Review

„Blechcop auf Autopilot"

1987 überraschte der streitlustige Holländer Paul Verhoeven gleich mehrfach mit seinem Hollywood-Debüt. Dem als B-Reißer konzipierten Science-Fiction-Knallbonbon „Robocop" verpasste er geradezu genüsslich eine zynische Kapitalismus-Kritik-Breitseite sowie eine deftige Packung rabenschwarzen Humors. Mit dem nicht gerade alltäglichen Effekt, dass Intellektuelle und Freunde drastischer Gewalt unisono Beifall klatschten, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Gründen. Das war provokant, subversiv, deftig und höllisch unterhaltsam. Ein echter Verhoeven eben, und ein Glücksfall für das bieder-konservative US-Action-Kino der Dekade.

Der in dieser Form sicher überraschende Hit machte eine Fortsetzung praktisch unumgänglich. Der an Sequels gänzlich desinteressierte Verhoeven stand allerdings nicht mehr zur Verfügung, also griff man auf eine bewährte Aushilfe zurück. Irvin Kershner hatte sowohl bei der Star-Wars-Fortsetzung „Das Imperium schlägt zurück" (1980) wie auch beim Konkurrenz-Bond „Sag niemals nie" (1983) bewiesen, dass er im Rahmen bewährter Franchise-Strukturen eigene Akzente setzen und vor allem temporeich inszenieren kann. Soweit die Theorie. In der Praxis von „Robocop 2" sah das dann leider etwas anders aus.

Oberflächlich betrachtet fährt das Sequel wie auf Schienen in der vermeintlich dekodierten Erfolgsspur. Wieder gibt es eine von kapitalistischen Interessen machtgieriger Großkonzerne derangierte Welt in nicht allzu ferner Zukunft. Wieder wird die Mechanisierung der Polizei als Wohltat verkauft und als Unterdrückungs- und Kontrollinstrument missbraucht. Und wieder ist es lediglich „Robocop", der die finsteren Machenschaften der OCP-Behörde durchschaut und letztlich erfolgreich bekämpft. Das alles wird auch hier mit nicht gerade zimperlichen Gewaltszenen voran getrieben und mit mehrfach eingestreuten, betont sarkastischen Werbespots untermalt.

Dennoch ist so ziemlich alles schlechter wie beim kopierten Original, so dass sich die dort erzeugte Wirkung zu keinem Zeitpunkt einstellen will. „Robocop 2" ist - trotz höheren Budgets - nicht mehr als eine billige Jahrmarktaufführung des in jeder Hinsicht stimmigeren Verhoeven-Stücks. Wo Verhoeven in seinem unvergleichlichen Kolportage-Stil einen Subversions-Knallfrosch nach dem nächsten zündet, produziert Kershner lediglich Rohrkrepierer. Die Gesellschaftskritik kommt selbstzweckhaft und nicht hintersinnig daher. Die Gewaltspitzen folgen tradierten Actionmustern und entbehren gänzlich Verhoevens comichafter Übertreibung und bewusst übertriebener Drastik. Die Handlung verzettelt sich in zahlreichen Erzählsträngen die entweder ins Leere trudeln, oder den anderen im Weg stehen.
So taucht Murphys/Robocops (Peter Weller) Partnerin Anne Lewis (Nancy Allan) zwar gleich zu Beginn, aber dann erst wieder im Finale in relevanter Form auf. Anfangs stellt Murphy seiner früheren Familie nach, scheint sich aber nach dem ersten drittel urplötzlich nicht mehr dafür zu interessieren. Der mit der Designerdroge „Nuke" handelnde Unterweltboss Cain (Tom Noonan) wird zur Filmmitte faktisch getötet und dann von OCP ähnlich wie Murphy zu einem, natürlich noch mächtigeren, Polizeiroboter umfunktioniert. Leider wirkt diese Transformation weder tragisch, noch zynisch, sondern in erster Linie einfallslos und angesichts der nicht allzu überzeugenden Tricks auch ein Stück weit (unfreiwillig) komisch.  Schließlich hinterlässt auch die ebenso überflüssige wie wenig originelle Idee, den Teenager Hob zu Cains Nachfolger zu machen, einen faden Beigeschmack

Der heute fast schon kultisch verehrte Comicautor Frank Milller (u.a „300", „Sin City") hat sich hier als Drehbuchschreiber keinesfalls mit Ruhm bekleckert und einen offenkundig uninspirierten Abklatsch des Originalskripts zusammen geschustert. Weder gibt es einen roten Faden, noch irgendeine Art von spannungsfördernder oder gar -generierender Dramaturgie. Am Ende gelingt ihm wenig mehr als eine profane Aneinanderreihung mal mehr mal weniger erinnernswerter Episoden.  
Dass der Film dennoch unter Action-Puristen einen zumindest ordentlichen Ruf genießt, liegt sicherlich an der seinerzeit noch wirksamen Strahlkraft von Verhoevens Original sowie dem allseits ungeliebten dritten Teil. Vor allem aber dürfte sein ganz und gar unzimperlicher Gewaltlevel dafür ausschlaggebend sein. Hier wird zu keinem Zeitpunkt auf ein jugendliches Publikum geschielt, sondern schnörkellos drauf gehalten. Das hat zweifellos einen gewissen B-Charme, der aber in seiner Ausschließlichkeit weder zum Original passt, noch mit dem wenig zwingenden und gänzlich aufgesetzt wirkenden Versuch harmoniert, Verhoevens subversiven Unterton zu treffen. Als Action-Reißer für Freunde der etwas härteren Gangart noch leidlich unterhaltsam, ist „Robocop 2" damit als Sequel zu Paul Verhoevens Geniestreich eine durchaus deftige Enttäuschung.

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