Review

iHaveCNit: Eine Sekunde (2022) – Zhang Yimou – Mubi
Deutscher Kinostart: 14.07.2022 / Mubi-Start: 16.09.2022
gesehen am 13.07.2022 in OmU in der Spotlight-Sneak
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 3, Platz 9 – 21:00 Uhr

In den letzten Jahren ist für den Arthouse-Sektor eine Internetplattform entstanden, auf der immer wieder Klassiker der Filmgeschichte sowie Arthouse-Filme zur Verfügung stehen. Ähnlich wie andere bekanntere Plattformen im Bereich des „Streamings“ öffnet man sich auch gegenüber hin zu einer Veröffentlichung im Kino. Die Plattform „Mubi“ hat im Mai bereits „Memoria“ im Kino kurzzeitig veröffentlicht, den ich mir aber erst auf Mubi ansehen werden. Bei diesem Film hier ist es aber anders, weil mich der Film durchaus interessiert hat. Die Rede ist von Zhang Yimous großartigem Film „Eine Sekunde“, der bereits seit 2019 eigentlich abgedreht worden ist. Leider kam es im Rahmen der Postproduktion zu Einwänden der chinesischen Behörden, womit sich letztendlich die Veröffentlichung verzögert hat.

Ein Vagabund streift durch die Wüste Gobi zur Zeit der chinesischen Kulturrevolution. Sein Ziel erreicht er erst spät am Abend und leider hat er die Gelegenheit einer dortigen Kinovorstellung verpasst, so dass sein Ziel der nächste Ort auf der Kinotour sein wird. Er wird durch Zufall Zeuge, wie ein Waisenmädchen eine Filmrolle aus dem transportierenden Motorrad klaut, so dass er sich auf den beschwerlichen erneuten Weg durch die Wüste zum nächsten Ort macht und das Waisenmädchen in einem ereignisreichen Katz- und Mausspiel verfolgt, aus dem sich für beide nachvollziehbare Gründe für die Wichtigkeit der Filmrolle ergibt.

In schönen weiten Aufnahmen der Wüste Gobi und einem tollen allgemeinen Set- und Kostümdesign schafft Regisseur Zhang Yimou erst einmal eine großartige Atmosphäre des ländlichen Chinas zur Zeit der kulturellen Revolution. Genauso wie der Wind Sandschicht um Sandschicht verweht und freilegt, genauso legt Yimou Schicht für Schicht seines Films frei, so dass sich zum einen die Handlung immer schrittweise entwickelt und sich dabei auch die Geschichte seiner Charaktere offenbart, die in beiden Fällen durchaus emotional ergreifend, sehr gut gespielt und auch glaubwürdig herausgearbeitet wird. Die beiden gebotenen Einzelschicksale passen zur Zeit. Insgesamt ist das alles sehr spannend, unterhaltsam, emotional und an ein paar Stellen heiter bis witzig geworden. Dass sich ein Großteil des Films auch in und um ein Kino abspielt ist das Ganze in gewisser Art und Weise auch ein Kammerspiel, indem auch der Filmvorführer, von allen nur „Kino-Onkel“ genannt wird, auch eine wichtige Rolle einnimmt. Gerade wenn es um die Mobilisierung des gesamten Ortes geht mit dem Ziel eine besondere Filmrolle wieder instand zusetzen zeigt sich vor allem der gesellschaftliche Hintergrund des gesamten Films, auch wenn sich der gesamte Ort am Ende im Kino versammelt um den Film zu sichten, zeigt der Film den Einfluss der filmischen Propaganda, die damit über das Volk verbreitet wird. In dieser Form habe ich den Film wie bereits in den Kopfdaten in der chinesischen Fassung (bzw. hochchinesisch / mandarin) mit deutschen Untertiteln gesehen, der die Authentizität des Films noch mehr verstärkt hat. Das Trio aus Zhang Yi, Liu Haocun und Fan Wei gibt dem Film noch das darstellerische Etwas und es wäre sicherlich interessant gewesen, wie die eigentliche Vision Yimous gewesen ist. Schade, dass wir diese durch die Zensur des chinesischen Regimes nie zu Gesicht bekommen. Vielleicht hätte das noch den letztendlichen emotionalen Einschlag gegeben, womit mich der Film vollends bekommen hätte.

„Eine Sekunde“ - My First Look – 9/10 Punkte.

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