Zemeckis dreht eine Robinsonade und verpflichtet Tom Hanks als inselgestrandeten Fedex-Paketboten, der das Überleben lernt, obwohl sein Handwerkszeug gleich Null ist. Aber die Hoffnung und die Liebe sind mächtige Faktoren.
"Cast Away" hat dick eingespielt, doch bei genauem Hinsehen kann es nur der Name von Hanks gewesen sein, der die Leute angesprochen hat, denn einen derart unausgewogenen Film habe ich von Zemeckis noch nicht gesehen.
Zunächst muß man sich erst einmal durch die Vorgeschichte kämpfen, die inhaltlich so aussieht: Hanks arbeitet bei Fedex, hat nie Zeit für seine Freundin, will sie aber demnächst heiraten, was um so trauriger ist, weil er eben abstürzt und für tot gehalten wird. Leider ist diese einführende halbe Stunde weniger den Menschen gewidmet, als vielmehr dem real existierenden Unternehmen Fedex, das hier soviel gratis Werbung für Schnelligkeit, Service und Dienstleistung erhält, daß es den kompletten Film finanziert haben muß. Derart dick aufgetragenes Product Placement ist geradezu beleidigend.
Nach einem äußerst realistischen Flugzeugabsturz (mein Kompliment!) folgt dann im Mittelteil die Robinsonade auf einer felsigen, von Riffen gut abgeschirmten und nur von wenig Vegetation (Kokospalmen) bewachsenen Insel im Pazifik. Hanks hat außer einem Gummiboot, einer Taschenlampe und ein paar angspülten Fedexpaketen nichts und die enthalten auch noch teilweise unnütze Dinge, aber immerhin metallene Schlittschuhkufen und einen Volleyball, der bald als "Wilson" der Ansprechpartner des Einsamen wird. Ein Paket wird nie geöffnet und am Ende selbstverständlich ausgeliefert - die Peinlichkeit ist komplett.
Man wird nun Zeuge von all den Unzulänglichkeiten mit denen sich ein Mensch unseres Kulturkreises herumschlagen muß, wenn nichts da ist. Unterschlupf bauen, Feuer machen, an sich selbst eine Zahnbehandlung vornehmen, schließlich ein Floß bauen. Das wird alles kommentarlos dargeboten, nüchtern, ohne falsches Gefühl oder Pathos. Jedoch bleibt der Zuschauer, anders als bei Robinson etwa, dadurch ständig auf Distanz, weil der innere Monolog, die Erzählerstimme fehlt. Die Situation wirkt realer, aber die Reaktion ist lediglich, daß einem selbst das bloß nicht passieren soll, die gefühlsmäßige Bindung bleibt aus.
Ein plötzlicher Zeitsprung über vier Jahre reißt den Zuschauer dann schließlich komplett aus dem bemühten Aufenthalt auf der Insel, denn Hanks hat sich langsam eingerichtet, ist firm im Umgang mit dem Leben auf der Insel, hat aber auch langsam einen auf Einsamkeit beruhenden Dachschaden entwickelt, welcher verständlich ist.
Als müsse einfach ein weiteres Kapitel des Films zuende gebracht werden, kommt endlich die entscheidende Idee für die Überwindung der Riffe und die Floßfahrt (entbehrungsreich, klar) kann beginnen. Längst aber schon fokussiert sich das Interesse auf die große, daheimgebliebene Liebe, die ja wohl hoffentlich auf ihn warten wird, obwohl das bei viereinhalb Jahren wohl illusorisch ist.
Die finale halbe Stunde liefert dann das Erwartete und das Beste, was man sagen kann, ist der Verzicht aufs Happy End, denn die Gute ist verheiratet und mit Kind unterwegs, jedoch ihm gefühlsmäßig bald wieder zugetan. Am Ende bleibt Hanks an einem Kreuzweg in der Ödnis zurück und blickt in die Kamera, fast ebenso ratlos wie in der Einsamkeit der Insel, denn nun stehen ihm alle Wege offen, damals keiner.
Leider macht die Heimkehr des Insulaners aber weniger Spaß, da das sensationelle Wiedersehen nur ausgiebigst in der Fedex-Familie gefeiert wird, die offensichtlich ja alles für ihre Angestellten macht, aber anderes hat man schon gar nicht mehr erwartet.
Jede Episode an "Cast Away" an sich ist gut gespielt und kann für sich selbst durchaus stehen, aber als Film insgesamt vermag der Film wenig geschlossen zu wirken und spricht den Zuseher auch nicht genügend an, weil er den Figuren erst etwas, dann gar keine oder schließlich sehr viel Tiefe geben will, aber das Skript dieser Absicht nicht entsprechen kann.
Eine gute Leistung Hanks in jedem Fall, aber darstellerisch hat er schon Besseres geboten. Zwiespältig in jeder Hinsicht. (5/10)