Review

Bevor die am 18. Februar 1968 geborene Molly Ringwald mit Filmen wie Sixteen Candles (Das darf man nur als Erwachsene), The Breakfast Club (Breakfast Club - Der Frühstücksclub), Pretty in Pink oder The Pick-up Artist (Jack der Aufreißer) Berühmtheit erlangte, spielte der ansehnliche Rotschopf die vorlaute, burschikose Göre Niki in Lamont Johnsons Spacehunter: Adventures in the Forbidden Zone. Bis sie in Erscheinung tritt und dem einzelgängerischen Helden Wolff (Peter Strauss, xXx: State of the Union) den letzten Nerv raubt, passiert folgendes. Ein riesiges Raumschiff explodiert mitten im Weltall, doch drei hübsche junge Erdenmädels können sich in ihrem kleinen Space-Shuttle im letzten Moment in Sicherheit bringen. Sie landen auf Terra XI, dem nächstgelegenen erdähnlichen Planeten, und stolpern vom Regen geradewegs in die Traufe, geht es dort doch ziemlich wild und chaotisch zu. Und so wird das gar nicht so fidele Trio von Schergen des bösartigen Herrschers Overdog (Michael Ironside, Total Recall) gefangen genommen und in dessen Behausung verschleppt. Währenddessen ist Wolff - ein egoistischer Tunichtgut, der sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlägt - mal wieder knapp bei Kasse. Insofern ist es natürlich keine Überraschung, daß er sofort anbeißt, als er mitkriegt, daß für die Rettung der drei abgestürzten Grazien eine hohe Belohnung in Form von dreitausend Megacredits winkt. Die zu rettenden Schönheiten findet er zwar nicht (bzw. verpaßt sie knapp), dafür findet die von oben bis unten vor Dreck starrende und deshalb auch elendig stinkende Niki ihn und will gleich mal sein schickes Gefährt klauen. Was zu folgendem schönen Dialog führt:

Wolff: "What the hell are you?"
Niki: "What do you think I am, you scrawny earthbag? I'm a woman!"


Der Rest des Filmes ist dann eine mehr oder minder sinnbefreite Aneinanderreihung von Szenen, in denen Wolff und Niki die "verbotene Zone" durchqueren, auf Monster, Mutanten und sonstiges Gesindel stoßen, den schwarzen Rumtreiber Washington (Ernie Hudson, Ghostbusters) ins Boot holen, und sich schließlich für den großen Showdown in die Höhlen des Löwen, ähm, des Überhundes begeben. Ich hatte das Glück, den von Ivan Reitman mitproduzierten Spacehunter seinerzeit im Kino sehen zu dürfen. Auch wenn der Film, wenn ich mich recht entsinne, nicht in 3-D gezeigt wurde, so war ich doch hin und weg und liebte den Streifen. Lang, lang, ist's her, und nun also das Wiedersehen mit einem der Favoriten aus meiner Teenager-Zeit. Nostalgische Gefühle sind ja ein zweischneidiges Schwert, und das Aufwärmen derselben kann ganz böse ins Auge gehen (siehe z. B. Damnation Alley aka Straße der Verdammnis), zum Glück passiert das hier jedoch nicht. Ich würde zwar nicht so weit gehen, Spacehunter als guten Film zu bezeichnen, aber er hat es nach all den Jahren (bzw. Jahrzehnten) doch geschafft, mich aufs Neue zu begeistern. Spacehunter ist eine ungemein unterhaltsame Mischung aus Space Opera, Endzeitaction und Abenteuerfilm. Anders formuliert, hier trifft Star Wars auf The Road Warrior, und Indiana Jones ist auch noch mit von der Partie. Ein Kessel Buntes, könnte man sagen, welcher ein derart mordsmäßiges Tempo an den Tag legt, daß Tante Langeweile nicht den Hauch einer Chance hat. Da ist (fast) immer was los, sodaß weder die Protagonisten noch die Zuschauer Zeit zum Verschnaufen haben.

Und die Schauwerte, mein lieber Schwan. Da hat man nicht gekleckert sondern geklotzt, und es gibt vieles zu bestaunen (mit meinen weiteren Ausführungen erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit). Da wären zum Beispiel einmal die irren Fortbewegungsmittel im besten Mad Max-Endzeitlook. Wolffs cooles Fahrzeug ähnelt einem Buggy, ist aber größer und wuchtiger. Washington fährt eine Art Traktor mit riesigem Schneepflug vorne dran. Außerdem im Programm: Motorräder mit käfigähnlichen Überrollbügel, düsenbetriebene Paragleiter, und - mein Favorit - ein abgetakeltes, auf Schienen dahinrollendes Segelschiff. Die Reihe von Wolffs und Nikis Gegenspielern ist ebenfalls nicht ohne. Der große Antagonist ist natürlich Overdog, ein bizarres Mensch-Maschinen-Wesen mit riesigen Greifklauen und einem häßlichen, bleichen, haarlosen Schädel. Die Ähnlichkeit mit dem berühmten Vampir Nosferatu ist nicht von der Hand zu weisen. Außerdem bekommen es unsere Helden mit wasseraffinen Amazonenkriegerinnen, einer drolligen, stacheligen Drachenschlange, singenden, Molotov Cocktails werfenden Zwergen (oder Kindern, schwierig zu sagen) und schleimigen, ungeheuer fettleibigen Mutanten zu tun, die gerade frisch aus ihren Kokons geschlüpft sind. Diese famose Sequenz, in der Wolff und Niki ihr Nachtlager in einem Turm aufschlagen, nur um kurz darauf feststellen zu müssen, daß rund um sie herum eklige Geschöpfe "geboren" werden, die noch dazu ausgesprochen hungrig zu sein scheinen, hat sich mir am nachhaltigsten ins Gedächtnis eingebrannt. Und diese beeindruckende Szene finde ich nach wie vor am gelungensten.

Knapp fünfzehn Millionen Dollar soll das launige Spektakelchen gekostet haben (zum Vergleich: der eine Woche später gestartete Return of the Jedi verschlang geschätzte 32,5 Millionen Dollar), und ich kann guten Gewissens vermelden, daß jeder Cent davon auf der Leinwand respektive dem Bildschirm zu sehen ist. Die Spezialeffekte mögen outdated sein, und sie gewinnen bestimmt keinen Blumentopf in Sachen Realismus, dafür punkten die verschiedenen Matte Paintings, Modelle, Gummikostüme, Puppen und einkopierte Laserstrahlen voll in den Kategorien Charme und Sympathie. Den Actionszenen gehen zwar die furiose Dynamik und die ruppige Härte eines The Road Warrior ab, aber sie können sich trotz PG-Freigabe durchaus sehen lassen. Besonders im Finale geht es noch mal so richtig rund, wenn sich die Gefangenen des fiesen Overdogs durch ein fallengespicktes Labyrinth kämpfen müssen (Stacheln, Feuer, Säure, rotierende Sägen und dergleichen mehr gilt es zu überwinden, während man von einer Schnetzelwalze verfolgt wird), das einem wie ein sadistisches Jump & Run-Spiel vorkommt. Während sowohl Wolff als auch Washington recht coole Helden sind, so ist Niki (auch bekannt als "Niki the Twister"; wieso, sieht man gegen Ende) eine veritable Nervensäge. Doch so sehr sie auch nervt, sie hat auch ihre liebenswerten Seiten. In einer netten Nebenrolle als Wolffs Mechanikerin Chalmers ist Andrea Marcovicci (The Stuff) zu sehen, und Harold Ramis, der am 24. Februar 2014 verstorbene Regisseur des unvergessenen Klassikers Groundhog Day, gönnte sich ein akustisches Cameo.

Regie führte der 2010 verstorbene Kalifornier Lamont Johnson (Lipstick aka Eine Frau sieht rot), der Jean LaFleur (Ilsa the Tigress of Siberia) beerbte, nachdem dieser gefeuert wurde. Das und die Tatsache, daß sechs Leute an der Geschichte herumdokterten, erklärt vermutlich auch, wieso der Streifen bisweilen einen etwas holprigen Eindruck hinterläßt. Gedreht wurde vorwiegend im US-Bundesstaat Utah, welcher aufgrund seiner außergewöhnlichen Landschaften perfekt als Double für fremde (Wüsten-)Planeten prädestiniert ist. Und der bombastisch-fette Orchester-Score, welcher das Geschehen angemessen begleitet, stammt von Elmer Bernstein. Ich muß zugeben, daß meine Bewertung diesmal sehr subjektiv ausfällt, aber ich kann mir einfach nicht helfen, ich liebe diesen Film (wobei ich mir doch einen letzten Rest an Objektivität bewahrt und nicht die Zehn gezückt habe)! Spacehunter mag einige Probleme haben (wie z. B. die klischeehaften Figuren, den nicht vorhandenen Spannungsbogen, die holprige Dramaturgie, den etwas enttäuschenden Endkampf), aber dank der lockeren Anything-Goes-Attitüde, den schrägen Einfällen, des phantastischen Set-Designs, des unerhörten Tempos, der tollen Set-Pieces, der zahlreichen Schauwerte und des charmant-pulpigen Flairs macht der Streifen einfach einen Heidenspaß. Steinigt mich, wenn ihr wollt, aber ich ziehe Spacehunter den Star Wars-Filmen jederzeit vor (wobei letztere zweifellos die besseren Filme sind, zumindest Episode IV bis VI). Und deshalb wird es auch bestimmt nicht lange dauern, dann werde ich die Disc wieder einlegen, um mich abermals in die "verbotene Zone" zu begeben.

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