Was Sylvester Stallone in "Cliffhanger" schaffte, war für die Macher von "Vertical Limit" wohl zu realistisch. Jedenfalls wird auf diese Tour mal frischer Wind ins Genre gebracht und die Bestätigung, dass solche Filme immer noch gern gesehen werden, spiegelten die horenten Einspielergebnisse wieder. Mit Bond-Regisseur Martin Campbell war die spektakuläre Inszenierung schon mal gesichert, doch leider hapert es hier auf einer anderen Baustelle. Beginnend beim Drehbuch von Robert King (Die Piratenbraut, Red Corner), bis hin zu einer sehr blassen Vorstellung von Chris O´Donnell (Die Drei Musketiere, Max Payne). Trotzdem muss der hohe Unterhaltungswert hervorgehoben werden, der hier jeglicher übertriebenen Szene standhält.
Peter Garrett (Chris O´Donnell) und seine Schwester Annie (Robin Tunney) sind noch nicht über den Tod ihres Vaters (Stuart Wilson) hinweg, der bei einer Klettertour umkam. Nun bahnt sich eine erneute Katastrophe an, denn Annie sollte den Geschäftsmann Elliot Vaughn (Bill Paxton) zum Gipfel des K2 führen, doch aufgrund des schlechten Wetters und einer Lawine sitzen sie nun in einer tiefen Spalte fest. Peter bleibt nicht viel Zeit um Annie und die anderen zu retten, er setzt dabei auf die Erfahrung des Profis Montgomery Wick (Scott Glenn). Zu sechst macht sich der Rettungstrupp auf, Gepäck drei Ampullen mit Nitroglycerin. Doch schnell stößt man auf die ersten Hindernisse, derweil droht Annie an einem Lungenödem zu sterben.
Eigentlich schade, dass die Charaktere so oberflächlich bleiben, denn bei solch einem Film sollte richtig mitgefiebert werden. Aber hier kommt quasi eine dicke Klischeelawine auf uns zu, beginnend bei den Geschwistern Garrett. Da wäre das tragische Erlebnis, man hat sich seit mehreren Jahren nicht gesehen, Annie gibt ihrem Bruder insgeheim die Schuld, zudem ist Peter seit dem Tod seines Vaters nicht mehr geklettert. Dann der geldgierige Geschäftsmann Vaughn, welcher auf den ersten Blick sogar recht sympathisch ist, aber doch seine Leichen im Keller hat. Dann die Inder mit ihrer schrottigen Ausrüstung, wo sogar das gefährliche Nitro schon aus den Bottichen sifft. Campbell beginnt das Ganze mit der Selbstopferung von Vater Garrett und schon hier wird deutlich, wie spannend die Kraxelei in luftigen Höhen sein kann. Hinzu kommt diese eindrucksvolle Optik der verschneiten Berge, welche mit tollen Landschaftsaufnahmen und zahlreichen Panoramabildern punktet. Aber es braucht schon seine Zeit, bis das eigentliche Geschehen seinen Lauf nimmt, zuvor fräst sich Campbell förmlich durch die vielen Figuren und lässt dabei dankenswerter Weise den Humor nicht aus den Augen. Zahlreiche Onliner, besonders die der Brüder Bench, versüßen das mäßige Erzähltempo bevor man ans Eingemachte geht.
Doch zuerst muss noch Wick überredet werden, welcher schon seit Ewigkeiten die Leiche seiner Frau sucht und noch ein Hühnchen mit Vaughn zu rupfen hat. So schwenkt Campbell zwischen den stetig schwächer werdenden Eingeschlossenen und der Sechsergruppe hin und her. Vaughn zeigt bald sein wahres Gesicht, denn er will um jeden Preis überleben und wird für Annie zu einer ernstzunehmenden Gefahr. Doch besonders der gefährliche Aufstieg zum Gipfel des K2 fesselt den Zuschauer mit spektakulären Kletterszenen, bleibt im Gegenzug leider zu vorhersehbar. Bald häufen sich die Unfälle und eigentlich kann man sich schon denken, wer diesen Höllentrip überlebt. Und auch wenn "Vertical Limit" deutlich ein versöhnliches Ende ansteuert, so bleibt diese Rettungsaktion durchgehend spannend, denn rutschige Hänge, Lawinen und brechende Schneekuppen sorgen für jede Menge Furore. Auch ist die Machart durchgehend hochwertig, nur bei den großen Lawinen wurde sichtlich mit Animationen etwas nachgeholfen. Obendrein gibt es eine recht prominente Besetzung, doch O´Donnell und Filmschwester Robin Tunney (Der Zodiac Killer, Runaway) dürften sich ruhig mehr Mühe geben. Dafür sind Scott Glenn (Night of the Running Man, Extreme Justice) und Izabella Scorupco (Goldeneye, Die Herrschaft des Feuers) wirklich gut bei der Sache und auch der restlichen Riege kann man keine Vorwürfe machen.
Optisch ein Kracher und ohne Ende unterhaltsam, nicht mal das klischeeträchtige Drehbuch und blasse Darsteller mögen dies verderben. Trotzdem sollte man die rosarote Brille ablegen und feststellen, dass "Vertical Limit" storytechnisch nur unteres Niveau erreicht, dies durch spektakuläre Sequenzen aber einigermaßen übertünchen kann. Auf jeden Fall steht einer Sichtung nichts im Wege, man sollte sich aber schon auf das unrealistische Szenario einlassen können.