Review

Seit Nicolas Cage wie am Fließband für den Videomarkt arbeitet, gibt es auf der einen Seite die skurrilen, abseitigen Filme wie „Mandy“ oder „Die Farbe aus dem All“, auf der anderen den formelhaften Kram der Marke „A Score to Settle“ oder „211 – Cops under Fire“. Und gelegentlich gibt es die Filme dazwischen, wie „Primal“.
Nicht dass der zweite Film von Nick Powell, dessen Erstling „Outcast“ ebenfalls mit Cage in der Hauptrolle aufwartete, irgendwelche großen Ambitionen erkennen lassen würde. Er kombiniert allerdings Actionthriller und Tierhorrorfilm mit einem markigen Helden, der aus einem klassischen Abenteuerstoff stammen könnte. Dabei handelt es sich um den Ex-Militär, Glücksritter und Großwildjäger Frank Walsh (Nicolas Cage), der seine Brötchen vor allem dadurch verdient, dass er exotische Tiere einfängt und gewinnbringend verkauft. In der Auftaktszene geht ihm der Jackpot ins Netz, als er einen weißen Jaguar betäuben kann, auch wenn ihm das Tier fast ans Leder geht.
Da die Behörden es mit Kram wie Aus- und Einfuhrgenehmigungen etwas genauer nehmen als er selbst, verstaut Frank seine tierische Fracht, zu der auch Affen, Tapire usw. gehören, auf einem klapprigen Frachter, der ihn aus dem Amazonasgebiet nach Amerika bringen soll. Doch die Crew bekommt bald noch unerwartete Passagiere: Der kriminelle Geheimdienstkiller Richard Loffler (Kevin Durand) soll als Gefangener in die USA gebracht werden, damit ihm dort der Prozess gemacht werden kann. Das Drehbuch des sonstigen Fernsehfilmautors Richard Leder schiebt dabei gedankliche Überstunden, um zu begründen, warum Loffler nicht einfach in ein Flugzeug gesetzt werden kann. Also dichtet man ihm eine seltene Krankheit an, die auf extreme Höhen reagiert, damit der Schiffstransport gerechtfertigt ist. Außerdem kann man so noch die Dr. Ellen Taylor (Famke Janssen) in den Film schreiben; eine Ärztin, die Lofflers Gesundheitszustand überwachen soll.

Genreüblich ist die grimmige Bewachercrew der Cleverness des Schwerbrechers nicht gewachsen, der sich befreien kann. Während Loffler nun aus dem Hinterhalt Besatzung und Bewacher dezimiert, lässt er auch noch Franks Beute frei – darunter den Jaguar. Damit wird das Schiff zum besonders gefährlichen Ort…
Trotz seiner Prämisse ist „Primal“ wesentlich mehr Actionfilm als Tierhorror und setzt seinen viertatzigen Killer sparsamer ein als seinen menschlichen. Natürlich ist klar, dass beide irgendwann aufeinandertreffen werden und der eine am Tod des anderen Anteil haben wird – so erwartet der Zuschauer das und so kommt es auch. Es ist schade, dass „Primal“ so wenig aus der Raubkatzen-Rampage macht, denn diese ist nun mal das exotische Element in dem Film, der Rest eher Actionthrillerstandard. Vielleicht lässt „Primal“ den Jaguar allerdings auch deshalb so selten zum Zuge kommen, weil das Effektbudget nicht allzu üppig war: Gerade CGIs der Raubkatze sind doch eher schwach und überzeugen nur teilweise, bei anderen Tieren sieht es mit dem Computertricks besser aus und bei harmlosem Getier wie Papageien griff man eh auf echte Exemplare zurück. Da ist es schade, dass ausgerechnet der tierische Star unter den Bedrohungen am schlechtesten abschneidet.
Hauptgefahr bleibt aber der Schurke und den spielt Kevin Durand mit echter Hingabe. Trotz seiner Rollen in „Fruitvale Station“, „The Strain“ und „Ich bin Nummer Vier“ wartet er ja immer noch darauf, als ähnliche Entdeckung in Hollywoods zweiter Reihe zu gelten wie etwa Frank Grillo, aber diesen Status untermauert er in „Primal“ noch einmal: Als hochintelligenter Psychopath spielt er die Schurkenrolle als echten Hingucker, wobei sein Part manchmal an Cyrus the Virus aus „Con Air“ angelehnt erscheint. Auch Nicolas Cage macht als rauer Abenteuerheld in der Tradition von Indiana Jones und dem Humphrey-Bogart-Hero aus „African Queen“ eine gute Figur, überzeugt als mürrischer, aber zupackender Mann der Tat. Famke Janssen war schon mehr gefordert, ist aber auch ganz gut in der weiblichen Hauptrolle, während der Rest der Besetzung kaum auffällt. Allenfalls LaMonica Garrett als harter Hund und Chef des Bewachungsteams kann noch ein paar Akzente setzen.

Mit seinem Schiffsschauplatz mag „Primal“ zwar ein wenig von einer „Die Hard“-Variante haben, aber gewissermaßen ist das Szenario invertiert: Es gibt nur einen Schurken, der sich Auseinandersetzungen mit Gesetzeshütern und Zivilisten liefert. Dabei macht der Fieswicht oft kurzen Prozess, fast wie ein Slasher-Bösewicht, der anstelle von Axt und Messer aber Knarren und Genickbrüche bevorzugt. So ist die Action nicht allzu ausladend, manchmal auch etwas suboptimal inszeniert – dem Shoot-Out an Deck fehlt es beispielsweise an Dynamik, gerade in Sachen Montage. Andere Szenen machen dagegen mehr Laune, gerade die rohen Nahkampfszenen, etwa im Showdown, den Frank und Loffler ausfechten. Und manchmal kommt eben Getier zum Einsatz, das für zusätzliche Schärfe in Gefahrensituationen sorgt.
Auch sonst hat „Primal“ seine Meriten. Während Powells Inszenierung in den Actionszenen manchmal schwächelt, so kann er die Enge des leicht klapprigen Containerschiffs gelungen einfangen. Ja, manchmal macht er sogar vergessen, dass sich große Teile des Films in wenigen, immergleichen Locations unter Deck abspielen. Die Streitereien der drei Leads sorgen ebenfalls für Würze: Frank und Ellen können sich anfangs nicht riechen, aber da fliegen dann den Filmgesetzen zufolge irgendwann die Funken und Loffler sucht sich die beiden als besondere Anspielpartner heraus, mit denen er sich (meist über Funk) Wortgefechte liefert. Das sind immer wieder Momente die Laune machen, wenn auch mit einem Nachteil: Powell kriegt die verschiedenen Einflüsse nicht zum einem homogenen Ganzen zusammen, zum einem wirklich organischen Mix.

So operiert „Primal“ dann irgendwo im Spannungsfeld zwischen „Alarmstufe: Rot“, „Life of Pi“ und „Snakes on a Plane“, ist letztendlich aber nicht ganz so wild wie die Mixtur klingt. Der Tierhorrorpart wird kaum ausgenutzt, sodass es eine Art Katz-und-Maus-Spiel mit zwischen Geheimdienstkiller und Großwildjäger bleibt. Die Leads überzeugen, manche Actionszene ist ansehnlich und die Schiffslocation hat etwas für sich, auch wenn das Ganze nur phasenweise spannend ist, seine Schauwerte etwas sparsam einsetzt und die einzelnen Teile nicht immer gut zusammengehen.

Details
Ähnliche Filme