Der Pinguin verwechselt eine Fledermaus mit einer Schildkröte. Die Klingen an Batmans und Shredders Unterarmen verhaken sich ineinander. Turtle Van und Batmobil liefern sich ein heißes Duell durch Gothams Straßen. Purpur und Neongrün vermischen sich zu einem explosiven Gebräu. Donnatello hackt die Bathöhle. Batman serviert Pizza. Sodom und Gomorrha. DC und Image. Zwei Universen kollidieren miteinander. Nichts ergibt Sinn. Kein Stein bleibt auf dem anderen. Der Joker lacht. Reiner Irrsinn, pures Chaos.
Aber wieso wirkt „Batman vs. Teenage Mutant Ninja Turtles“ dann so entspannend auf die Sinne ein?
Wieso sorgt diese einfache, für den Videomarkt produzierte Comic-Adaption für eine Ausschüttung von Glückshormonen, die fast schon mit der Wirkung eines heißen Stücks Pizza konkurrieren kann?
Wieso fühlt man sich wieder in die früheste Jugend zurückversetzt, als man das letzte Taschengeld zusammenkratzte, um im örtlichen Kiosk das eigene Belohnungszentrum zu stimulieren?
Nicht alles lässt sich mit dem allseits präsenten Zauberwort „Nostalgie“ erklären, das automatisch mitschwingt, wenn die Helden aus Kindertagen auf einmal in einem gemeinsamen Abenteuer wider aller Verlagsbarrieren vereint sind. Manches könnte auch mit dem momentanen Zustand der Gattung des Superheldenfilms zu tun haben. Von denen rollen nämlich einige wie Schneebälle weiter munter den Hang hinab und werden immer fetter, während sie versuchen, ihre Erzählstränge unter Kontrolle zu bekommen. Zwei von ihnen sind inzwischen so fett, dass sie sich aneinander zu reiben und / oder zu platzen drohen. Die feine Spur der ersten Rollbewegungen ist verloren gegangen. Nichts passt mehr zusammen, alles wird in einen Topf geworfen, ob nun Zeiten, Figuren oder Orte, es wird gekreuzt, dass die Verkehrsampel nicht mehr weiß, wo rot und grün ist.
Dahingehend, so sollte man meinen, besteht eigentlich kein großer Unterschied zu dem Crossover zwischen Batman und den Turtles. Es gibt da aber eine entscheidende Ausnahme: Bei diesem schwerelosen One-Shot verlangt niemand, dass er in ein wie auch immer geartetes System passen muss.
„Batman vs Teenage Mutant Ninja Turtles“ ist vollkommen frei in den Gedanken, und zwar ab der ersten Sekunde. Die eher zweckmäßige, an Samstagnachmittag-Cartoons der 90er angelehnte Animation möchte niemanden beeindrucken in einer Welt, in der visuelle Meisterwerke wie „Spider-Man: A New Universe“ (2018) oder eben „Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem“ (2023) möglich sind. Die Macher wissen selbst, dass es da Spektakuläreres gibt. Und gerade deswegen beeindruckt die Animation dann doch unentwegt, unerwartet, in vielen kleinen, aber pointierten Momenten. Die Art, wie Michelangelo die Pizza von seinem eigenen Kopf schlürft und mit einem doofen Grinsen der Zufriedenheit entspannt. Wie die Verwandlung des Jokers zunächst in den Schatten getaucht wird und nur das weiße Gebiss übrig bleibt (ein bisschen wie bei der Grinsekatze aus Disneys „Alice im Wunderland“). Wie die Bildmontage den ganzen Film im Grunde zu einer übergroßen, pausenlosen Actionsequenz verkettet. All das verströmt eine unwiderstehliche Lockerheit und dadurch eine gewisse Besonderheit.
Der Film ist aber auch gerade frei in einer Disziplin, die „Mutant Mayhem“ vier Jahre später wieder das Genick brach: In der Story. Keine Notwendigkeit für Origin-Befindlichkeiten, kein Kind, das um seine ermordeten Eltern trauert, keine Babyschildkröten, die in der Kanalisation von einer Ratte aufgezogen werden. Splinter ist tatsächlich sogar bis auf eine kurze Einstellung einer der wenigen Charaktere, die in dem wahnwitzigen Kader von populären Figuren nicht auftauchen. Hier geht es einfach nur um zweckmäßigen Nonsens, der lediglich das eine Ziel hat, Fledermaus und Schildkröten aufeinandertreffen zu lassen und jede Partei das Universum der anderen genüsslich zerpflücken zu lassen. Niemanden interessiert es, wer hier was gestohlen hat, um welche größenwahnsinnigen Pläne wie auch immer in die Tat umzusetzen. Wichtig ist einzig und alleine der Gesichtsausdruck Bruce Waynes, wenn einer der grünen Mutanten mal wieder mit irgendeinem Spökes sein düsteres Weltbild durcheinanderbringt.
Von einem Crossover erwartet man sich eben keine großen Meisterwerke, sondern genau solche Freiheiten im Detail, die auch ein wenig Überraschung in eine Filmgattung bringen, welche mit ihren einfach strukturierten Gut-Böse-Weltbildern sonst eher auf Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit setzt. Natürlich weiß man auch diesmal, dass sich die Helden im ersten Akt gegenseitig auf die Mütze geben, bevor sie irgendwann endlich die Bösen ins Visier nehmen, doch wen interessiert schon das Was, wenn das Wie doch so viel mehr Spaß macht.
Und irgendwie schafft es Regisseur Jake Castorena, das wirre Skript weder mit Talking Heads füllen zu müssen, die sich um Kopf und Kragen reden, um eine Geschichte zu vermitteln, die im Grunde völlig irrelevant ist, noch verliert er in dem Ansturm aus Villains und Superhelden die Kontrolle. „Batman vs Teenage Mutant Ninja Turtles“ entpuppt sich trotz seiner Nonstop-Action als ein gut strukturiertes Abenteuer, das Fanservice zu betreiben vermag, ohne ihn wie einen unangenehmen Pop-Out-Effekt aus dem Konzept ragen zu lassen, und das Humor wohldosiert als Schmiermittel einzusetzen weiß. Wie gut Batman an der Seite ungleicher Partner wirkt, hätte er wohl selbst nicht geglaubt. Die Turtles sind ja nicht die einzigen Helden aus parallelen Universen, die sich mit ihm schon ein Duell geliefert haben (man denke etwa an die DC-Image-Kollaboration „Spawn/Batman“ von 1994), und stets ist es Batmans düstere Natur, die dem Buddy-Affen so richtig Zucker gibt, erst recht umringt von einer Truppe Teenager-Schildkröten. Das Zusammenspiel der fünf Helden ist definitiv der Motor dieses Films, obgleich auf Seiten der Gegner und Nebenfiguren auch viele Bälle zurückgespielt werden. So bringt der Pinguin eindeutige Vibes der 60er-Serie mit Adam West ins Spiel, Commissioner Gordon erlebt eine witzige Variation der Batman-verschwindet-heimlich-Situation auf dem Dach und gerade Poison Ivy hat als mutierte Pflanze einen brillanten Stand-Up-Comedy-Moment zu verbuchen. Vom Joker und Harley Quinn gar nicht erst anzufangen.
Dank der chemischen Verbindung des legendären Ooze mit einem Spur Joker-Wahnsinn wird es schließlich sogar auch visuell hochkreativ, als sich sämtliche Charaktere, nicht dass sie ohnehin schon am Rande des Irrsinns spazieren würden, in noch absurdere Gestalten verwandeln und das Spektakel auch noch zu einer Rocky Horror Picture Show gerät. Mit einer Scarecrow-Einlage und einer Handvoll recht garstiger Morde ist die Nummer ohnehin als ziemlich rabiat zu bezeichnen.
Weil Action, Absurdes und Humor so fein aufeinander abgestimmt sind, dass man auch als (Kind gebliebener) Erwachsener eine Menge Freude hat, stört man sich dann auch gar nicht erst an den offensichtlichen Kritikpunkten, die man anbringen könnte, wenn man es darauf anlegte: Die nicht ganz zeitgemäße Animation, die aber eben ihren eigenen Charme hat, oder das völlig undurchschaubare Drehbuch-Chaos, das aber den Weg freiräumt für die Dinge, die wirklich wichtig sind in einer Comicverfilmung. Und wenn es nun heißt „Mutant Mayhem“ oder „Batman vs Teenage Mutant Ninja Turtles“, dann muss die Wahl einfach auf „Batman vs Teenage Mutant Ninja Turtles“ fallen.