Review

Vergleichsweise ungewöhnlicher aktueller Hongkong-Film in Sachen Genre her und entsprechend auch ungewöhnlicher chinesischer Neujahrsfilm, wurde die Ausstrahlung des Prison Flick aufgrund der damals noch anhaltenden Be- und Einschränkungen und geschlossener Lichtspielhäuser doch um mehrere Wochen auf letztlich Januar/Februar 2021 verschoben; wo man sich ein ungleiches Duell mit der Schwemme und Masse an Komödien oder Dramödien oder anderen Liebesgeschichten lieferte und der eher leichten Kost Paroli bot. (Oder auch nicht.)

Der Film selber wäre zu einer anderen Zeit wahrscheinlich besser aufgehoben, aber auch im Herbst oder Winter eher Unikat gewesen; da HK-Kino lebt zwar tatsächlich noch und immer wieder, allen Unkenrufen zum Trotz, hat aber natürlich durch die anhaltende Missstimmung mit der VRC und zusätzlich der Pandemie auch ab Frühjahr 2020 keine Vorteile gefunden und sich in einer Nische aus kleinen urbanen Geschichten für die eigenen Landsleute meist zurückgezogen. Achtungserfolge wie Beyond the Dream oder auch Paar-Erzählungen wie The Calling of a Bus Driver sowie seriöse Herangehensweisen an soziale Missstände um I'm livin' it. Breakout Brothers ist Unterabteilung des Actionthriller, vom Szenario her schon einzählig – wenn man das marginal veröffentlichte With Prisoners (2017) und  die weibliche Variante Prison Flowers ignoriert, die noch nicht erschienen ist –, war der letzte Vertreter Imprisoned: Survival Guide for Rich and Prodigal (2015) schon allein auf weiter Flur und ist auch die Besetzung hier bestehend aus Nebenakteuren anderer Werke, allen voran das hier titelgebende Revenging Trio (AT), dass wie direkt vom Set von P(rison) Storm herüber kopiert wirkt und wahrscheinlich auch ist. (Beide Filme und auch Prison Flowers a.k.a. Women in Grid sind von Raymond Wongs Mandarin Motion Pictures Limited, dessen Sohn einer der Autoren hier und auch einer der Produzenten jeweils ist.)

Der im Gefängnis gern einsitzende und dies als eine Art bezahlten Ulaub mit mehreren Mahlzeiten am Tag und einem warmen Dach über den Kopf betrachtende Kleinkriminelle Chan Ho-Ching [ Louis Cheung ] gerät eines Tages in die Zwickmühle. Seine Mutter [ Violet Yi Ying ] erkrankt schwer und benötigt dringend eine Nierenspende, wobei er als Blutsverwandter natürlich als erster infrage kommt und ihn nicht nur seine Freundin Suet Yi [ Jeana Ho ], sondern auch sein Gewissen dazu drängt, endlich auch mal etwas in seinem Leben zu tun. Leider erlaubt der sich demnächst eine Beförderung erhoffende Gefängnisdirektor Tang [ Kenny Wong ] keinen Freigang, was Chan zu einem anderen Weg veranlasst. Zusammen mit dem frisch einsitzenden Architekten Mak Kin-Tin [ Adam Pak ] als Berater und Unterstützer plant er eine Flucht; dumm nur, dass Mak sowohl bei dem insgeheimen Gefängnis- und ehemaligen Triadenführer Lam Kwok-Lung [ Patrick Tam ] in Ungnade gefallen ist als auch bei dessen Konkurrenz 'Scar' [ Justin Cheung ]. Zudem braucht man den Schlüssel vom Gefängniswärter 'Timid' Keung [ Tyson Chak ]. Und die Zeit drängt.

Zu Beginn präsentiert man sich als eine Art umgekehrter Heist, was man ja im Grunde auch ist, nicht der Einbruch in etwas, sondern der Ausbruch daraus heraus, mit nachgemachten Schlüsseln, Stromunterbrechungen, Geheimgängen, Komplizenschaften, Timing etc., was mindestens genauso trickreich mit entsprechender Planung und Vorbereitung angegangen werden muss und dabei fast noch gefährlicher unter Umständen ist. Ein greller, spielerischer, comigaler Vorspann, welcher auch eine Form von Unterhaltung und nicht der rundweg schweren Kost verspricht und wo auch gleich mit einer Spannungsebene, einer vom Ende nämlich 'angefangen' und dann rückwärts gegangen wird. Die Erzählung wird zusätzlich scheinbar abgesichert mit einer Führungs- und Identifikationsfigur, welche nicht bloß im Dialog die Situation und die Gegebenheiten dem Neuling, dem Frischfleisch in der Runde und damit auch dem Zuschauer erläutert, sondern auch monologisierend im Voice Over darüber aufklärt. So wirklich dringend braucht man diese Hilfestellung nicht, es sei denn, man hat noch nie einen Gefängnisfilm gesehen oder etwas Vergleichbares, indem aus auch um Hierarchien, um Machtstrukturen, um das Leben und Überleben in einer geschlossenen Gemeinschaft mit vielen geschriebenen und vielen ungeschriebenen Regeln gilt.

So gibt es den Anstaltsleiter, der nur dann vorwärtskommt, wenn es im Gefängnis möglichst ruhig und gesittet und egal auf welchen Wegen erreichbar zugeht. Den Neuling, der meist unschuldig gar oder fahrlässig nur hinter schwedischen Gardinen sitzt und die Richtlinien und Gepflogenheiten auf seine Art und Weise lernt. Es gibt den netten Knastbruder, der aber meist so mittendrin zwischen allen Stühlen sitzt und meist nur Mitläufer und oft selbst das Ziel von Angriffen ist. Es gibt den Schlägertypen, der sich mit Gewalt und auch mit Androhung dieser durchsetzt und es gibt den Veteranen, der noch ganz oben in der Rangordnung, aber eben bedroht vom Schlägertypen ist. Das kennt man, das weiß man, so erzählt sich auch der Film, der diese Gepflogenheiten mal formuliert und mal negiert, und mit den Klischees ebenso hantiert wie auch mal diese am Biegen, wenn auch nicht am Brechen ist.

So wechselt später der Erzähler, bekommen hier mehrere Personen die Stimme verliehen und ihren Charakter nicht nur visuell, sondern auch akustisch prononciert und dadurch auch der Blickwinkel auf die Situationen mal kaschiert und mal à la "Change the script" adjustiert und modifiziert. Kleinere Zeitsprünge nach vorne und nach hinten sind in diesem System - was räumlich stark begrenzt ist und übersichtlich, und wo der Alltag sowieso stets der gleiche und die Routinen die Gemeinsamkeit jedes einzelnen Tages sind - sowieso egal; eine strenge Chronologie ist hinfällig, das Kontinuum dadurch allein nicht aufgelöst. Der Plan selber ist nach ca. einem Drittel der Laufzeit geschmiedet, das Bündnis ebenso, die Regie vom 'jungen' Mak Ho-Pong in seiner ersten Single-Inszenierung eines Spielfilmes konzentriert sich mit einfachen Mitteln auf das rein formale Erzählen, ab und an wird mal mit dem Tempo gespielt oder die Zeit ganz im Standbild festgehalten oder auch das Gefängnis aus der Außensicht eingefangen und als grafischen Darstellung einer Blaupause erkundet. Die Darsteller sind solide, aber auch irgendwo so wie immer, Type-casting pur quasi; was sicherlich nicht schadet, aber auch nicht sonderlich hilft. Die Bilder selber sind gediegen, wird auch nicht versucht auf Masse und Spektakel zu gehen, sondern eher das Intime und Beengte und Beschränkte eingefangen und so der Status als angenehmes B-Picture auch ausgelebt.

Details
Ähnliche Filme