Wolfgang Becker schuf mit „Good Bye, Lenin!“ eine gelungene Mischung aus Drama und Komödie über den Versuch, drohenden Identitätsverlust durch Vorspielen falscher Tatsachen zu schützen.
Zur Zeit des Umbruchs in der DDR erleidet Alex systemtreue Mutter einen Herzinfarkt und liegt daraufhin acht Monate im Koma. Just zu dieser Zeit fällt die Mauer, das DDR-System scheint sich binnen weniger Wochen aufzulösen und weicht dem Einzug westlicher Konsumgüter.
Alex Mutter wacht wieder auf, doch ihr Zustand ist kritisch. So versucht Alex mit Hilfe von Familie und Freunden, der Mutter ein unverändertes Bild der DDR vorzuspielen, doch langsam bröckelt die Fassade…
Becker schafft es tatsächlich, eine gelungene Balance zu finden, ohne dabei verklärt oder gar ostalgisch rüber zu kommen. Nichts wird beschönigt und ebenso wenig kaschiert, was durch authentische Fernsehbilder zur Zeit des Mauerfalls unterstützt wird.
Bei der Ausstattung wurde sehr akribisch vorgegangen, von der Wohnungseinrichtung, den typischen Tassen, bishin zu den Spreewaldgurken vermittelt es dem westdeutschen Zuschauer ein realistisches Bild und löst beim ehemaligen DDR-Bürger möglicherweise ein paar Wehmutstropfen aus.
Der leicht zynische Humor ergibt sich aus der Ernsthaftigkeit des Themas, wenn auf einmal ein riesiges Coca-Cola-Transparent ausgerollt wird, oder ein Zeppelin mit westlicher Zigarettenwerbung über den Plattenbauten schwebt.
Gegen Ende verselbständigt sich das Spiel, die DDR wird zur Fluchtstätte westdeutscher Bürger und Coca-Cola wird der Mutter als Getränk sozialistischer Herkunft verkauft. Eine groteske, aber auch angemessene und warmherzige Auflösung, die den plötzlich wieder auftauchenden Vater aus dem Westen nicht gebraucht hätte und an dieser Stelle etwas zu dick aufträgt.
Die ausgezeichneten Darsteller, - allen voran Katrin Saß als Mutter und Daniel Brühl als Alex - tragen einen Großteil des positiven Gesamteindrucks bei und auch der ausgezeichnete Score von Yann Tiersen verstärkt die warmherzige Stimmung, die der Streifen vermittelt.
Ein ungewöhnlicher Film aus Deutschland und dennoch typisch deutsch, aber ohne nennenswerte Klischees und glücklicherweise frei von politischen Wertungen.
8 von 10 Punkten