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X-Men: Dark Phoenix beginnt mit dem ersten Aufeinandertreffen von Prof. Xavier und der damals noch sehr jungen Jean Grey, welche nach einem traumatischen Erlebnis aufwacht. Er verspricht ihr, ihr die Kontrolle über ihre Kräfte lehren zu können und sie willigt nach anfänglichem Zögern zu, seine Schule zu besuchen.

Zeitsprung in die Gegenwart von 1992. Die X-Men werden von Professor X unter der Führung von Mystique ins All geschickt, um die Crew des Space Shuttles Endeavour zu retten, welches kurz davor steht, von einer Anomalie getroffen und verschlungen zu werden. Die Rettungsmission gelingt, doch Jean Grey wird von den kosmischen Strahlen bombardiert. Sie überlebt, doch war es nicht einfach eine gewöhnliche Sonneneruption oder dergleichen, sondern eine Urkraft, welche in Jean einen Wirt gefunden hat. Schon bald leidet sie unter Anfällen und wird immer mehr zu eine Bedrohung für die sie umgebenden Menschen und Mutanten und nach einer für sie schockierenden Enthüllung verliert sie ihren Glauben an Professor Xavier Ideale und wendet sich von ihm und den X-Men ab, just als ihre Kräfte immer gewaltiger werden und neue Dimensionen annehmen. Schon bald wird sie von allen gejagt, Menschen, Mutanten und nicht zuletzt auch von einer außerirdischen Rasse, die ihr ganz eigenes Interesse an der neuen Kraft von Phoenix hat.

Dark Phoenix, der nunmehr vierte Teil des X-Men-Reboots hat auf etlichen Seiten herbe Kritiken hinnehmen müssen und leider konnte auch ich mich dem nur bedingt entziehen. Vor allem Apokalypse hat bei mir keinen positiven Eindruck hinterlassen und so schienen mir die Rezensionen, ohne Dark Phoenix gesehen zu haben, durchaus glaubhaft. Von eine überforderten Sophie Turner war die Rede, einer permanenten, musikalischen Dauerbeschallung, einem Handlungsverlauf, der immer mehr und mehr Charaktere auf die Leinwand wirft und keinem von ihnen gerecht wird und den notwendigen Platz einräumt. Ein weiteres Mal scheint die Dark Phoenix-Saga zu einer unwürdigen Verwurstung verkommen zu sein, doch spielt die Geschichte innerhalb des X-Versums in der höchsten Liga und teilt sich einen legendären Status mit anderen Marvel-Klassikern wie beispielsweise "Kravens letzte Jagd", "Infinity War" und wie sie alle heißen. Dabei haben die Comic-Hefte naturgemäß mehrere Vorteile, sie können Spannung über mehrere Hefte aufbauen, verschiedene Gruppierungen einbringen und die auch Effekte kosten nicht mehr als eine andere, gewöhnliche Seite. Und so manch einer würde in einer serienartigen Umsetzung das geeignetere Medium sehen, um die Geschichte in all ihrer Tragik, Pracht und Reichweite präsentieren zu können, doch kann auch dies sehr nach hinten gehen, wie nicht zuletzt eben erst die Inhumans gezeigt haben. So sponn sich auch das "Zeitalter der Apokalypse" über mehrere Heftreihen und Monate und fand einen denkwürdigen Abschluss mit Auswirkungen auf das Leben danach - und der nach dieser Reihe benannte Film wurde dem in keinster Weise gerecht, auch wenn man natürlich einwenden muss, dass der Stoff für Fans der Filme und ohne Kenntnisse der Vorlage wohl noch schwerer zu verdauen gewesen wäre. Von einer Verfilmung von Onslaught mal ganz zu schweigen.
Also ging ich mit gemischten Gefühlen ins Kino und wurde überrascht, auf positive Art und Weise, sonst würde ich nicht nach langer Zeit wieder selbst eine Kritik schreiben. Ich habe das Gefühl, ich muss der schlechten Nachrede des Films einen Gegenpol stellen, denn den gelesenen Rezension kann ich in ihrer negativen Haltung zu Dark Phoenix nun kaum noch etwas abgewinnen, auch wenn sie in dem einen oder anderen Punkt durchaus Recht behalten. So stimmt es wohl, dass die Musik permament eingespielt wird. So glaube ich auch, dass Turners Talent noch ausbaufähig ist. Und so haben mich die ersten Minuten noch Logiklöcher beschäftigt (die Multifunktionalität der X-Men-Uniformen im All, die Asymmetrie technischer Natur zugunsten der X-Men und zum Nachteil der restlichen Welt - was mir zugegebenermaßen immer schon ein Dorn im Auge war, doch spiegeln die Filme in dieser Hinsicht nur ihre Vorlage wider - und andere Kleinigkeiten). Und doch muss ich sagen oder vielmehr schreiben, dass die Musik trotz oder gerade wegen ihres steten Einsatzes ein Gefühl der Bedrohung aufrecht erhält. Sofie Turner habe ich nach Apokalypse ebenfalls nicht zugetraut, eine derart wichtige Rolle zu spielen und ja, dieses oder jenes wäre anderes vielleicht besser gelaufen, doch bringt sie die innerliche Zerissenheit in manchen Szenen sehr gut rüber. Ebenfalls gut gefallen hat mir, dass McAvoys Professor nun - ich bin mir der Ironie bewusst - nur allzu menschliche Seiten zeigt, zweifelhafte Entscheidungen trifft und sich des Ruhms und Applauses erfreut und sich darin zu sonnen vermag, Anzeichen für den Fall einer durchaus helden- und tugendhaften Figur. Was die anderen Charaktere anbelangt so haben die meisten oftmals wenig zu tun und scheinen eher das Ensemble zu vervollständigen, doch den Fokus auf Jean Grey und Professor X fand ich gelungen. Auch McCoy, Mystique und Magneto erhalten Zeit auf der Leinwand, doch dreht sich die Geschichte nun mal nicht um sie. Ähnlich wurde in der ersten Trilogie verfahren, in der im zweiten Teil die Geschichte Wolverines das erzählerische Zentrum gebildet hat.
Dark Phoenix scheint mir bisweilen trotz der Musik und Action sogar einer der ruhigeren Filme des Franchise zu sein, die Action ist vorhanden, aber irgendwie wirkt alles irgendwie kompakter, kleiner, weniger pompös und es gefällt mir; die Kameraführung und der Schnitt tragen meines Erachtens dazu bei; besonders Hank McCoys Verzweiflung wird in einer bestimmten Szene mittels einer Naheinstellung sehr mitreißend eingefangen. Apropos mitreißend eingefangen, gegen Ende hin kann sich Dark Phoenix wirklich austoben und die Macher schaffen es tatsächlich, der Figur eine Bedrohlichkeit einzuhauchen, welche viele andere Erzfeinde der X-Men (*hust* Apokalypse *hust") verblassen lässt.

Es ist wohl nicht alles eitel Sonnenschein. Die außerirdischen Lebensformen hatten in der Comic-Vorlage eine gänzliche andere Bedeutung und verkommen hier nur zum Abziehbild von Eroberern, wie man sie seit Jahrzehnten kennt; dieser Punkt stellt hinsichtlich der Divergenz zwischen Comic und Film den für mich größten Knackpunkt dar, weil er viel Schuld von der Figur der Jean Grey nimmt. Unzufrieden bin ich auch mit der Darstellung von Cyclops, der eigentlich der geborene Anführer sein und das Team zusammenhalten sollte, doch wie in den vorangehenden Filmen verkommt er auch hier wieder nur zur Randnotiz und beiläufigen Liebesgeschichte.

Mir hat X-Men: Dark Phoenix so gut gefallen, dass ich ihn den besseren Filmen des langlebigen Franchises zuordne und um eine Zuordnung zu ermöglichen hier meine persönliche Einstufung der Reboot-Filme - First Class, Dark Phoenix, Days of Future Past und Apokalypse. Sophie Turner/Jean Grey meinte im Vorgänger, dass der dritte Teil immer der schwächste sei und ich stimme ihr zu. Dark Phoenix mag den Vergleich mit Endgame nicht standhalten, doch er ist in meinen Augen und in seinem eigenen Universum ebenfalls eine Art Wiedergeburt.

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