Für das Amerika der 90er war "Men in Black" ein Spiegel im Umgang mit der hauseigenen Einwanderungsproblematik. Der Rest der Welt konnte zwar seine eigenen Parallelen ziehen, aber eigentlich ging es um die Kulturenvielfalt innerhalb der amerikanischen Grenzen. Schon die "illegal aliens" aus dem Prolog des ersten Films trugen mexikanische Züge, später gesellten sich noch Hillbillies und obskure Ladenbesitzer hinzu. Die beiden direkten Fortsetzungen zeigten eher wenig Interesse, diesen Pfad weiter zu erkunden. Insbesondere "MIIB" probte sich nur noch in der Pflege des charakteristischen Produktionsdesigns mit seinen glatten, silbernen Flächen, seinen schwarzen Anzügen und seinen sprechenden Möpsen. "MIB - International" würde sich nun also gerne auf die Fahnen schreiben, die Subtexte des unerreichten Originals wieder aufzunehmen. Immerhin geht es jetzt einmal um die ganze Welt - man könnte sich glatt einen Flieger mit James Bond teilen. Die Rezeptur ist so einfach wie die Farbkombination der Agenten-Arbeitskleidung: Jede Menge exotischer Schauplätze in die Salatschüssel, etwas MIB-Essig drüber und einmal gut durchmischen. Dazu einen weißen coolen Typen auf eine Rolle besetzen, die mal einem schwarzen coolen Typen gehörte. Eine junge schwarze Frau auf eine Rolle besetzen, die einst von einem weißen alten Knacker geprägt wurde. Zum Abrunden noch ein paar Wortspiele um die vermeintlich fehlende Geschlechterneutralität im etablierten Filmtitel und fertig ist der Neustart. I see what you did there, Sony!
Es scheint, als könnten Hollywoods Drehbuchautoren unter dem Druck öffentlicher Debatten nur noch in Schwarz und Weiß denken, sobald es um Satire oder Komödie mit gesellschaftlichem Bezug geht. Einfach alles ins Gegenteil verkehren, was einmal Status Quo war, ist natürlich eine recht bequeme Strategie, führt aber selten zum gewünschten Resultat - weil die Abhängigkeiten nach wie vor sichtbar sind.
Hemsworth und Thompson gelten seit ihrer Marvel-Zusammenkunft als kleines Dreamteam, versinken in den aufgetragenen Anzügen ihrer Vorbesitzer aber zur absoluten Bedeutungslosigkeit. Ihr Gehüpfe von einem Ort der Weltkultur zum nächsten hat etwas Verzweifeltes, wie von zwei Eintagsfliegen, die auf ihren letzten Tag noch einmal was von der Welt sehen wollen, dabei aber so schnell unterwegs sind, dass sie im Grunde gar nichts mitnehmen aus ihren Zwischenstationen Paris, Marrakesch oder Neapel. Dumme Sprüche wie aus dem Buddy-Movie-Giftschrank verflüchtigen sich zwischen den obligatorischen Actionszenen mit flotten Karren und futuristischem Wummen; in der deutschen Fassung schaut dann auch noch Jerome Boateng vorbei, wo einst noch Michael Jackson um Aufnahme in den Club der coolen Jungs bettelte. Der zutiefst berechnende Auftakt versucht sich mit einer kleinen Rückblende ins Jahr 1997 sogar an der Nostalgie-Schiene - all die Kids von damals, die Will Smith mit leuchtenden Augen bei der Alienjagd angefeuert haben, werden also nun selbst mit einbezogen. Auch ihr könnt ein MIB sein, so die etwas merkwürdige Botschaft wie aus einem Kindermärchen.
Gray bemüht sich dabei redlich, die Trademarks der Reihe angemessen zu verwalten, verkrampft dabei aber zusehends und greift zu haarsträubenden Stilmitteln. Wenn er eine tanzende Mischung aus Aliens und Menschen in einer Disco zeigt, möchte man wegsehen, aber man kann nicht. Wenn er Thompson beim Anlegen des Sakkos in eine Fisheye-Kamera grinsen lässt, beunruhigt das mehr als es sollte. Und wenn sich die Agenten in der Zentrale gegenseitig auf die Füße treten, möchte man ihnen am liebsten allen Hausarrest geben.
In erster Linie ist "Men in Black - International" eine große Belanglosigkeit. Die sehr speziellen Gesetze der Originaltrilogie werden weitestgehend für einen Verschwörungsplot verraten, der aus dem gleichen Bausatz zu stammen scheint wie die letzten "Fast and the Furious"-Abenteuer, derweil die Marke "MIB" vor allem als Vehikel für eine Agenda missbraucht wird, die nur im entferntesten Sinne etwas mit ihr zu tun hat. Wer an "Cowboys vs. Aliens" Spaß hatte bzw. sich überhaupt noch daran erinnert, sollte vielleicht einen Blick wagen; alle anderen müssen nicht.