Review

Folgt man einigen internationalen urbanen Legenden, hat der Boogeyman, je nach Kultur, verschiedene Facetten, doch meistens nur ein Ziel. Im süddeutschen Raum nennt man ihn Krampus, der zur Adventszeit garstige Kinder bestraft, während der mexikanische Cucuy ganzjährig unterwegs ist, um unartige Heranwachsende aus dem Verkehr zu ziehen. Regisseur Peter Sullivan, der im Lauf seiner Karriere ein Faible für simpel gestrickte Weihnachtsfilme entdeckte, bleibt seiner überaus konventionellen Linie treu.

Glimmer Peak ist ein verschlafenes Nest, in dem Schülerin Sofia soeben zu einem halben Jahr Hausarrest per elektrischer Fußfessel verdonnert wurde, weil sie bei einer Keilerei um ihre kleine Schwester Amelia einen Polizisten übersah. Seit kurzem verschwinden in dem Ort Kinder spurlos und Sofia hegt den Verdacht, dass ihr neuer Nachbar Boyd etwas mit deren Verbleib zu tun haben könnte. Bis ihr eines Nachts die Gestalt des Cucuy erscheint…

Es muss wohl etwas dran sein, dass Leute, die aus irgendwelchen Gründen ans Haus gefesselt sind, rasch zum Fernrohr greifen, um das nachbarschaftliche Umfeld zu studieren. Hitchcocks „Fenster zum Hof“ ist der Prototyp, etliche Pendants wie „Disturbia“ folgten. Sofia hat immerhin drei Minuten zur Verfügung, bis das Gerät anschlägt, sobald sie den Bewegungsradius überschreitet, was schon mal ausreicht, um über Nachbars Tellerrand zu schauen, oder dem Love Interest beim Training beizuwohnen.

Der Umgang mit ihrer kleinen Schwester (vor allem die Einsatzbereitschaft zu Beginn) lässt Sofia durchaus sympathisch erscheinen, zumal die beiden untereinander Gebärdensprache einsetzen. Die potenziellen Opfer qualifizieren sich indes mit nur wenigen Handlungen als Unsympathen, indem gemobbt oder in der Schule eingebrochen oder gar über Verstorbene gelästert wird. Der Sack des Cucuy ist durchaus geräumig.

Jener bringt leider nicht allzu viel Furcht einflössende Momente ein. Mal erscheint er klammheimlich auf einem Selfie, dann huscht er am Fenster vorbei oder erscheint in einem Kellerraum, stets umgeben von waberndem Nebel. Die Monstermaske aus Latex ist derweil deutlich als solche zu erkennen, zumal an der Kinnpartie ein kleiner Hohlraum auszumachen ist, wonach die Maske dort ein wenig schlackert. Die roten Klüsen sehen etwas zu schlicht aus, die Piranhazähne erfüllen aber ihren Zweck.

Allzu viel Background über den paranormalen Kindesentführer wird nicht geliefert, zudem wird lange nicht deutlich, warum der just zu dieser Zeit geballt in dem Nest agiert. Der Legende nach verschleppt er seine Opfer, um sie anschließend in einer Höhle zu verspeisen, was den zurückhaltenden Einsatz von Gewalteffekten erklärt. Schließlich gibt es nur eine entstellte Leiche, zudem ein paar zweckdienlich gestaltete CGI.

Insgesamt gehen die darstellerischen Leistungen in Ordnung, handwerklich ist kaum etwas zu beanstanden und auch der Score ist um dramatische Klänge bemüht, sobald es zum Finale in die sprichwörtliche Höhle des Löwen geht. Allzu mitreißend gestaltet sich der Stoff zwar nicht, er fällt jedoch über weite Teile sympathisch aus und weiß mit einem soliden Tempo einigermaßen Kurzweil zu generieren.
Knapp
6 von 10

Details
Ähnliche Filme