Review

Bevor ich zu meiner Kurzkritik komme, möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um den Unmutsäußerungen meines Vorgängers ManCity beizupflichten. Ohne irgendeinen der registrierten User diskreditieren zu wollen: Man sollte schon eine gewisse Genrekompetenz besitzen, bevor man einen unbestreitbar bedeutsamen Film wie diesen derart niederschmetternd bewertet. Natürlich sind alle hier registrierten User dazu berechtigt, ihre (ganz subjektiven) Ansichten zu jedem hier aufgeführten Film in Form einer Punktebewertung preiszugeben, aber ich will zu bedenken geben, dass man damit auch die Verantwortung für eine eventuell schlechte bzw. irreführende Durchschnittsnote des jeweiligen Films trägt. Selbst wenn man Werke wie "Xia Nu“ nicht mag, wäre es ratsam, sie in ihren filmgeschichtlichen Kontext einzuordnen und die Bedeutung bzw. den Einfluss dieser Werke richtig einzuschätzen, was im Falle von "Xia Nu“ definitiv nicht zu einer "sehr schlecht“-Bewertung führen würde. Das wollte ich nur mal gesagt haben.

King Hu verknüpft in "Xia Nu“ Pu Sung Lings (lediglich vierseitige) Geistergeschichte "Hsia Nu“ aus der Novellensammlung "Seltsame Geschichten aus dem Liau-Studierzimmer“ mit akrobatischer Kampfkunst, einer epischen Spionagehandlung und tiefer Religiosität.
Ohne Frage gehören die Kampfszenen zum Besten, was es im südostasiatischen Kino je zu sehen gab – dennoch rate ich davon ab, mit einer actionorientierten Erwartung an den Film zu gehen, denn Hus Werk entwickelt sich im Verlauf zu einer regelrechten Meditation (welche ihren Höhepunkt im hypnotischen Finale findet, das meiner Meinung nach frappante Ähnlichkeiten zu Jodorowskys Symbolikexzessen in "El Topo“ und "Holy Mountain“ aufweist...), die den Zuschauer wahrlich atemlos zurücklässt.
Wie gewöhnlich bei Hu, dienen die wunderschönen Landschaftsimpressionen und buddhistischen Weisheiten einer Mystifizierung des Leinwandgeschehens, welche die phantastisch erscheinenden und geisterhaften Elemente wieder auf einen glaubwürdigen, wenn auch exotischen Boden zurückholt.
Die Darsteller – für King Hu-Liebhaber sind es immer wieder gern gesehene Freunde – wissen das Herz des Konsumenten mit schauspielerischen Kabinettstückchen zu erfreuen und seine als ausgefeilt zu bezeichnende Schnittarbeit trifft stets den richtigen Ton zwischen rasant und elegisch.
Angesichts der filmischen Wucht hat sich Hus Mühe wirklich gelohnt: Laut dem empfehlenswerten "Eastern-Lexikon“ von Leo Moser (Schwarzkopf & Schwarzkopf), baute Hu das zerstörte Fort fast 9 Monate lang auf und der Dreh der Bambuswald-Kampfszene nahm 25 Tage in Anspruch!

Des Öfteren wird "Xia Nu“ als Hauptwerk King Hus bezeichnet. Ich halte das für sehr wahrscheinlich, möchte aber nicht zustimmen, da ich ,"Xia Nu“ ausgenommen, bisher lediglich vier weitere Filme des Regisseurs sichten konnte.
Was bleibt also noch zu sagen? Kritik an "Xia Nu“ zu üben, käme Blasphemie gleich, also soll’s das gewesen sein.

Guckt Euch diesen Meilenstein der asiatischen Kinogeschichte an, wenn Ihr auf abenteuerliche, anspruchsvolle und außergewöhnliche Historien-Eastern steht. Amen!

Details
Ähnliche Filme