebung zugrunde, während sie in der Gegenwart etwas kälter und trister rüber kommt. Ein weiterer Punkt, der die Warmherzigkeit des Films unterstützt ist der wie immer sehr gefühlvolle Score eines Alexandre Desplats. Desweiteren sind natürlich auch die Kostüme des Films sehr gut gelungen. Den Kern des Films bildet jedoch das großartige Ensemble mit unter anderem Chris Cooper, Tracy Letts, James Norton, Meryl Streep, Bob Odenkirk, Laura Dern, Timothee Chalamet und dem Quartett aus Emma Watson, Eliza Scanlen, Florence Pugh und Saoirse Ronan. Hier möchte ich vor allem ein besonderes Trio hervorheben. Timothee Chalamet ist mal wieder so natürlich entwaffnend charmant, Saoirse Ronan überzeugt hier in der wohl wichtigsten Rolle des Films, aber am stärksten hat mir Florence Pugh gefallen, die ich bereits in „Fighting With My Family“ und „Midsommar“ großartig fand. Allgemein muss ich sagen, dass ich mich durchaus mit den 4 Schwestern identifizieren konnte, da ich privat auch in einer ähnlichen Situation mit 2 Brüdern groß geworden bin und daher den innigen Zusammenhalt trotz aller Umstände kenne. So habe ich mich sehr oft im Film den Tränen nahe gefühlt und habe die emotionale Reise sehr genossen. Die im Film auch vorhandene gesellschaftliche Thematisierung von Selbstbestimmung selbst in Zeiten, in denen solche eigenen Lebensentscheidungen noch unüblich waren und somit noch auf etwas Argwohn gestoßen sind ist hier wunderbar natürlich, bodenständig und nicht mit dem Holzhammer erzwungen. Ich habe auch das Gefühl, dass die im Film verwobene Botschaft auch rein universell einsetzbar ist und sich nicht rein auf ein Geschlecht fokussiert. Ich kann mich auch wunderbar mit durchaus dem ein oder anderen Thema identifizieren. Wie auch „Lady Bird“ ist „Little Women“ für Greta Gerwig ein sehr persönliches Werk gewesen – und ich wünsche ihr viel Erfolg bei der Kategorie für das „beste adaptierte Drehbuch“.
„Little Women“ - My First Look – 9/10 Punkte.