Nicht unbedingt originell, aber einfallsreich erzählter Krimi von Regisseur und Drehbuchautor Anthony Waller.
Die ersten paar Minuten sehen noch nach einem unheimlich miesen Slashermurks aus – und sollen genau das darstellen, denn einen solchen Streifen versucht der Regisseur Andy Clarke (Evan Richards) mit einem russisch-amerikanischen Filmteam auf die Beine zu stellen. Mit einigem Humor macht sich Waller hier und auch später im Film immer wieder über Slasherkonventionen lustig und lockert das Geschehen durch die aufblitzende Ironie immer wieder auf, was „Stumme Zeugin“ noch ein wenig kurzweiliger macht.
Zum Team gehört auch Billy Hughes (Marina Zudina), die stumme Maskenbildnerin, die eines Tages nach Drehschluss auf dem Studiogelände eingeschlossen. Sie beobachtet wie zwei Russen einen Snufffilm drehen und dabei eine junge Frau ermorden. Sie ruft die Polizei, doch die beiden Täter schaffen es noch die Tat zu vertuschen…
Was nun folgt, hat weniger mit dem Thema Snuff zu tun als man anfangs denkt. Hinter der ganzen Sache stecken noch ganz andere Hintergründe, was den Unterhaltungswert zwar kaum schmälert, aber doch Potential verschenkt. Immerhin zieht sich das Motiv Film ziemlich konsequent durch „Stumme Zeugin“, stets wird gefragt, wie realistisch Effekte sein können usw. Um einige Klischees kommt „Stumme Zeugin“ zwar nicht herum, vom nur an seinen Film denkenden Regisseur bis hin zu den stets nach Vorschrift handelnden russischen Behörden, doch das verschmerzt angesichts der sonst recht spannenden Handlung gerne.
Der Plot ist zwar simpel, aber ohne unnötigen Ballast durchgezogen, das Tempo ist stets hoch und Hänger muss man bei „Stumme Zeugin“ keine ertragen. Die Auflösung der ganzen Chose ist ordentlich erdacht, auch wenn sie wie gesagt das Thema Snuff vernachlässigt. Ein paar überraschende Wendungen halten den Zuschauer bei der Stange, da man bei diversen Charakteren nie so genau sagen kann, ob es sie jetzt auf guter oder böser Seite stehen.
Die besondere Stärke von „Stumme Zeugin“ liegt jedoch in der Art Wallers einzelne Szenen extrem spannend zu gestalten. Gerade die Szene, in der Billy von den beiden Mördern durchs Studio gehetzt wird, ehe ihre Schwester Karen (Fay Ripley), die Freundin Andys, eintrifft ist wirklich schweißtreibende geraten, obwohl man weiß, dass es Billy nicht erwischen wird. Von diesen Szenen gibt es mehrere, die für Spannung sorgen, und gleichzeitig bezieht das Drehbuch diverse Kommunikationsschwierigkeiten (Billys Unfähigkeit zu sprechen sowie die Sprachbarriere zwischen Russen und Amerikanern) geschickt mit ein, um diverse Situationen noch perfider zu gestalten.
Die Gesichter der Darstellerriege sind allesamt unverbraucht und die neue Hoffnung am Schauspielhimmel ist sicher nicht drunter, doch einen guten Job macht die gesamte Bagage, vor allem Marina Zudina in der Titelrolle. Als Mystery Guest Star, wie der Abspann ihn nennt, ist Alec Guiness kurz zu sehen. Er hat nur wenige Szenen, kommt dort als Oberfiesling sehr charismatisch rüber.
Wer auf spannende Thrillerunterhaltung steht, der darf bei „Stumme Zeugin“ einen Blick riskieren. Der Plot ist sicherlich nicht der komplexeste und einige Klischees gibt es schon zu verzeichnen, aber dank der äußerst spannenden Inszenierung und des humorigen Untertons ein kurzweiliges Vergnügen für Freunde des Genres.