Bild dir deine eigene Meinung - Diesen Leitspruch verfolge ich schon ziemlich lange, denn wenn ich nach so mancher negativen Kritik im Netz zum Remake von Chucky gegangen wäre, hätte ich mir den Kinobesuch gleich sparen können. Zum Glück habe ich mich nicht beirren lassen und war rückblickend sogar positiv überrascht. Child's play 2019 ist bestimmt kein Meisterwerk geworden, aber ein sehenswerter, teilweise recht spannender Fun-Horror ist allemal dabei herausgekommen. Ich behaupte, wenn man es schafft, den Film nicht krampfhaft mit dem Original aus den 80ern zu vergleichen, wird man für sich separat betrachtet prima unterhalten. Und ganz ehrlich, der gefühlte 15 Aufguss von Charles Lee Ray und seiner Voodoo Magie ist irgendwann einfach ausgelutscht.
Nein, die 2019 Version bringt tatsächlich frischen Wind in ein aus meiner Sicht ausgeschlachtetes Franchise, so kamen die letzten Chucky Fortsetzungen nicht über den Status "solide Genrekost" hinaus. Der Kernplott mit der "bösen", mordenden Puppe bleibt auch beim Remake erhalten, wird aber mit dem technischen Fortschritt der heutigen Zeit ergänzt, so haben wir es dieses mal mit einer außer Kontrolle geratenen, künstlichen Intelligenz zu tun. Ob man diese Verifizierung der Child's play Geschichte nun als Verrat am Original sieht, oder den Änderungen offen gegenübersteht, dass muss jeder Zuschauer für sich selbst entscheiden. Der erste Teil des Films beschäftigt sich vormerklich mit der Begegnung der beiden Hauptfiguren, dem kleinen Andi und der Buddi-Puppe, mit eindeutiger Fokussierung auf die Beziehung zueinander. Die optische Darstellung von der Buddi-Puppe ist freundlich formuliert gewöhnungsbedürftig, so gewinnt der computeranimierte Zwerg bestimmt keinen Schönheitspreis und warum die Puppe auch im Remake unbedingt Chucky heißen will, bleibt wohl das Geheimnis des Drehbuchautors, es ist für den Zuschauer nämlich einfach nicht nachvollziehbar gestaltet. Im Original war der Titel noch eine Ableitung vom Massenmörder Charles Lee Ray, in der aktuellen Version wird der Name ohne einen begründeten Bezug verwendet. Jedenfalls entwickelt sich Chucky schnell zum besten Freund von Andi, während die künstliche Intelligenz jeden Tag dazulernt. Ich persönlich hätte mir hier eine bisschen flüssigere Erzählweise gewünscht, Child's Play braucht für meinen Geschmack zu lange, um in die Gänge zu kommen, aber keine Angst, wenn der Film dann ab ungefähr der Hälfte aufs Gaspedal drückt, dann richtig!
Den jeder, der der oben genannten "beste Freunde" Beziehung zwischen Andi und Chucky in die Quere kommt, kriegt ein gewaltiges Problem mit Chucky. Die Mordsequenzen sind atmosphärisch dicht, innovativ, blutig und temporeich umgesetzt, hier haben die Macher wirklich ganze Arbeit geleistet. Die Effekte wirken streckenweise sehr hart und schockierend und der plötzliche Wechsel des Grundtenors von kindlich naiv auf brutale Horrorelemente ist dem Regisseur Lars Klevberg bestens gelungen. Ein besonderes Lob verdient zusätzlich die optisch und technisch überzeugende Darbietung der künstlichen Intelligenz Chucky's, parallelen zur Benutzeroberfläche von Robocop lassen sich hier erkennen.
Ein weiterer Pluspunkt der aktuellen Adaption ist die Ironie und der streckenweise pechschwarze Humor, mit welchem das Thema "Smartphone Generation" hier unterschwellig kritisch beäugt wird. Heut zu Tage muss so ziemlich jeder mit jedem vernetzt sein, Child's Play legt indirekt den Finger in die Wunde und zeigt mögliche Nachteile der zunehmenden Digitalisierung und des technischen Fortschritts auf, natürlich nur so weit, wie es in einem Horrorfilm möglich ist, so sehen wir zum Beispiel im gut in Szene gesetzten Finale in der Fabrik, was passieren kann, wenn der Mensch die Kontrolle über seine Erfindungen verliert.
Schauspielerisch verdient sich keiner des gesamten Castes eine gesonderte Erwähnung, die Besetzung ist solide, alle Beteiligten, Erwachsene und Kinderdarsteller, agieren auf eher durchschnittlichem Niveau mit Potenzial nach oben, für eine Horrorfilmproduktion kann man die Rollendarbietung jedoch als in Ordnung bezeichnen. Wirtschaftlich konnte Child's play 2019, dessen Produktionsbudget bei knapp 10 Millionen $ liegt, in Amerika knapp 30 Millionen Dollar einspielen und liegt hier, unbeachtet von der Inflationsentwicklung, mit dem Original aus dem Jahr 1988 ungefähr gleich auf. Am Ende des Kinoabends habe ich mich trotz der merklichen Anfangslängen auf jeden Fall gut unterhalten gefühlt, so dass ich den Besuch nicht bereut habe. Gute 7 von 10 Punkte, was einer Schulnote von "2-3" entspricht.