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Ich habe nie die Nacht gesehen und nie die Sterne, habe nie Frühling, Herbst oder Winter erlebt. Ich wurde gegen Ende der Bremsjahre geboren, als die Rotation der Erde zum Stillstand kam. Es hatte zweiundvierzig Jahre gebraucht, um die Erdumdrehung abzubremsen, drei Jahre länger, als von der Einheitsregierung ursprünglich veranschlagt. Meine Mutter hat mir erzählt, wie die Familie gemeinsam dem letzten Sonnenuntergang zusah. Wie die Sonne ganz langsam versank und noch einmal innezuhalten schien, als sie den Horizont erreichte. Es dauerte drei Tage und Nächte, bis sie völlig verschwand (...)

Startschuss zu einer zumindest die nächsten Monate und bis ins Jahr 2020 hineinhorchenden und hinausreichenden Welle an chinesischen Science fiction Filmen potentieller Größenordnung (wie bald kommend Shanghai Fortress, Pathfinder, dem schon länger im Dreh befindlichen Warriors of Future und The Three-Body Problem); mit dem vorliegenden ersten Prestigeprojekt gleich als vollen Erfolg auf ganzer Linie, was neben einem Zuspruch beim Publikum inklusive einem Kinoeinspiel von 700 Mio USD. alleine in China selber auch einem (verhältnismäßigen) Fürsprechen der Kritiker miteinschließt. Das Genre dabei – und dies auch in der Endbewertung miteinfließend – noch als Übung, in der Probe quasi, ist die Gattung zwar in Form von oftmals einstündigen Low-Budget Webmovies, also rein für den schnellen Dreh und die kostengünstige Darbietung seit einigen wenigen Jahren durchaus vorhanden, allerdings zumeist als unfreiwillige oder manchmal auch freiwillige Trash-Darbietung, bessere C-Kategorie vielleicht und dort mit oftmals unter dem Radar laufenden Titel wie Sirius Task Force, Space Special Force, Machine Wars oder dem (zumindest auch ins Ausland distribuierten) Kung Fu Traveller Zweiteiler angelegt. [Der wie hier aus gleicher Quelle kommende, allerdings humoristisch angelegte Crazy Alien hat im selben Zeitraum immerhin auch fast 330 Mio USD eingespielt.]

Das ändert sich nun, wird der Gang in die nahe Zukunft, den Fortschritt, die Dystopie mit Aussicht auf letzter Rettung durch einen starken (chinesischen) Staat mit prosperierender Bemühung der Förderung auch von Industrie, Militär, aber auch Ökologie, Ökonomie und Wissenschaft, und nicht mehr der Rückblick auf die Vergangenheit oder das (artverwandte, aber nun grad unbeliebte) Ausweichen in die Fantasy angestrebt:

In naher Zukunft. Die Sonne ist ausgestorben, die Menschheit hat sich unter die Erde in Kuppeln zurückgezogen, während die Erde selber durch Raketentriebwerke aus der Umlaufbahn herausgerissen wurde, um im Weltall nach einem neuen Heimatstern zu suchen. Als eine Kollision mit Jupiter droht arbeitet auf dem gefrorenen Planeten der vom United Earth Goverment (UEG) entsandte Trupp CN171-11 unter Führung von Wang Lei [ Li Guangjie ] fieberhaft an einer Lösung, wozu sie auch eher unfreiwillig auf beiden Seiten die Zivilisten Han Zi'ang [ Ng Man-tat ], dessen Enkel Liu Qi [ Qu Chuxiao ] und seine Adoptivschwester Han Duoduo [ Zhao Jinmai ] akquirieren. Währenddessen soll auf der die Erde begleitenden Raumstation Lius Vater, der Astronaut Liu Peiqiang [ Jacky Wu Jing ] mitsamt seinen Kollegen wie Makarov [ Arkady Sharogradsky ] in die Hibernation geschickt werden, da das dortige Computersystem namens M.O.S.S. keine Rettung der Menschheit mehr sieht. Und keine Widerrede duldet.

Zwei Stunden nachdem ich an die Oberfläche gelangt war, verschlang das Magma fünfhundert Meter unter mir die Stadt. Der Gedanke an die letzten Augenblicke meiner Mutter fühlte sich an, als drehte mir jemand ein Messer in der Brust: Zusammen mit den anderen achtzehntausend Menschen, die nicht mehr rechtzeitig evakuiert werden konnten, hatte sie zusehen müssen, wie das Magma auf den Zentralplatz strömte. Weil der Strom längst ausgefallen war, blieb der Stadt als einzige Lichtquelle der grausig rote Schein der glühenden Lava. Die hohe, weiße Kuppel über dem Platz war längst von Ruß geschwärzt. Noch bevor das flüssige Gestein die Eingeschlossenen erreichte, hatten die über tausend Grad heißen Temperaturen sie bereits aus dem Dasein gerissen.

Der Traum der Menschheit von einem anderen Leben, einer anderen fernen Welt, von Abenteuer, Fortschritt und Errungenschaften, von fremden Planeten und neuen Möglichkeiten, das Schweben in fremden Sphären und das Bestreben nach einem Sinn im Dasein: all dies ist in der hiesigen freien Adaption der 2000 von Liu Cixin veröffentlichten Novelle auch vorhanden, nicht nur aus einem Traum heraus geboten, sondern einem Alb, der den kümmerlichen Rest an Heimat am Vernichten ist und die Menschheit im Nu zerstört. Dringlichkeit ist geboten, die Frist läuft ab, die höchste Warnstufe ausgesprochen, die letzte Hoffnung ist alles, woran man sich noch klammern kann und auch die Einheit und die Zusammenarbeit der Menschheit, mit sicherlich den Chinesen an der Spitze und in der Führung zählt. Propaganda ist vorhanden, wenn auch erträglich gehandhabt und mit einigen auch personellen Abweichlern, die sich dem allgemeinen Auftrag widersetzen und aus Reih und Ordnung springen.

Dabei ist die Erde schon zu Beginn des Filmes am Ächzen und am Krächzen, ein unwirtliches Szenario, in dem man großteils mehrere Kilometer unterhalb der Erdoberfläche in einer Enklave vor sich hinlebt und das frühere Leben tatsächlich nur noch aus Bildern, wenigen Erinnerungen und genauso wenigen Habseligkeiten kennt. Viel Zeit, um dieses abgeschottete Areal der Existenz kennen zu lernen gibt einem der weitgehend unerfahrene Regisseur Frant Gwo, mit maßgeblich Antreiber des (zwischenzeitlich durch finanzielle Probleme auf der Kippe stehenden) Projektes in seiner Mammutarbeit dabei nicht, überhaupt werden bald noch mehrere Stationen, darunter auch ein unfreiwilliges Erkunden des zu Eise erstarrten Shanghai geboten, die mehr Zeit und Muße benötigt hätten, um sich tatsächlich auf die Veränderungen und das Empfinden einzustellen.

Kleinere Details gehen regelmäßig oftmals vorbei und unter – ein anfänglich kurzer Blick auf das automatisiert und scheinbar auf auswendiges Lernen programmiertes Schulsystem bspw., oder auch die auf leichte kriminelle Aktivitäten und eine bloße Feierlaune eingerichtete 'Unterwelt', sowie die im Text selber negativ angesehene Rolle der Einheitsregierung; wobei das Letztere wohl geschnittenen Szenen zum Opfer gefallen ist – während das schnelle Katastrophenspektakel (mitsamt Kraxeleien im Fahrstuhlschacht und herabrasenden Aufzügen, Flugzeugabstürzen, Flutwellen, Erdbeben, zusammenbrechenden Wolkenkratzern usw.) selber an einem dennoch reduzierten Budget (von nur 50 Mio. USD) und so quantitativ auf Anschlag befindlichen, qualitativ allerdings mäßigen Effektfirlefanz leidet und keinen einheitlich modernen Standard erreicht. Die Tricktechnik in den Außenszenen, welche zuweilen stark an 'älteres' Kino à la The Day After Tomorrow (2004) erinnern, ist allerhöchstens zweckmäßig, während sich Ausstattung und Dekoration im Interieur durchaus erfolgreich richtig Mühe, wenn auch mit starken Anpeilungen an die Verfilmungen von Lius bevorzugten Autoren Arthur C. Clarke, sprich 2001: Odyssee im Weltraum (1968) und 2010: Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen (1984) geben.

Während sich neben eindrucksvollen Imaginationen, einen angenehm robusten bis teils auch martialischen und in haptischer Wahrnehmung gehaltenen Aufbau der großen Rettungsmission und viel Tempo mit schwächerer digitaler Kernkompetenz und dem Abarbeiten hinlänglich bekannter westlicher Werke wie auch (den in der Volksrepublik erfolgreich gelaufenen) Interstellar und Gravity permanent abwechseln, ist die gesamte emotionale Dramaturgie im Grunde dem Publikum schlichtweg egal: Sprachenwirrwarr ohne Sinn und Verstand, dazu etwas Hurra-Patriotismus, aber vor allem auch der hiesige Schwerpunkt auf der Vater-Großvater-Sohn Geschichte, die eher störend ist als involvierend.

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