„Cast away“ ist nach „Forrest Gump“ die zweite Zusammenarbeit von Regisseur Robert Zemeckis und Tom Hanks. Leider kommt sie an ihre erste nicht heran...
Aber immer der Reihe nach, erst mal was zur Story:
Der Film behandelt die altbekannte Robinson Crusoe Geschichte, mit dem Unterschied, dass die Handlung in die Neuzeit verlegt wurde und der Film nicht mit der Flucht von der einsamen Insel endet, sondern die „Wiedereingliederung“ des Gestrandeten in die ihm fremd gewordene Gesellschaft zeigt. Dadurch kann man den Film leicht in 3 Teile unterteilen:
Im ersten Teil sieht man Chuck Nolands Leben, seine Freundin, seine Familie und vor allen Dingen seine Arbeit bei Fed Ex. Chuck ist nämlich ein Workaholic, der nie Zeit hat und immer von Land zu Land reisen muss, um dort die Zweigstellen seiner Firma zu überprüfen. So beginnt der eigentliche Film dann auch in Russland, wo Hanks den etwas begriffsstutzigen Russen die Arbeitsphilosophie von Fed Ex klarmacht. Dieser Storyteil zeigt zwar zum einen gut den arbeitsüchtigen Nolan, andrerseits ist er nur ein Vorwand für die größte Product Placement Kampagne, die ich je in einem Film gesehen habe. Schon in der ersten Szene des Filmes sieht man in Großaufnahme einen Fed Ex Laster durchs Bild fahren und ab dann erzählt Hanks andauernd, wie schnell und gewissenhaft „sein“ Unternehmen doch sei. Sogar beim Weihnachtsessen hat die Familie nichts anderes zu tun, als über die Geschichte von Fed Ex zu reden. Ich für meinen Teil fand das regelrecht dreist, besonders, weil es teilweise gar nicht mehr in die Handlung passte und wie ein gigantischer Werbespot anmutete. Musste sich Dreamworks denn den ganzen Film von Fed Ex finanzieren lassen? Hatten die kein eigenes Geld? Jedenfalls hinterlässt der Film durch diese Werbung schon am Anfang einen trüben Beigeschmack beim Zuschauer.
Außerdem handelt der erste Teil von Hanks Freundin, gespielt von Helen Hunt, der sein „Leben mit dem Piper“ zwar missfällt, die es aber duldet. Im Grunde herrscht hier das fast perfekte Glück zwischen den beiden. Es endet damit, dass ein Routineflug von Noland mitten über den Meer abstürzt (in einer der besten und intensivsten Absturzszenen der Filmgeschichte).
Der zweite Teil des Filmes zeigt dann wie Noland auf die Insel kommt und versucht, zu überleben. Besonders eindrucksvoll (und nachvollziehbar) ist da eine Szene, in der er versucht, seinen entzündeten Zahn mit einem Schlittschuh und einen Stein auszuschlagen. Neben den physischen Strapazen handelt dieser Teil vor allen Dingen von den psychologischen Aspekten der Einsamkeit. So sucht sich Chuck zum Beispiel einen Volleyball („Wilson“) als Gesprächspartner. Nach 4 Jahren auf der Insel hat er ihn schließlich als gleichwertigen Freund akzeptiert, ist aber mit seiner Kraft am Ende. Er versucht einen letzten Ausbruchsversuch und segelt mit einem selbstgebauten Boot davon.
Ab hier beginnt der letzte Teil des Filmes. Hanks wird gefunden, kommt nach Hause und versucht sich wieder im Leben zurecht zu finden. Leider beschränkt sich dieses „Zurechtfinden“ fast ausschließlich auf die Liebe zu seiner alten Freundin, die inzwischen einen Zahnarzt (Ironie des Schicksals?) geheiratet und einen Tochter hat. Das ist meiner Meinung nach mit die größte Schwäche vom Film: Hat der Mann überhaupt keine anderen Probleme als seine alte Liebe? Da hätte man soviel draus machen können, aber nein, die ganze Zeit weint er ihr nach oder unterhält sich mit ihr, um dann rauszufinden, dass es zwischen ihnen nicht mehr klappen kann. Hier hat der Regisseur viel Potential verschenkt, und aus dem Drama wird ein klassischer und ziemlich kitschiger Liebesfilm.
Ein weiteres Problem, an dem der Film krankt, ist seine komplexe Handlung. Zemeckis versucht in 2 Stunden einfach zu viel abzuhandeln. Aus Komödie wird Drama, aus Drama Überlebenskampf und daraus dann Liebesfilm. Was raus kommt, ist nichts halbes und nichts ganzes. Irgendwie ist jeder der 3 Teile des Filmes zu kurz und zu oberflächlich geraten, da der Regisseur es in so kurzer Zeit einfach nicht schaffte, tiefgründiger zu werden und dadurch viele Probleme einfach nur streift. Das diese Symbiose viele Genres eigentlich auch klappen könnte, hatte uns der Regisseur mit Forrest Gump bewiesen. Aber man hat eben auch mal schlechte Tage...
Das reißen auch die grandiosen Hauptdarsteller nicht mehr viel raus. Tom Hanks, genial wie immer, kann sogar in seiner „One-Man-Show“ auf der Insel ohne weiteres Überzeugen und wirkt immer glaubwürdig (besonders in seinen Monolog über seinen versuchten Selbstmord am Ende des Films), genauso wie seine Filmpartnerin Helen Hunt. Ansonsten gibt es in dem Film eigentlich nur Nebendarsteller, die nur mal kurz durchs Bild huschen und sich so einer Bewertung entziehen.
Die Musik schrieb wieder mal Alan Silvestrie. Allerdings hört man seine sehr traurige (aber nicht kitschige) Komposition erst im letzten Teil des Films, vorher hört man entweder schöne russische Musik (im ersten Teil) oder gar nichts, wie auf der Insel. Das unterstützt auf alle Fälle sehr die Atmosphäre und wirkt ziemlich außergewöhnlich.
Ja, was kann mal also insgesamt sagen? Auf alle Fälle ist der Film trotz seiner Drehbuchschwächen ziemlich interessant und langweilt keine Minute, bloß Gegner von Hollywoodtypischen Liebesfilmen sollten unbedingt die Finger von ihm lassen (oder ab Nolands Flucht von der Insel nicht mehr weitergucken).
6/10