Pünktlich zum Start des neuen Jahrtausend, und vier Jahre bevor die TV-Serie Lost das Thema “Überlebenskampf auf einer einsamen Insel” zu einem globalen Phänomen und Publikumserfolg machte, brachte Regisseur Robert Zemeckis (Forrest Gump, Zurück in die Zukunft 1-3), einen modernen, vom Romanklassiker Robinson Crusoe inspirierten Abenteuerfilm in die Kinos. Im Gegensatz zu der mysteriösen TV-Erfolgsserie legt Zemeckis jedoch besonderes Augenmerk auf die Glaubwürdigkeit und die Aussagekraft seines Survival-Trips.
Chuck Noland (Tom Hanks) ist ein ehrgeiziger leitender Angestellter und lebt den Unternehmensgeist seines Arbeitgebers – dem großen multinational operierenden Logistikunternehmen FedEx. Die Zeit ist demnach ständig knapp und es gilt, diese so effizient und produktiv wie möglich zu nutzen. Um seinen internationalen Geschäften nachkommen zu können, muss sein Privatleben hinten anstehen. So verschiebt er nicht nur seinen längst überfälligen Zahnarzttermin, sondern auch die Weihnachtsfeier mit seiner Freundin und großen Liebe Kelly (Helen Hunt). Als er auf dem Weg zu seinem neuen Auftrag als einziger einen Flugzeugabsturz im Südpazifik überlebt und sich bald darauf auf einer kleinen unbewohnten Insel wiederfindet, beginnt er jedoch, den wahren Wert von Zeit zu erfahren.
Cast Away ist ein ruhiger, aber sehr intensiver Film, der Elemente aus Abenteuer und Drama gekonnt miteinander verschmelzen lässt. Bis auf den technisch exzellent umgesetzten Flugzeugabsturz wird zwar kaum Action geboten, dafür ist der Film aber spätestens ab diesem Zeitpunkt so unglaublich spannend, dass die knapp zweieinhalb Stunden Laufzeit wie im sprichwörtlichen Fluge vergehen. Ständig warten neue Fragen auf Antworten: Ist Chuck alleine auf der Insel? Woher stammen die merkwürdigen Geräusche? Was ist in den Paketen, die an den Strand gespült werden? Wird Chuck von der Insel entkommen? Und wenn ja, wie? Was passiert nach seiner Wiederankunft in der Zivilisation? Was ist aus Kelly geworden? Und vor allem: werden sie am Ende wieder ein Paar?
Die Rahmenhandlung von Cast Awayist zwar recht simpel gestrickt, birgt aber gleichzeitig – wie auch schon der Klassiker – eine Menge Potenzial, Themen jenseits der genretypischen Abenteuer-Pfade zu erforschen. So hinterfragt Zemeckis kritisch den “Modern Way of Life” und beleuchtet sowohl die sozialen Verhältnisse als auch die beruflichen und privaten Konsequenzen, die sich daraus für den Einzelnen ergeben können. Dabei verkörpert Tom Hanks den gestrandeten Karrieristen mit überzeugender Hingabe und durchläuft im Verlauf der Handlung nicht nur eine psychische, sondern auch eine sichtbare physische Transformation. Damit er das anfängliche Übergewicht seines Rollencharakters glaubhaft verlieren konnte, wurde der Dreh sogar für mehrere Monate unterbrochen.
Ein weiteres Kuriosum des Films ist die originelle Besetzung der, ich nenne sie mal frech, zweiten Hauptrolle – und zwar mit einem Volleyball namens Wilson. Dieser fungiert nicht nur als Chucks stummer Ersatzgesprächspartner auf der Insel, sondern auch als Alter Ego und somit als ein Spiegel seiner eigenen Psyche. Chucks Pseudo-Dialoge mit Wilson sind mal witzig, mal tiefgründig und manchmal sogar richtig anrührend. Wilsons stumme aber gleichzeitig ausdrucksstarke Präsenz ist ein absolutes Highlight und kleiner Geniestreich der Filmkunst. Ein Eintrag in der internationalen Datenbank des Films (IMdB) wurde ihm bereits gewidmet. Und sollte es irgendwann eine Fan-Seite auf Facebook geben, so würde mich das nicht wundern. Bis bald, Wilson!