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Zwei stahlharte Rowdys

Krawumm! Damit ist eigentlich schon einer der wesentlichen Gründe genannt, warum die Tuning-Proll-Sause „The fast and the Furious" bald in die neunte Runde rast. Im modernen Actionkino wird aktuell nirgends mehr Geld verpulvert, um immer noch irrwitzigere Stunt- und Crashspektakel auf die Fanscharen abzufeuern. Bestenfalls können Ethan Hunts unmögliche Missionen hier noch ein Wörtchen mit reden, aber das wars dann auch schon. Bei so viel krachigem Erfolg liegt es im Zeitalter der Sequels, Prequels, Reboots und anderer Recyclingideen praktisch auf der Hand, es mal mit einem Ableger zu versuchen. Neudeutsch nennt man das „Spin off" und genau darum handelt es sich bei „Fast & Furious: Hobbs & Shaw".

Die beiden Titelhelden machten Platzhirsch Vin Diesel schon in den letzten zwei Furious-Streifen ("Fast & Furious 7" und "Fast & Furious 8") das Revier streitig und bei drei solchen Alphatieren ist halt mindestens eines zu viel. Zumal Dwayne „The Rock" Johnson - alias Luke Hobbs - ohne Frage der aktuell größerer Filmstar ist, was Diesels ebenfalls fraglos XXL-großes Ego nur mit Maximal-Disziplin ertragen haben dürfte. Jason Statham  - alias Deckard Shaw - ist da bekanntermaßen schmerzbefreiter. Englands heißester Action-Export seit - ja seit wann eigentlich? - Urzeiten, ist very British auch gern als Teamplayer unterwegs. Er weiß um seine speziellen Qualitäten und macht vor allem im Team mit muskelbepackten Heroen der alten Schule eine besonders blendende Figur. Kurz: Wer neben Sly Stallone bestehen kann, der ist auch neben „The Rock" bestimmt nicht expandable.

Für „Hobbs & Shaw" braucht es auch zwei gestandene Mannsbilder, denn der Film verströmt neben seiner unverkennbaren „Fast & Furious"-DNA vor allem den rauen Charme der guten alten Buddy-Komödie. Das Rezept zwei sich permanent ankläffende Bullterrier zur Teamarbeit zu zwingen mag so alt wie das Kino selbst sein, andererseits wer möchte schon Perlen wie „48 hours", „Red Heat" oder die „Lethal Weapon"-Quadrologie missen? In seinen besten Momenten erinnert „Hobbs & Shaw" genau an diese Vorbilder, was einiges mit dem launigen Skript aber viel mehr mit der viel beschworen Chemie zu tun hat.

Es macht einfach Spaß Johnson und Statham bei ihrem wüsten Dauergefrotzel zuzusehen, zumal beide über ein für Actionstars erstaunliches Maß an komödiantischem Talent verfügen. Der Film schlachtet die offenkundigen Gegensätze der beiden zwar maximal plakativ, aber aber auch mit einer gehörigen Packung Selbstironie aus. Gleich zu Beginn werden die beiden in poppigen Parallelmontagen vorgestellt. Der eine beginnt den Tag im sonnigen Kalifornien mit dem klassischen Rocky-Frühstück, stemmt anschließend ein paar überdimensionierte Eisen und braust dann in legerer Bikerkluft zur Arbeit. Der andere brät im regnerischen London seine Frühstücks-Eier in der Designerküche, brüht sich anschließend seinen Espresso in Barista-Qualität um dann im Armani-Outfit und einem flügeltürigen McLaren zur Arbeit zu rasen. Die Botschaft ist klar: der hemdsärmelige Muskelprotz mit Dauergrinsen und der drahtige Modellathlet mit dauergrimmigem Blick haben außer ihren Coolness nicht die geringste Gemeinsamkeit.

Natürlich müssen sie dennoch zusammenarbeiten, denn der globalen Bedrohung durch einen neuen Supervirus sind eben nur die beiden Law Inforcement-Supermänner gewachsen. Die wüste Dauerkabbelei hat dabei den schönen Nebeneffekt, dass der weder sonderlich originelle noch sonderlich clevere Grundplot nicht weiter ins Gewicht fällt, also Gefahr läuft in den Fokus gesteigerter Aufmerksamkeit zu geraten. Hier wird auf Teufel komm raus geballert, gekalauert, geprügelt und gerast, wer fragt da noch nach einem tieferen Sinn.

Mit Regisseur David Leitch hat man genau den richtigen Mann für diese Konstellation gefunden, schließlich hat uns der schon bei „John Wick", „Atomic Blonde" und zuletzt „Deadpool 2" erfolgreich davon abgehalten, uns allzu sehr mit der eigentlichen Handlung zu beschäftigen. Der ehemalige Stuntman ist ein begnadeter Action-Impressario, was weniger in den Furious-typischen Autostunts (zumal die immer abstruser werden), dafür um so mehr in den Wick-typischen Shootouts und Fights zum Tragen kommt. Naturgemäß macht der Martial Arts-erprobte Statham dabei eine bessere Figur als das deutlich plumpere Schwergewicht Johnson. Leitch findet aber auch für „The Rock" die passende Bildsprache und Schnitttechnik - und ganz unbeleckt ist der Ex-Wrestler ja auch nicht gerade in Sachen Kampfchoreographie.

Überhaupt lebt der Film von seinen Typen. Hobbs und Shaw bekommen es bei ihrer ganz persönlichen Mission Impossible mit einem abtrünnigen MI6-Agenten Brixton Lore zu tun, der als genetisch aufgetunter Supersoldat die Drecksarbeit für den sinistren Technologieriesen „Eteon" übernimmt. Dass dieser an sich trashige SiFi-Einschlag den Motor nicht zum Stottern bringt, ist Idris Elba zu verdanken. Der 2018 zum „Sexiest Man Alive" gekürte Brite ist einfach eine utracoole Socke und stattet seinen Comic-Charakter mit genug Charisma und Gefährlichkeit aus, um nicht im Sumpfland stecken zu bleiben.
Auf Seiten der Guten darf Vanessa Kirby ordentlich mitmischen. Ian Shaws kleine Schwester Hattie steht ihrem Bruder in Sachen Kaltschnäuzigkeit, Draufgängertum und Kampfakrobatik in nichts nach und sorgt immer wieder für lichte Gegnerreihen. Gleichzeitig ist die MI6-Agentin das emotionale und narrative Zentrum des Films, denn die Furious-typische Familienzusammenführung läuft nur über sie und die Sicherstellung des gefährlichen Virus ebenfalls. Um die finstere Organisation „Eteon" davon abzuhalten, den Virus als ultimativen Kampfstoff einzusetzen, hat sie ihn sich kurzerhand selbst injiziert. Lore und seine Mannen jagen sie seitdem erbarmungslos, haben die Rechnung aber natürlich ohne Hobbs und Shaw gemacht ...

Das erste „Fast & Furious" Spin-off ist angesichts seines offenkundig kalkulierten Hintergrunds erstaunlich kurzweilig geraten. Trockene Oneliner, schnittige Kampfeinlagen, ein cooler Bad Guy und zwei prächtig harmonierende Actionstars sorgen für einen sympathisch launigen Sommerblockbuster. Actionspezialist David Leitch drückt Franchise-gerecht mächtig aufs Gaspedal und kommt nur bei den Autostunts ein wenig ins Schleudern. Die setzten nämlich die zuletzt unschöne Furious-Entwicklung auf physikalische Gesetzmäßigkeiten zu pfeifen und immer mehr auf CGI zu setzten weiter fort. Das passt zwar zum insgesamten Gaga-Ton, nicht aber zu der blitzsauber inszenierten und ausgeführten Restaction. Das obligatorische Familienthema wird dagegen recht lässig untergemischt und lässt vor allem in den Hawaii-Szenen den kumpeligen Cliquen-Charme der Kernserie wieder aufleben.  

„Hobbs & Shaw" mag einigen als weiterer Beleg für Hollywoods Einfallslosigkeit und Kalkulierbarkeit erscheinen. Ein stylisches Kommerzprodukt, bei dem ausreichend erprobte Parameter den sicheren Erfolg garantieren. Andererseits ist er auch Ausdruck der aktuell immens populären Universums-Strategie, die angestoßen von diversen TV-Serien längst auch die Kinolandschaft prägt und vor allem vom Disney-Konzern perfekt ausgeschlachtet wird (u.a. Star Wars und besonders beim MCU). Dem allmächtigen Mäuseimperium auf eigenem Terrain ein wenig Paroli zu bieten ist nicht nur legitim, sondern auch ein begrüßenswerter Angriff auf dessen zunehmend aggressive Monopolambitionen. Dafür sind die beiden Prügelknaben Hobbs und Shaw goldrichtig, zumal wenn der Spaßfaktor dabei so zentral ist. Krawumm!

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