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Es ist vielleicht der größte Witz dieses Projekts, dass DC einen Komödienregisseur gebraucht hat, um seinen ersten seriösen (Goldener Löwe, Oscaranwärter) Film abzuliefern.

Todd Phillips’ Idee, die (neu erfundene) Origin Story des Joker in der heruntergekommenen (Film-)Welt von TAXI DRIVER, FRENCH CONNECTION & Co. spielen zu lassen, erweist sich als Geniestreich: Das abgefuckte Pseudo-New York Gotham City Anfang der 80er-Jahre ist eine kunstvoll rekonstruierte und absolut glaubhafte Kulisse für den wohl eindrucksvollsten Bösewicht der Comicgeschichte.

Mit der Nähe zu den Filmen des New Hollywood und insbesondere zu Scorseses Werken setzt sich JOKER jedoch auch einiger berechtigter Kritik aus. Denn nicht nur der gefühlte Schauplatz ist von anderen Filmen übernommen, auch inhaltlich bedient sich Autor/Regisseur Phillips so freizügig bei KING OF COMEDY (de Niro spielt hier die Rolle von Jerry Lewis im Scorsese-Film, man kann das also auch gerade noch als Metakommentar durchwinken), TAXI DRIVER (auch hier wird mindestens die bekannteste Sequenz nachgestellt), NETWORK und auch bei Phoenix’ ganz ähnlicher Rolle in YOU WERE NEVER REALLY HERE, dass der Begrif „Hommage“ eigentlich eine Untertreibung wäre.

Zudem muss sich der Film vorwerfen lassen, im Rahmen dieses „Scorseseverses“ nichts wirklich Neues zu erzählen. Denn auch wenn JOKER einen bisher komplett neuen Ansatz im Bereich der Comic-Book-Movies verfolgt, sollte man kein allzu differenziertes psychologisches Drama erwarten: Die Entwicklung von „Arthur Fleck“ zum Joker verläuft recht plakativ und ist gepflastert mit klischeehaften Situationen, nicht jede Wendung ist wirklich nachvollziehbar und ein besonders abstruser Storyhaken scheint bewusst als Batman-Blasphemie (Batphemie?) angelegt zu sein – hier wird es dann doch etwas zu konstruiert.

Und so wäre JOKER nichts weiter als eine gelungene Reproduktion besserer, da substanziell bedeutenderer Filmwelten – wäre da nicht Joaquin Phoenix’ Performance. Der heruntergemagerte Phoenix atmet, schaut, lacht, weint, tanzt, rennt den Joker, oder besser gesagt seine Vorstufe als Arthur Fleck, unter vollem Einsatz von Körper und Seele, so dass man schon von einer definitiven Rollenbesetzung sprechen muss. Die Frage ist daher auch nicht, wie oft gestellt, ob Heath Ledger oder Phoenix den besseren Joker abgeben, denn beide spielen die beste Version der jeweiligen Phase der Figur.

So hat der Joker den bestmöglichen Rahmen und den bestmöglichen Darsteller für seine Entwicklungsgeschichte bekommen, wenn auch nicht das beste Drehbuch. Aber vielleicht sollte man von einem Comicbuchfilm auch nicht zuviel erwarten. Schon gar nicht, wenn er von DC stammt.

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