Ich bin normalerweise nicht so der Slasher-Fan, aber was Anthony Waller („American Werewolf in Paris“) hier abliefert, kommt wahrlich von ganzem Herzen. Trotz eines knappen Budgets bleibt man bei der Stange, weil Ideenreichtum und ein straighter Ablauf über Geldmängel siegt. Ein großes Budget hatte „Mute Witness“ jedenfalls bestimmt nicht.
Aus dem Ostblock hört man ja die einladensten Geschichten und spätestens seit diversen Klischeeaufhäufungen von Seiten Hollywoods wissen wir, dass da auch etwas dran sein muss. Ich persönlich mag den kalten Osten, bevölkert von schlecht rasierten, kantigen, stinkenden, unhöflichen Wodka-Vernichtern auch nicht sonderlich. Aber billig Filme scheint man da drehen zu können. Achtung, nicht erschlagen, das war Ironie!
Deshalb drehen ein paar Amis irgendwo in Moskau einen Horrorfilm. Die stumme Maskenbildnerin Billy (Marina Zudina) wird nachts am Drehort eingeschlossen, beobachtet zwei unsympathische Zeitgenossen bei einem Snuffporno und muss sich bald vor deren Zugriff erwehren. Das ist weder einfallsreich, noch abwechslungsreich, aber Waller bleibt bei der Sache und sorgt damit für hochwertigen Nervenkitzel.
Während Freund und Helfer tatenlos zusieht und der scheinbar paranoiden Amerikanerin nichts glaubt (die beiden Russen haben aber auch auf jede Frage eine passende Antwort), bleibt Billy von der Tat überzeugt. Ihre durch Klaustrophobie, Dunkelheit und Schmutz, Panik und blankem Ekel erschwerte Flucht vom Drehort gelingt zwar noch, doch plötzlich steht der unsympathische Herr mit mörderischen Gelüsten und Bolzenschneider vor ihrer Wohnungstür. Weiter geht die Flucht nach vorn, immer die bösen Russen am Hals. Um Hilfe schreien geht derweil auch nicht, denn mit dem Reden ist bekanntermaßen essig.
Wirklich Revolutionäres fällt Anthony Waller dabei selbstverständlich nicht ein – ist von so einer kleinen Produktion jedoch auch nicht zu erwarten. Bekannte Elemente diverser Vorbilder werden aufgegriffen, aber nicht kopiert, sondern selbstständig umgesetzt. Um „Mute Witness“ dann nicht als 08/15-Slasher beim Publikum durchrutschen zu lassen, wird es zum Ende hin noch etwas kompliziert, denn in dem bis dato so einfachen Plot, verzetteln sich nun so einige Personen mit Doppel- und Scheinidentitäten. Die Produktion von Snufffilmen gerät da längst ins Hintertreffen. An der Sache ist mehr dran.
Leider versucht sich das Ende dann an zu vielen Überraschungen und zu erzwungenen Humorversuchen, um befriedigend abzuschließen. Hach, wie schön wäre ein fieses Ende gewesen. Nun gut, man kann nicht alles haben. Sir Alec Guinness gibt hierbei übrigens den geheimnisvollen Unbekannten aus der Konserve. Waller drehte die Szenen schon Jahre vorher schon mal auf Vorrat, weil Guinness damals gerade ein paar Minuten Zeit erübrigen konnte.
Fazit:
„„Mute Witness” revolutioniert sein Genre zwar nicht, ist aber mehr als nur ein solider Beitrag. In der nicht gerade einladenden Kulisse Moskaus macht Regisseur Anthony Waller den Budgetmangel mit seiner einfallsreichen und versierten Inszenierung wieder wett. Da die ganze Chose linear abgezogen wird, recht undurchschaubar scheint und man sich im Osten nie wirklich wohl fühlt, bleibt man dem Film treu. Ob das Plotgeflecht final so dick auftragen hätte müssen und dem Film mit zu viel albernen Humoreinlagen seine Ernsthaftigkeit entzogen werden musste, bleibt fraglich. Da gibt’s auf dem Sektor allerdings auch viel Peinlicheres!