Review

Zwischen Bandsalat & Nostalgiehölle

„Videoman“ aus Schweden ist exzellentes Nischengenrekino und porentief Special Interest. Über Videokassetten und Sammel-Slacker, über Süchte und Sehnsüchte. Ein warmer wie eiskalter Film. 80s-Throwback durch eine messerscharfe, tödliche Linse - und doch wie nach Hause kommen. Über einen Horrorsuperfan, ehemaligen Videothekar und VHS-Sammler in seiner eigenen Welt, der zwischen Schulden, Träumen, einer neuen möglichen Partnerin und einem mysteriösen Angebot, das er nicht ablehnen kann. „Videoman“ zeigt, dass VHS noch lange nicht tot ist! 

Eine nasty Nische

Video Nasties, Raritäten, Sammlereditionen, Paranoia, Eigenbrödlertum, Synthesizer, Schnee in Schweden, Außenseiter, Nerds, Versager, Traurigkeit, Hoffnung. „Videoman“ ist so ein eigenes, kleines Juwel, bei dem ich richtig Spaß hatte und begeistert bin, das kann ich kaum in Worte fassen. Ganz klar seine besondere Nische, nur für uns. Niemand aus der Familie oder dem Freundeskreis wird seine Faszination auch nur ansatzweise nachvollziehen können. Aber ihr! Und ich! Wir! Dabei habe ich VHS nie wirklich gesammelt wie spätere Formate oder Vinyl oder Comics - aber diese Leidenschaft, Sucht, das Zusammengehörigkeitsgefühl lässt sich ja übertragen auf etliche Medien und Hobbies. Und da schlägt „Videoman“ schon klasse in eine Kerbe, eine Wunde, eine dreckige, düstere und drollige Schublade. Die verfilmte Filmbörse! Diesen Ennio („wie Morricone!“) werde ich sicher nicht so schnell vergessen. Und das mit den simpelsten Mitteln und drastischen Schwächen bei der Geschichte, den Schnitten und dem Spannungsaufbau. Das ist deutlich nah am Amateurbereich alles. Und dennoch hat es mir den späten Abend komplett versüßt. Die Atmosphäre, die Figuren, die Sperrigkeit und Spleens, die Offbeatigkeit und eigene Welt - einfach genial! Wenn Ennio und sein Kumpel vor einer Leinwand mit einem expliziten Freezeframe aus einem Sexfilm dann auf einmal leidenschaftlich darüber diskutieren, ob Fulci besser ist als Argento, wie weit man von dem Bild wegsitzen soll und ob das da gerade wirklich die Vagina einer ihrer Lieblingsdarstellerinnen ist oder nur ein haariges Double - dann hat es mich fast von der Couch geschmissen vor Lachen! Und Thrillerkomponenten und ein fast poetisches Ende gibt’s auch noch. Fantastisch.

Fazit: für Freaks (wie uns!) für die Worte wie Giallo, Slasher oder Bahnhofskino, Namen wie Laura Gemser oder Lucio Fulci, Filme wie „Amulett des Bösen“ oder „Thriller - En Grym Film“ nicht nur bekannt, sondern Leidenschaft, Leben, Liebe bedeuten. Mitleid trifft Bewunderung. Ein Synthwave-Schweden-Schneesmaragd! 

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