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Die Figur des Tarzan wurde 1912 von dem Trivialschriftsteller Edgar Rice Burroughs ersonnen und tauchte in unzähligen Verfilmungen und weiteren Geschichten anderer Autoren auf. Für Burroughs bedeutete der Erfolg dieses Charakters den Durchbruch als kommerziell erfolgreicher Autor, auch wenn seine meist Fantasy- und Science-Fiction-Stories nie großen Anklang bei den Kritikern erhielten. Weltweit populär wurde Tarzan durch die Verfilmung mit Johnny Weissmuller aus dem Jahr 1932. Der gewaltige Erfolg veranlasste die Produzenten dazu ganze elf Fortsetzungen mit Weissmuller zu inszenieren und so wurde seine Paraderolle zum Fluch für den ehemaligen Profi-Schwimmer.

Vor der berühmten Hollywood-Reihe gab es schon etliche Verfilmungen, schon im Jahre 1912 gab es die Verfilmung der ersten Stunde. Wichtigster Tarzan-Darsteller bleibt Weissmuller, auch wenn ihm noch viele Prominente folgen sollten, wie zum Beispiel Lex Barker oder auch Christopher Lambert in „Greystoke“. Hugh Hudson, der drei Jahre zuvor mit seinem Spielfilm-Debüt „Die Stunde des Siegers“ bei der Oscar-Verleihung abräumen konnte, inszenierte 1984 die wohl authentischste Verfilmung der bekannten Geschichte und verlieh Tarzan ein ganz neues Gesicht. Zivilisationskritisch und ohne die übliche, Hollywood-typische Konventionalität – wer hätte gedacht, dass in der einfachen Geschichte mit den noch einfacheren Charakteren ein derart vielschichtiges und unterhaltsames Epos steckt? „Greystoke“ funktioniert sogar als ein Sitten-Gemälde der dargestellten Epoche und als Portrait des englischen Kolonialismus mit vielen kritischen Seitenhieben.

Fernab der inhaltsleeren und rein kommerziellen Serials der Vergangenheit kommt Hudsons Interpretation sehr episch und düster daher. Über die stolze Laufzeit von über 140 Minuten bekommt der Zuschauer ein emotionsgeladenes Drama zu sehen, noch dazu verpackt in eindringliche Bilder und besetzt mit vorzüglich aufspielenden Darstellern. Hier ist besonders Christopher Lambert zu erwähnen, der in der Titelrolle wirklich überzeugen kann und hier die beste schauspielerische Leistung seiner Karriere hinlegte. Leider sind die Zeiten für den Mimen vorbei, als er mit Rollen wie in „Highlander“ oder auch „Der Sizilianer“ noch als absolut seriöser Schauspieler durchging. Seine Darstellung des Tarzan ist einfach hervorragend, die innerliche Zerrissenheit des Charakters wird genau getroffen und somit bleibt Lambert der beste Tarzan der Filmgeschichte und lässt die Schönlinge von gestern weit hinter sich. Sowohl für Lambert, als auch für Andie McDowell stellt der Film den Durchbruch dar, für beide war es die erste große Rolle in einem großen Kinofilm.

Auch die Nebendarsteller um Ian Holm und McDowell spielen adäquat und tragen zum positiven Bild bei. Die Darsteller passen sich dem hohen optischen Niveau an, welches klar bestimmt wird durch schwelgerische Bilder und üppige Ausstattung. Selbst die Musik des allenfalls durchschnittlichen Komponisten John Scott („Das Dschungelbuch 2“, „King Kong lebt“) fügt sich nahtlos in das Gesamtbild und dient als opulente und stimmige Untermalung der starken Bilder. Das komplexe Drehbuch (angefüllt mit vielen spitzen Dialogen) stammt von Routinier Robert Towne, der schon für unzählige bekannte Regisseure geschrieben hat und nicht ohne Grund einen guten Ruf besitzt.

Insgesamt fehlt „Greystoke“ jeglicher Charakter eines Remakes und daher um eine mutige Innovation um den Charakter Tarzan. Trotz einiger Längen bleibt Hudsons Werk immer unterhaltsam und spannend, die Liebesgeschichte kommt fast ohne überflüssigen Kitsch aus.
Im Gegensatz zu den etlichen alten Verfilmungen richtet sich dieser Film komplett an ein reifes und erwachsenes Publikum und nicht um einen flachen Unterhaltungsfilm für die gesamte Familie.


Fazit: Cineastisch die beste Interpretation der Kult-Bücher von Burroughs, welche die hier gezeigte inhaltliche Tiefe selbst nie erreichten und somit von dieser Verfilmung ganz klar geschlagen werden. Trashiger Pulp wächst in „Greystoke“ über sich selbst hinaus und wird von einem fähigen Team zu einem großen Leinwand-Erlebnis stilisiert.

8,5 / 10

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