Review

They're here already! You're next! You're next! You're next! You're next! You're next...!

Es ist [Achtung: Spoiler!] ein Markstein im Science-Fiction-Film, Hauptbezugspunkt eines ganzen Subgenres gar, und zudem einer von zwei denkwürdigen Höhepunkten in der Karriere Don Siegels: Was er mit "Invasion of the Body Snatchers" innerhalb des Science-Fiction-Films abgeliefert hat, lieferte er 15 Jahre später mit "Dirty Harry" (1971) innerhalb des Polizeifilms ab. Kraftvolle, prägnante Genrefilme, die jeweils kontroverse Diskussionen auslösten. Im Fall von "Dirty Harry" verlief diese Kontroverse erbitterter und andauernder, ist der Streitpunkt hier doch direkt, nicht metaphorisch, ausgefallen und zudem im Grunde stets aktuell geblieben: Näh(e)rte sich "Invasion of the Body Snatchers" im phantastischen Gewand (von) der paranoiden Stimmung der McCarthy-Ära, so warf "Dirty Harry" unter dem Eindruck des Kulminationspunktes des fernen Vietnamkrieges und der nahen Vietnamkriegsproteste die Frage auf, wo die moralischen Grenze verläuft, welche die staatlich legitimierte Gewalt, die Selbstjustiz und die kriminalisierte Gewalt voneinander trennt – und bediente sich zu diesem Zweck einer Serienkiller-Handlung, die leicht vom Zodiac-Killer inspiriert worden ist.
Sascha Keilholz hat in "Verlustkino. Trauer im amerikanischen Polizeifilm seit 1968" (2015) eindringlich aufgezeigt, inwiefern "Dirty Harry" zwischen Western-Mythen und Vietnam-Hintergrund, zwischen ironischer Inszenierung und Zynismen an einer Spiegelung von Serienkiller und Cop arbeitet – mit welcher sich Frontalangriffe à la Pauline Kael in ihre Schranken weisen lassen.[1] Zugleich nimmt es Siegel dabei auch in Kauf, seinen dreckigen – rassistischen, sexistischen und zutiefst gewaltaffinen – Cop als potenten Alphamann zu zeichnen, der – ohne Kugel im Lauf – dem am Boden kauernden schwarzen Räuber wie auch dem bei aller Grausamkeit erstaunlich feigen, weibischen Serienkiller in Sachen Charisma, Selbstbeherrschung, Souveränität, Körperhaltung und Effizienz überlegen ist; und somit rassistische, homophob-sexistische Bilder zu bedienen (wenn sie auch in einem kritischeren Kontext Verwendung finden).[2]
In einem Interview für die New York Times erklärte Don Siegel vor rund 50 Jahren dann auch: "'I enjoy the controversy,' he said, 'because if you make a film that's safe, you're in trouble. I'm a liberal; I lean to the left. Clint is a conservative; he leans to the right. At no point in making the film did we ever talk politics. i don't make political movies. I was telling the story of a hard‐nosed cop and a dangerous killer. What my liberal friends did not grasp was that the cop is just as evil, in his way, as the sniper.'"[3]

Diese Lust an der Kontroverse, dieses Setzen auf die Uneindeutigkeit der politischen und ideologischen Implikationen findet man bereits bei "Invasion of the Body Snatchers", den Siegel einmal als seine wohl beste Arbeit bezeichnete.
Es ist kein Geheimnis: Man kann die Unterwanderung der US-Bevölkerung durch extraterrestrische Körperfresser als Sinnbild für eine kommunistische Unterwanderung sehen – oder auch als Sinnbild für eine Unterwanderung der US-Gesellschaft durch McCarthys Fanatiker, die abweichende Meinungen unter Mitbürger(inne)n vor das Komitee für unamerikanische Umtriebe zerrten. Die Argumente für beide Auslegungen sind alle bereits da. Hier sollen sie (in den Abschnitten zum Wahrscheinlichen und zum Möglichen) zusammen mit dem berühmt-berüchtigten (vermeintlichen) Logikfehler in Beziehung gesetzt werden.

"Invasion of the Body Snatchers" kommt im Februar 1956 in die Kinos. Zu diesem Zeitpunkt hat es bereits einen ersten Körperfresserfilm gegeben – wenn er auch nicht diesen Begriff verwendete: William Cameron Menzies' "Invaders from Mars" (1953) war bereits im April 1953 zu sehen. (Im selben Jahr kam auch Jack Arnolds "It Came from Outer Space" (1953) heraus, in dem ebenfalls menschliche Körper von Außerirdischen besetzt werden – allerdings nur vorübergehend und nicht zu Invasionszwecken.) Weshalb hat sich überhaupt Siegels "Invasion of the Body Snatchers" als Markstein durchgesetzt? Und nicht etwas Menzies' (oder Arnolds) deutlich früherer Film? Oder Val Guests britischer "Quatermass 2" (1957), der bloß 15 Monate nach Siegels Film herauskam und nicht unter dem Manko (vermeintlicher) Unlogik zu leiden hat? Oder gar "Quatermass II" (1955), das Guests Film zugrundeliegende britische Serial, das vier Monate vor Siegels Film zu sehen war?
Ein Umstand liegt darin, dass Don Siegel über eine Literaturvorlage verfügte, die zu den klassischen Science-Fiction-Romanen zu dieser Thematik zählt: Jack Finneys "The Body Snatchers" kam im Herbst 1954 als Fortsetzungsroman heraus und ist der zweite große Roman mit dieser Thematik. Der erste, in dem molluskenhafte Außerirdische Menschen als Wirtskörper nutzen, war Robert A. Heinleins "The Puppet Masters" (1951), der erst mit dem (qualitativ nicht sonderlich hochwertigen) "The Brain Eaters" (1958) frei verfilmt worden ist. (Zu dieser Zeit war ein dritter zum Klassiker avancierter Roman herausgekommen: "The Midwich Cuckoos" (1957) des Briten John Wyndham über außerirdische Kuckuckskinder – kein direkter Körperfresser-Roman, aber doch immerhin artverwandt und mit "Village of the Damned" (1960) bald darauf prominent verfilmt.) Als Heinlein sein "The Puppet Masters" veröffentlichte, war übrigens schon in Edgar G. Ulmers "The Man from Planet X" (1951) zu sehen, wie der titelgebende Außerirdische Menschen mit außerirdischer Technik zu kontrollieren versteht: auch dieses Phänomen ist zumindest artverwandt.[4]
Abgesehen davon, dass Siegels Film die erste Verfilmung eines alsbald (auch dank des Films) zum kleinen Klassiker avancierten Körperfresser-Romans darstellt – dessen Titel sich dann auch gegenüber den Puppet Masters Heinleins durchsetzte –, ist aber noch der Umstand zu berücksichtigen, dass der deutlich früher entstandene "Invaders from Mars" mit seinem kindlichen Protagonisten, der auf ausgewechselte Eltern und Lehrkörper stößt, eine deutlich jüngere Zielgruppe ansprach. (Und je nach Fassung dann auch das Erlebte als bloßen bösen Alptraum auswies.) Und die britischen Konkurrenzprodukte – die ohnehin im Nachteil waren, insofern es sich jeweils um Sequels handelte – stießen in den USA erst (einmal deutlich, einmal leicht) verspätet auf Resonanz, waren aber aus vielfältigen Gründen nur unzureichend auf das Klima der McCarthy-Ära zu übertragen, in welchem das Körperfresser-Motiv so sehr in der US-amerikanischen Populärkultur wuchs und gedieh. Und man kann nur mutmaßen, ob es bloßer Zufall ist, dass sowohl der erste Körperfresser-Roman als auch der erste Körperfresser-Film in der Zeit des Koreakrieges entstehen...
Natürlich: In der Zeit des kalten Krieges gab die Sowjetunion auch im westlichen Europa ein populäres Feindbild ab, was den Anteil der britischen Werke dieser paranoiden Sparte mit erklären mag – auch wenn ausgerechnet die populäre "James Bond"-Reihe den Ostblock als Gegenspieler erstaunlich mied, derweil etwa die Spionageromane eines John le Carré explizit die Gegebenheiten des kalten Krieges thematisierten. Aber keinerlei Hexenjagden erreichten das Ausmaß des McCarthyismus, sodass etwa ein Graf Dracula in Großbritannien in Form von Christopher Lee durch gothic horror-Ambiente à la Hammer geisterte, während ein Graf Dracula in den USA in "The Return of Dracula" (1958) als Ostblock-Emigrant – der ja gerade als Aristokrat vor dem Kommunismus flieht – ins Visier der Einwanderungsbehörde gerät. Und das unterscheidet im Body Snatcher-Sektor John Wyndhams "The Midwich Cuckoos" und die Quatermass-Vehikel als britische Spielarten mit eindeutigen Feindbildern und eindeutigen Geschichten vom US-amerikanischen "Invasion of the Body Snatchers", in dem sehr viel weniger deutlich wird, was eigentlich vor sich geht, in dem Widersprüchlichkeiten und Uneindeutigkeiten bleiben, obgleich sich Don Siegel nicht einmal gegen den Studiowunsch durchsetzen konnte mit seinen Plänen: in dem also letztlich Angst, Ahnung, Zweifel, Panik, Hysterie und Fanatismus ihren Niederschlag finden, die mit dem McCarthyismus Hand in Hand gingen.


Das Wahrscheinliche.

Es gibt die wohl naheliegendere Art, "Invasion of the Body Snatchers" zu schauen. Es beginnt mit einer Rahmenhandlung, die Siegel aufgenötigt worden war: Psychiater Dr. Hill wird mitten in der Nacht zu Rat gezogen, da ein gewisser Miles Bennell, ein auf der Autobahn aufgelesener Arzt, völlig von der Rolle die Behörden über eine immense Gefahr zu informieren wünscht. Bennell erzählt dann seine Geschichte, die anfangs noch mit einigen wenigen Fällen in Santa Mira beginnt, in denen Patient(inn)en dem Arzt mitteilen, dass ihre Mitmenschen nicht mehr ihre Mitmenschen seien. Das könnten Fälle des im Film nicht weiter erwähnten Capgras-Syndroms sein, eine "epidemic mass hysteria", wie sie wiederum ganz explizit erwähnt wird, aber bald taucht bei einem von Bennells Bekannten ein lebloser Doppelgänger von ebendiesem auf. Andere Doppelgänger kommen bald hinzu; stammend aus riesigen Schoten, die im nahen Gewächshaus entdeckt werden. Und einmal fällt angesichts des ersten aufgetauchten Doppelgängers, der sich noch zu vervollständigen scheint, die verräterische Zeile: "All the features but no details, no character, no lines." Und eine Probe ergibt sogleich: nicht einmal Fingerabdrücke, die bei jedem Menschen einzigartig ausfallen. Später ist dann klar: Diese Wesen verfolgen auch keinerlei individuelle Emotionen und Bedürfnisse mehr, sondern folgen bloß noch der Systematik ihrer Ausbreitung auf Erden.
Es ist so offenkundig, dass es fast unfreiwillig komisch wirken mag: wie eine Parodie auf einen antikommunistischen Hollywood-Film der 50er Jahre. Der Mangel des Einzigartigen und Individuellen wird in Wort und Bild betont, das scheint auf den Kommunismus zu zielen, der ja zu jener Zeit nicht bloß nach US-amerikanischer Lesart die Interessen des Einzelnen hinter die Interessen der Partei stellte – Rudolf Slánský hätte ein Lied davon singen können, wäre er nicht 1952 gehängt worden; Arthur London immerhin hatte ein Buch darüber schreiben können. Wie erwähnt: anstelle der Kommunist(inn)en ließen sich auch die Fanatiker(innen) des McCarthyismus einsetzen. Allerdings steht dem erst einmal entgegen, dass es ja neben den pod people auch noch die Gruppe der Opfer einer vermeintlichen Hysterie gibt, die tatsächlich berechtigte Skepsis ist: Setzt man den Kommunismus anstelle der pod people, so gehört der McCarthyismus an die Stelle der epidemic mass hysteria; der überdreht dann gerade nicht, sondern hat eine real existierende Gefahr im Auge. Was also, so wäre die naheliegende Frage, müsste man an die Stelle der epidemic mass hysteria setzen, würde man den McCarthyismus mit den pod people gleichsetzen? Den Kommunismus wohl kaum, denn die Protagonist(inn)en sind nicht bloß Vorzeige-US-Amerikaner(innen), sondern der aus dem Off (der Rahmenhandlung) sprechende Bennell besetzt hier im Grunde den Platz eines (tragischen) film noir-Helden: nicht nur weil er eben als Voice Over das als vergangen Ausgewiesene im Rückblick kommentiert, während selbiges in kontrastreichen, schattenreichen S/W-Bildern seinen noir-haften Ausdruck findet; sondern auch, weil der film noir Bennell geradezu den Rücken stärkt, als er den Doppelgänger untersucht und die fehlenden Alleinstellungsmerkmale des seltsam vagen Körpers dokumentiert: denn hinter ihm und dem aufgebahrten Körper hängen vier noir-Plakate, von denen drei Slogans wie "chat blanc", "mirroir noir" und "femme fatale" tragen. Hier, mitten im Haus, im Wohnzimmer des film noir, liegt der fremde Eindringling, einer der eigenschaftslosen pod people.
Dann kommt das Obligatorische: Bennell deckt das ganze Ausmaß der Invasion auf, welche die Vereinigten Staaten insgesamt bedroht, er kann seine Freundin schützen, gerät dann doch mit ihr in gefährliche Lage, kann mit ihr fliehen – und anstelle des Happy Ends kommt das Unhappy End: Nach einem kurzen Schlaf gehört auch die Freundin (die innere Logik des Films irritierend außer Acht lassend) zu den pod people (die dann immerhin noch Emotionen vortäuschen kann, ehe sie Bennell ihr wahres, neues Ich zeigt, was natürlich Fragen nach der Motivation aufwirft), Bennell flieht, wird festgenommen, berichtet Dr. Hill von seinen Erlebnissen... irre, so scheint es. Ginge nicht sogleich die Meldung eines Verkehrsunfalls ein, bei welchem sonderbare große Schoten gefunden worden seien.


Das Mögliche.

Auf die Problematik, die pod people als Bild des McCarthyismus zu begreifen, wurde gerade schon eingegangen. Dabei ist diese Interpretation – ganz unabhängig ihrer ideologischen Stoßrichtung, eher aufgrund ihrer inhärenten Ausgewogenheit, nach welcher jene, die eine Unterwanderung behaupten, selber unterwandern – ja recht charmant: US-Bürger(innen), die eine kommunistische Unterwanderung fürchten und mit einigermaßen fanatischem Eifer zu Denunziation, Linientreue, Denk- und Sprechverbot aufrufen, werden als pod people zu selber kaum individuellen, kaum einzigartigen Figuren, die daran arbeiten, alle um sich herum vollständig an sich anzugleichen und jeden Widerstand zu brechen.
Indes: es bleibt eben die Frage, für was dann noch die Gruppe der zurecht alarmierten, vermeintlich hysterischen Minderheit stünde. Weder Kommunist(inn)en, noch Verteidiger(innen) der Meinungsfreiheit lassen sich in dieser (sehr US-amerikanischen, auch sehr unpolitischen) Gruppierung konkret oder metaphorisch ausmachen. Und auch die Warnung, die von dieser Gruppe – bzw. von Bennell – ausgeht, lässt sich schwerlich auf den McCarthyismus beziehen: "They're here already! You're next! You're next! You're next! You're next! You're next...!" Diese Warnung unterstellt ja keine bewusste Entscheidungen der Mitmenschen, sich in pod people zu verwandeln, sondern geht von einer feindlichen Übernahme aus. Die Taktik der Gehirnwäsche, die mit George Orwells dystopischen Roman "1984" (1949) – und seinen britischen Verfilmungen "1984" (1954) von Rudolph Cartier und "1984" (1956) von Michael Anderson – breitenwirksam bekannt gemacht worden war und die wohl erstmals in dem Miami Daily News-Artikel "Brain-Washing Tactics Force Chinese into Ranks of Communist Party" (1950) beim Namen genannt worden war, wurde historisch gesehen dem Kommunismus als perfides Mittel zugeschrieben. In John Frankenheimers "The Manchurian Candidate" (1962) findet diese Angst ihren ultimativen filmischen Ausdruck. Und erst infolge der Jahre um 1968 begann der Paranoia-Thriller mit einem Klassiker wie Alan J. Pakulas "The Parallax View" (1974) damit, die Gehirnwäsche als Mittel treibender Kräfte im eigenen Land zu setzen, die sich ausdrücklich auf US-amerikanische Werte und Normen berufen.
Ist nun die Lesart, Siegels Sci-Fi-Klassiker auf den McCarthyismus zu beziehen, damit vom Tisch? Die Antwort ist einfach und lautet: Nein. Die Begründung ist etwas vertrackter und ein kleiner Seiltanz, bei dem man ursprüngliche Drehbuchentwürfe, ursprüngliche und spätere Intentionen beiseite lassen muss, um sich rein an dem zu orientieren, was der Film einem bietet; und das wäre dann naturgemäß mehr als das, was er einem aus der Perspektive der Filmschaffenden bieten sollte. (Denn der Verzicht auf eine Rahmenhandlung hätte – ob mit oder ohne Voice Over – einen deutlich anderen Film ergeben.)

Man muss die Binnenhandlung von "Invasion of the Body Snatchers" eigentlich bloß als den Bericht einer wahnhaften, womöglich psychotischen Figur lesen... der von der Rahmenhandlung auch nicht bestätigt wird, wie man während der Sichtung vielleicht noch glauben könnte.
Bis zum Ende der Binnenhandlung, der konventionellen Rückblende – die aber eben nicht bloß in der Zeit zurückführt, sondern auch die Perspektive wechselt und den Blick einer Figur übernimmt, deren geistiger Zustand zu Beginn noch in Zweifel gezogen wird – spricht gar nichts dafür, dass das, was erzählt wird, auch das ist, was geschehen ist. Ein Mann, der vorgibt, als Arzt auf vermeintliche Opfer einer epidemic mass hysteria gestoßen zu sein, will nun also erkannt haben, dass diese Opfer ganz richtig liegen. (Übrigens erfährt das Publikum nicht einmal, ob dieser Mann, dessen Darsteller ausgerechnet den Namen Kevin McCarthy trägt, tatsächlich ein Arzt ist und/oder über einen Doktortitel verfügt. Dr. Hill, sein Gegenüber vom State Mental Hospital, wird ihn, der sich als Kollege präsentiert – "I'm a doctor too, I'm not insane!" –, als Dr. Bennell ansprechen; aber das mag auch reine Beschwichtigung sein angesichts des Rasenden, der schreit, er wäre nicht verrückt.) Er sieht Doppelgänger, große Schoten, aus denen die Kopien – ausgerechnet schaumgeboren wie Aphrodite – heranwachsen, um später – alle Klischees über kommunistische Agitatoren bedienend – die Bevölkerung zu unterwandern, denen diese fremdartige Existenz aufgezwungen wird, wobei es bald auch zu Mängeln in der inneren Logik kommt: Teils werden schaumgeborene Kopien aus Schoten benötigt, des Ich-Erzählers love interest wandelt sich dann allerdings scheinbar einfach so, wobei ihre neu- und fremdartige Bedrohlichkeit seltsam erotisiert wird. (Der selbsterklärte film noir-Held erkennt seine femme fatale.) Zudem reagieren die pod people ohne Emotionen doch mitunter etwas emotional, derweil Emotionen bei den Hauptfiguren deren Tarnung nicht konsequent auffliegen lassen, sondern auf Verständnis der pod people stoßen. Und fools: das sind freilich die anderen, die nicht auf ihn hören wollen. Alles, was wenig Sinn in der Binnenhandlung ergibt, besitzt seinen Sinn, insofern es die Erzählung des Fremden mit zweifelhafter geistiger Verfassung schon fernab all der phantastischen Auswüchse als unglaubwürdig erscheinen lässt.
Spannend ist hier die Frage, ob es denn zumindest tatsächlich Anzeichen einer epidemic mass hysteria gegeben hat – oder ob schon diese reine Hirngespinste eines Wahnhaften sind. Das lässt sich freilich nicht in Erfahrung bringen, aber am Ende des Film, als die Rahmenhandlung wieder aufgegriffen wird, darf das Publikum miterleben, wie der Wahn einer Figur auf andere Figuren überspringt. Denn der Punkt, der vermeintliche Beweis, der den Wahrheitsgehalt von Bennells Erzählung garantieren soll, ist der Fund einer großen Samenschote bei einem Unfall, in den ein LKW aus Santa Mira involviert war. Das ist zwar ein unheimlicher Zufall, aber man erfährt rein gar nichts über die Größe dieser Schote; auch nichts über ihren Inhalt. Von Bennells Erzählung mag ja beispielsweise der Teil stimmen, dass er einmal inmitten seines Wahns auf eine LKW-Ladung großer Schoten gestolpert ist, die er sodann in seine phantastische Unterwanderungs-Paranoia eingebaut hat. Ergebnissoffene Zuhörer(innen) müssten nach Bennells Bericht und dem Fund großer Schoten zu dem Schluss kommen, dass es einen Zusammenhang geben dürfte oder könnte, dessen Beschaffenheit man aufklären sollte (um Bennells Verfasstheit besser verstehen zu können oder aber um eine im Raum stehene eventuelle Invasion von Außerirdischen bestätigen oder ignorieren zu können). Weniger ergebnisoffene Zuhörer(innen) würden beim Gedanken an eine außerirdische Invasion ohnehin sogleich abwinken und die tatsächliche Existenz großer Schoten einzig als wenig bedeutsamen Erklärungsbaustein für die fixe Idee Bennells begreifen. Erschreckend hysterisch, leichtgläubig und wahnhaft mutet aber der Kurzschluss an, dass dieser ungewöhnliche Fund die wesentlich ungewöhnlichere Geschichte Bennells erklären und vollständig beglaubigen würde.
Und somit ergibt "Invasion of the Body Snatchers" einen Film, in dem ein Zerrbild kommunistischer Unterwanderung gezeichnet und als irrationaler, nicht sehr reflektierter Wahn von Einzelpersonen und Institutionen ausgewiesen wird. "Invasion of the Body Snatchers" liefert tatsächlich nur einen Bericht voller unnatürlicher Seltsamkeiten und logischer Fehler (in Form einer Binnenhandlung) sowie einen logischen Fehlschluss, der (innerhalb der Rahmenhandlung) die Form eines Zusammenhangs als zwingend erblickt, der aber keinesfalls zwingend, sondern bloß möglich (und nach alltagserfahrungswerten unwahrscheinlich) ist. Hier ist der Film (der übrigens nur mit ebendieser Lesart keinerlei logikwidrigen Elemente mehr besitzt) dann im Grunde auch kein Sci-Fi-Film mehr, sondern eine bloße Satire über McCarthyismus und red scare – aber durchaus noch immer ein phantastischer Film par excellence, insofern die Möglichkeit des wundersamen Einbruchs in die Realität besteht und weder ausgeschlossen noch bestätigt werden kann.

Zwei kleine Begleiterscheinungen dieses – allen Widrigkeiten der Produktionsumstände zum Trotz – gewitzten Endes sollen nun noch kurz gesondert betont werden, da sie zur Qualität des Films maßgeblich beitragen: Zum einen wäre da das Ende der Binnenhandlung, in dem Bennell auf dem Highway die entgegenkommenden Autofahrer(innen), aber eben auch die Kamera und das Filmpublikum warnt: "They're here already! You're next! You're next! You're next! You're next! You're next...!" Das 1956 durchaus aufgepeitschte Publikum dieses Reißers – der heutzutage und hierzulande ohne Klima der McCarthy-Ära, ohne red scare, ohne die Schockwirkung der ersten Doppelgänger und ihrer Vernichtung per Mistgabel seine einstige Wucht kaum noch entfalten kann – ist hier ausdrücklich Adressat einer Hysterie, die sich spätestens in der Rahmenhandlung zur epidemic mass hysteria entwickeln wird; und das Publikum steht nun vor der Entscheidung, ob es dem Wahn, dem Kitzel, dem Thrill erliegen will und der wenig glaubwürdigen, unlogischen Geschichte – spätestens beim nächstbesten Anlass eines angeblichen Beweises – Glauben schenkt, oder ob es distanziert genug bleiben kann, um den Fall Bennell als pathologisch einzustufen. Ein anderer Sci-Fi-Horrorfilm der 50er Jahre wird ebenfalls prominent auf solch eine Ansprache des Publikums setzen: der Vincent Price-Film "The Tingler" (1959) des Gimmick-Spezialisten William Castle. Dort verkündet Castle selbst im Prolog: "A scream at the right time will safe your life!" Er ruft des Publikum dieses Films, der mit etlichen Schreien beginnt, dazu auf, in kollektives Geschrei zu verfallen, sobald "a tingling sensation" einsetze – womit auch die leichten Elektroschocks der Kinosessel in manchen US-Kinos gemeint waren. Der titelgebende Tingler ist ein Parasit, der sich von menschlicher Angst nährt und zur Bedrohung gerät, wenn sein Wachstum nicht mittels befreiender Angstschreie gehemmt wird. Und solch ein dem Wirt entschlüpfter Tingler sucht das Kinopublikum von "Tol'able David" (1921) heim – bis die Vorstellung abbricht, Schwarzbild einsetzt, der Tingler als Schattenspiel im Projektorenstrahl auf leerer Leinwand erscheint und schließlich Schreie über Schwarzbild ertönen, ordentlich eingeheizt von der Anweisung "Scream for your Life!" Dieses Spiel eines expanded cinema, sich kollektiv anzustacheln und (angst-)lustvoll zu schreien, kommt zwar gänzlich unpolitisch daher, bringt aber (übrigens als Parasitenfilm im Body Snatcher-Umfeld) die Hysterie, die leichte Beeinflussbarkeit der 50er Jahre mit ihrer red scare gut auf den Punkt. Joe Dante, der Castles Film später in "Gremlins 2: The New Batch" (1990) und vor allem in "Matinee" (1993) zitierte, lässt in letzterem Film den an Castle angelehnten Gimmick-Regisseur Lawrence Woolsey bei einem Sci-Fi-Horrorfilm im Geiste der 50er Jahre zum Höhepunkt der Kubakrise die Kinoleinwand scheinbar infolge einer Atombombenexplosion abfackeln. Hier gehen die Ängste des kalten Krieges, die aktuell wieder aufleben, Hand in Hand mit dem Sci-Fi-Horrorfilm der 50er Jahre und mit der Angstlust eines anfälligen Publikums, das nervös auf die kleinsten Reize anspringt. "Invasion of the Body Snatchers" war vielleicht der erste Film, der solch eine Verbindung – zwischen Politik, Befindlichkeit und irrationaler Reaktion – so deutlich hergestellt hat.
Und zum anderen wäre noch die Modernität des Films hervorzuheben, der auf ein ausgesprochen vorzeitiges Ende setzt, das nicht nur offen lässt, ob der unglaubwürdige, unlogische Bericht des festgesetzten Patienten nun die Wahrheit enthält oder nicht, sondern auch, ob denn – falls der Bericht der Wahrheit entsprechen sollte – eine tatsächliche Invasion durch außerirdische Invasoren, die Menschen in Samenschoten duplizieren und sodann ersetzen, durch die frühzeitige Erkennung der örtlichen Behörden gestoppt werden kann. Norbert Stresau stellte in seinem fundierten Standardwerk "Der Horrorfilm. Von Dracula zum Zombie-Schocker" (1987) klar, dass "[m]oderne Horrorfilme [...] zu früh ab[brechen] (The Texas Chainsaw Massacre/Blutgericht in Texas), [...] zu spät [beginnen] (Dawn of the Dead/Zombie) oder [...] mit einem kleinen shock ending den Beginn eines neuen an[deuten] (The Howling/Das Tier, Mother's Day/Muttertag); nicht zuletzt aus diesem Grund verstören diese Filme so."[5] "Night of the Living Dead", der mit einigen anderen Titeln des Jahres 1968 für den Beginn des modernen Horrorfilms einsteht, bricht ja – auch wenn er alle Hauptfiguren sterben lässt – ebenfalls zu früh ab und lässt offen, ob die Zombie-Pandemie erfolgreich eingedämmt werden kann; und er rekurriert wie erwähnt mit der Venussonden-Erklärung auf den Sci-Fi-Horrorfilm der 50er Jahre, zu dessen Aushängeschildern "Invasion of the Body Snatchers" gehört, wo sich bereits das vorzeitige Ende vorfinden lässt, welches das Publikum ohne das befriedigende Sicherheitsgefühl eines eindeutigen, gar glücklichen Endes zurücklässt.

Ein heutiges Publikum wird sich mehrheitlich vom recht schablonenhaften Ansatz des Films nicht so recht abgeholt fühlen; vermeintliche Logikfehler tun ihr übriges. Aber wenn man sich in die Konventionen der 50er Jahre ein wenig hineinfühlen kann, ist "Invasion of the Body Snatchers" ein herrlich schockierendes Erlebnis – mit der Einladung, sich der reizvollen Paranoia und der (Massen-)Hysterie (die ja durchaus gemeinschaftsstiftend ist) hinzugeben; und letztlich freilich eine äußerst gelungene Satire ohne jeden Logikfehler – unabhängig davon, was Siegel, Finney, die Autoren Daniel Mainwaring und Richard Collins oder die Produzenten Walter Mirisch und Walter Wanger vielleicht einmal angedacht hatten...

8,5/10


1.) Vgl.: Sascha Keilholz: Verlustkino. Trauer im amerikanischen Polizeifilm seit 1968. Schüren 2015; S. 133-154.
2.) Diese reizvolle Ambiguität geht bereits dem ersten Sequel, "Magnum Force" (1973), weitgehend ab, wird das Problematische an Harry Calahan hier doch deutlicher in Selbstjustiz verübende Cops projiziert, die er dann zur Rechenschaft zieht. Vor allem geht diese Ambiguität so manchem Eastwood ab, der in seiner (reichlich eitlen) Actionkomödie "The Rookie" (1990) die Hinrichtung des skrupel- und aktuell wehrlosen Gangsterbosses durch den wütenden Cop als kathartisches Ereignis zelebriert und in "Sully" (2016) die eindimensionalste Diffamierung von Bürohengsten und Eierköpfen zugunsten des aufrechten Mannes der Tat ablieferte.
3.) Paul Gardner: Siegel at 59: Director, Rebel, 'Star'. In:
New York Times, 31.05.1972; S. 32.
4.) Und ebenso wie schon 1951 zu beobachten ist, wie nah sich das Konzept des
Body Snatchers und der Gedanken-/Verhaltenskontrolle sind, lässt sich bei Heinlein auch schon sehen, wie eng das Konzept des Body Snatchers mit dem des Verhaltenswandel verursachenden Parasiten ist, der über "The Quatermass Experiment" (1953), "The Quatermass Xperiment" (1955) bis hin zu "Alien" (1979), "Shivers" (1975) oder "Night of the Creeps" (1986) führt – und letztlich auch in den Infektions- und Pandemie-Sci-Fi-Horrorthriller führen sollte, der aufgrund von Sars-CoV-2 mit "The Sadness" (2021) aktuell bizarre Blüten treibt. (Eine andere Wurzel dieses Infektionskinos ist freilich der Zombiefilm: und George A. Romeros "Night of the Living Dead" (1968) rekurrierte ja nicht grundlos mit seiner Venussonden-Erklärung auf das Sci-Fi-Kino der 50er Jahre.)
Noch eine letzte Abschweifung sei an dieser Stelle erlaubt, um ein wenigstens einigermaßen adäquates Gefühl für das
Body Snatchers-Umfeld zu wecken: Filme wie der gerne als "Alien"-Urahn gesehene "Terrore nello spazio" (1965) Mario Bavas lassen klare Grenze verschwimmen zwischen Parasiten- und Body Snatcher-Motiven. Und auch "Invasion of the Body Snatchers" selbst wird nicht bloß eine Nähe zum Doppelgänger-Topos aufweisen (und zu den Duplikaten, die in Dystopien wie "The Stepford Wives" (1975) oder gar "Westworld" (1973) auch menschengemacht sein konnten), sondern lässt mit dem oft bemängelten vermeintlichen Logikfehler des Films völlig Unklarheit darüber herrschen, ob nun Menschen durch Kopien, die pod people, ausgetauscht werden, ob nun Menschen im Schlaf von einem gänzlich neuen Bewusstsein ausgefüllt und übernommen werden oder ob nun Menschen im Schlaf von einer bewusstseinserweiternden Veränderung befallen werden, die ihre Haltung zu Emotionen und dergleichen ändert und eine symbiotische Verschmelzung des menschlichen und des außerirdischen Bewusstseins beinhaltet. Wie schon erwähnt, soll es hier vor allem um genau jenen Fehler gehen.
5.) Norbert Stresau: Der Horror-Film. Von Dracula zum Zombie-Schocker. Heyne 1987. S. 30.

Details
Ähnliche Filme