Review
von Leimbacher-Mario
Stairway To Heaven
Mit seinem zurückhaltenden Dschungelabenteuer „The Lost City of Z“ hat James Grey vor drei Jahren für meinen Geschmack mehr als nur einen kleinen Geheimtipp abgeliefert, das trug eher schon Züge eines Meisterwerks. Gesehen hat ihn so oder so leider kaum einer. Jetzt legt der völlig unterschätzte und sich komischerweise noch immer nicht im Fokus befindende Regisseur nach - „Ad Astra“ heißt sein neuester Brecher und der bewegt sich zumindest auf den ersten Blick näher an den Mainstream... Dieses Mal schickt er einen stoischen, nahezu makellosen und äußerst coolen Astronauten (perfekt mit Brad Pitt besetzt) in die Weiten des Weltraums, um seinen verschollenen Vater zu finden und dessen gefährliche Mission zu beenden...
Wow, „Ad Astra“ ist optisch der „Blade Runner 2049“ des aktuellen Jahres, das macht einiges her und verschlug mir immer wieder den Atem! Planetenhopping zwischen realistisch, futuristisch und rauschhaft. Was der Kameramann Van Hoytema hier geleistet hat, zeigt einmal mehr seine Extraklasse und dass jeder Cent hier gut angelegt ist. Zudem ist der Score delikat, sensibel und dennoch kraftvoll, was absolut zu diesem philosophisch-menschlichen Werk passt. Addiert man darauf noch einen famosen, eindringlichen und im Verlauf immer mehr auftauenden Brad Pitt, dann kann das doch nur ein direkter Science-Fiction-Klassiker sein, oder?! Nicht ganz. Zumindest nach meiner ersten Sichtung und meinem Geschmack. Es ist ein großer, zukunftssicherer und wahrscheinlich auch bleibender Deluxehauch von einer Space-Mission. Thematisch genauso ambitioniert wie audiovisuell, von Vater-Sohn-„Erbschaften“ über zerstörerischen Ehrgeiz bis hin zum Sinn, Ursprung des Lebens ala „2001“. Doch jetzt kommt das fette Aber: das einlullende Anti-Spektakel hat auch seine Schwächen, frustrierenden Stellen und zähen Phasen. So fügen sich die wenigen actionreichen Momente nicht immer nahtlos ein (Rewrites/Reshoots?!), das letzte Drittel fällt meiner Meinung nach in der Qualität drastisch ab und Aussagen wie „Die Wahrheit und das Wichtige liegt eher in uns und unseren Liebsten statt am Rande des Alls!“ sind alles andere als neu, innovativ, gewagt oder genial. Aber immerhin ist hier mal jemand, der sich wagt die Schuhe von Kubrick oder Tarkovski zumindest mal auszuleihen und anzuprobieren. Traumwandlerisch, melancholisch, intensiv und nachdenklich stimmend. Soghaft, einschläfernd, defensiv und gefühlt von seiner eigenen Größe etwas gelähmt.
Fazit: DIE Sci-Fi-Gourmetperle für Fans des fast meditativen, wuchtig-emotionalen Zukunftskinos. Näher an „Solaris“ als an „Gravity“. Brad Pitt mit einer weiteren Karrierehöchstleistung und James Gray lässt sich nicht beirren, zieht sein Ding durch. Audiovisuell B-O-M-B-E. Umso länger man diesen Schmankerl ziehen lässt, desto mehr Eindruck hinterlässt er. Selbst wenn die paar Actionszenen sich nicht immer homogen einfügen (ich sage nur Space-Apes!!) und das letzte Drittel deutlich schwächelt, zudem der Film im Grunde wenig bis nichts Neues zu sagen hat... Kinopflicht besteht dennoch zweifellos - zumindest für anspruchsvolle Gucker und Cinephile!