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Es mag reiner Zufall sein, dass ziemlich genau 40 Jahre nach dem oscarprämierten Scheidungsdrama „Kramer vs. Kramer“ ein thematisch recht ähnlich gelagertes Werk erscheint und wahrscheinlich ebenfalls mit zahlreichen Preisen überhäuft werden dürfte.
Sofern Autor und Regisseur Noah Baumbach damit seine eigene Scheidung zu reflektieren versucht, bleibt er dabei zumindest einigermaßen fair.

Theaterregisseur Charlie (Adam Driver) und Schauspielerin Nicole (Scarlett Johansson) haben mit Henry (Azhy Robertson) einen acht Jahre alten gemeinsamen Sohn und stehen kurz vor der Scheidung. Während sie ihr Glück in LA für eine Fernsehproduktion versuchen möchte, will er New York dem Theater treu bleiben. Als Nicole auf Anraten einer Freundin eine Staranwältin (Laura Dern) einschaltet, ahnt sie noch nicht, welche Konflikte damit losgetreten werden…

Die ersten Szenen sind Gefühl pur, indem jeder über den anderen einige markante Eigenheiten darlegt, die sich im Laufe der Beziehung entwickelt haben. Das kommt insofern liebevoll rüber, als dass es mit Wertschätzung und keinerlei Verachtung begleitet wird, obgleich sich die beiden im nächsten Moment beim Paartherapeuten befinden, wo die Hoffnung auf eine Rettung der Ehe bereits auf beiden Seiten erloschen scheint.

Die stets bodenständige Komponente ist innerhalb der Erzählung Stärke und Schwachpunkt zugleich: Mal abgesehen vom Beruf des freischaffenden Künstlers haben wir zwei Individuen, die mit den üblichen Konsequenzen einer Trennung zu kämpfen haben. Eine alltägliche Scheidung, bei der kaum eine außergewöhnliche Relevanz durchschimmert. Selbst der Sohn zeigt kaum Verhaltensauffälligkeiten, was das eigentlich Auffällige ist.

Entsprechend fragt man sich spätestens im Mittelteil, worauf die Chose hinauslaufen soll, zumal eine handfeste Auseinandersetzung wie im „Rosenkrieg“ nicht zu erwarten ist. Das gängige Sticheln entsprechender Anwälte treibt das Geschehen kaum voran und auch der Besuch einer Sozialarbeiterin generiert hinsichtlich der geballten Ladung an Klischees nicht mehr als ein leichtes Schmunzeln. Es mangelt schlichtweg an Überraschungsmomenten, auch und vor allem auf emotionaler Ebene.

Denn als sich Charlie und Nicole endlich einmal aufrichtig auseinandersetzen und sich dabei ein angestautes Gefühlspulverfass entlädt, folgt eine der Möglichkeiten, die wohl jeder schon einmal erlebt hat: Entweder jemand verlässt wutentbrannt den Raum, jemand bricht nach dem emotionalen Ausbruch zusammen oder es kommt zum Versöhnungssex, wobei ein Punkt den anderen nicht ausschließt. Auch hier bleibt der Überraschungseffekt aus.

Was das Scheidungsdrama wiederum auszeichnet, sind die treffende Besetzung und einige grandiose Performances, die durch teils auffallend lange Takes noch hervorgehoben werden.
Johansson und Driver schenken sich nichts, sie spielen durch und durch natürlich und bleiben somit greifbare Figuren mit nachvollziehbaren Motivationen. Als Anwälte machen Laura Dern, Ray Liotta und Alan Alda einen grundsoliden Job, während Julie Hagerty als Schwiema zuweilen deutlich drüber performt. Der Score von Randy Newman fällt routiniert gefühlvoll, jedoch nicht sonderlich markant aus.

Die 136 Minuten sind zuweilen von einer sanften Komik des Alltäglichen durchzogen, was dem Treiben zwar eine gewisse Leichtigkeit beschert, jedoch gleichermaßen dazu führt, wie beiläufig und wenig dringlich der Scheidungsprozess vonstatten geht. Definitiv stark und überaus nuanciert performt, jedoch inhaltlich ohne Höhen und Tiefen, - es plätschert nicht mehr als gefällig vor sich hin.
6,5 von 10

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