Man möchte meinen gegen Ende der 70er Jahre hätte der Lederhosenfilm keine neuen Ideen vorzuweisen, doch diese Annahme stimmt nur oberflächlich. Waren schon die Vorgänger allesamt akzeptabel bis richtig unterhaltsam, so gewinnt die Reihe immer mehr an Schwung und Esprit. Genau wie diese ersten drei Teile funktioniert auch der vierte unabhängig von seinen Namensvettern und erzählt eine neue Geschichte. Allerdings bleibt man bei beinahe der gleichen Personenkonstellation wie im Vorgänger. Das Spannungsverhältnis zwischen Peter Steiner und Franz Muxeneder wird aufrechterhalten, mit einem kleinen Unterschied: Peter Steiner spielt einen Bahnangestellten und nicht wie im vorigen Film einen anderen Bürgermeister. Ansonsten ist alles beim alten geblieben, die Location ist nahezu dieselbe, auch wenn die Story einen anderen Schwerpunkt wählt. Sogar die Namen der Protagonisten sind gleich geblieben, genau wie die Sidekicks Karl (Georg Einerdinger) und Willy (Erich Kleiber).
Diesmal steht wieder der gute alte Beischlaf im Vordergrund, heftig angedeuteter Oralsex und jede Menge Nudity inklusive. Manche Szenen sind recht explizit und gehen soweit, wie es Softerotikfilmen eben möglich ist. Dagegen treten die überspitzten Prügelszenen und sonstigen Derbheiten in den Hintergrund, auch wenn es verbal immer noch sehr grob vonstatten geht. Köstliche Dialoge und schrullig altmodische Situationskomik brachten damals das bayerische Publikum zum Lachen und heute den nostalgischen Trash-Fan. Doch wahrer Trash sieht anders aus, dafür ist „Liebesgrüße aus der Lederhose 3“, genau wie seine Vorgänger und Nachfolger, handwerklich einfach zu versiert gemacht. Außerdem nimmt den Nonsens sowieso keiner ernst, sodass die eigentlich hoffnungslos unterforderten Mimen ihrer Spielfreude freien Lauf lassen können. Und nicht nur Peter Steiner ist der Spaß an diesen hirnlosen Rollen deutlich anzumerken, manchmal macht man einfach gerne den Kasper.
Doch nicht nur der spätere ‚Stanglwirt’ Peter Steiner geht in seiner Rolle voll auf, dasselbe gilt auch für seinen Gegenspieler Muxeneder. Ihre zänkischen Auseinandersetzungen zeigen noch keine Abnutzungserscheinungen, dafür harmonieren die beiden Charakterdarsteller einfach zu gut miteinander. Erich Kleiber ist als Steiners bester Freund Willy zu sehen und hat denselben Spaß, mimt glaubhaft den schwächlichen und schüchternen, doch loyalen Freund, der von Seiten Steiners allerdings auch einiges einstecken muss. Muxeneders Figur wird von dessen schöner Frau zum Hahnrei gemacht – anders als im ersten Teil sind die Männer hier aber alles andere als überfordert mit der weiblichen Unersättlichkeit.
Besonders schön ist eine schreiend komische Sequenz, in der Rosl Mayr im Vordergrund steht. Mayr war zu diesem Zeitpunkt bereits jahrzehntelang in Bayern bekannt. Als Theater-, Film- und TV-Darstellerin war sie bei Publikum und Kritik gleichermaßen anerkannt und beliebt. Ihre krächzige Stimme verlieh ihr einen einzigartigen Stil, den sie sich gegen Ende ihrer Karriere zunutze machte und als Sidekick auftrat in diversen Sexfilmen. Wie sonst auch immer spielt sie in der „Liebesgrüße“-Reihe stets eine grantige Frau, die mit schlechter Laune und konservativer Einstellung hin und wieder dazwischen funkt. Auch hier ist sie in dieser Paraderolle zu sehen und nimmt in besagter Sequenz ihr eigenes Image als anerkannte Operettensängerin sehr selbstironisch aufs Korn. Völlig betrunken jault sie den Gästen ein Lied vor, bei dessen Verlauf sie den Text vergisst und nur unverständliches Zeug hinaus schreit.
Ansonsten bietet auch der vierte Liebesgruß viele weitere denkwürdige Szenen und gnadenlos hirnverbrannte Zitate. Das leicht nervige Overacting Einerdingers soll hier als Kritikpunkt festgehalten werden, nichtsdestotrotz harmonieren die aufeinander eingespielten Darsteller so gut, dass man diesen Aspekt leicht verschmerzen kann. In einer Szene wird eine Frau von hinten genommen und hat eine klappernde Kuhglocke um den Hals – solch frauenfeindliche Darstellungen sind zwar immer wieder in der Reihe vorhanden, werden aber durch die betont lockere Atmosphäre in einen harmloseren Kontext gestellt. Misogynie ist den Filmen oftmals vorgeworfen worden, dieser Vorwurf kann bei einer bewusst ironischen Farce allerdings kaum greifen, immerhin ist die männliche Charakterisierung ähnlich eindimensional.
Im Verlauf der originellen Geschichte kommt es immer wieder zu Abwechslung und für die eigentliche Story lässt sich Gunter Otto merklich Zeit. Sein Blick für das Detail lässt gerade die nebensächlichen Aspekte in den Vordergrund treten und konzentriert sich auf die Verballhornung bayerischer Gepflogenheiten und Klischeevorstellungen.
Fazit: Turbulenter, ganz und gar gelungener Erotik-Spaß aus Oberbayern. Wer einen Sinn für diese schundigen Kultstreifen besitzt, sollte unbedingt zugreifen. Alle anderen haben doch eh keine Ahnung von wahrer Filmkunst. ;)
7,5 / 10 für soviel unverblümten Charme…
In Anbetracht der wichtigen Storyline um den Bordell-Zug, wäre der Untertitel des Vorgängers „Sex-Express aus Oberbayern“ wesentlich angebrachter gewesen als „Die versaute Hochzeitsnacht“, die in der Handlung eigentlich nur einen nebensächlichen Teil ausmacht.