Richtig bekannt geworden ist Michael Moore ja mit seinen beiden oscarprämierten Dokumentationen "Bowling for Columbine", dass sich mit dem Massaker an der Littleton-Schule beschäftigt und mir "Fahrenheit 9/11", dass das Attentat auf das WTC zum Thema hat. Ebenso erfolgreich war er mit seinem Buch "Stupid white men". Kennen wir alles? Richtig. Was ist dann bitteschön "Roger & me"?
"Roger & me" ist eine weitere Dokumentation aus dem Jahre 1989.
Der Inhalt: Flint, eine Industriestadt in Michigan, die eigentlich nur Menschen beherbergt, die bei GM (General Motors) arbeiten, muss einen gewaltigen Schlag hinnehmen. GM schließt eine stattliche Anzahl von Fabriken und setzt zigtausend Arbeiter/Angestellte frei. Roger Smith, der Vorstandssprecher von GM ist für Michael Moore der Schuldige und soll im Rede und Antwort stehen. Also macht Moore sich auf die Suche nach Roger Smith. Wir als Zuschauer begleiten ihn bei seiner Suche und seinen Recherchen. Moore stammt aus Flint.
Der Stil ist hierbei der altbekannte aus den neueren Werken. Eine Erzählstimme aus dem off und zahlreiche Interviews sowie da mal ein Cartoon oder ein Musikstück. Das ganze verbindet er wirklich geschickt und zeigt nach kurzer Einführung (seine Kindheit in Flint) den brutalen Zerfall der Stadt und deren Einwohner. Ein sozialkritisches Zeitdokument mit stets bissigem Unterton. Dies ist ihm wirklich gut gelungen und auch wenn der Film mittlerweile fast zwanzig Jahre auf dem Buckel hat, haben sich die Spielregeln der Weltindustrie durch die Globalisierung sicherlich nicht zugunsten des kleinen Mannes verändert; und für den kleinen Mann spricht ja Moore. Es werden Opfer gezeigt: immer wieder und immer wieder. Opfer eines wirtschafltichen Systems.
Neben den Opfern gibt es natürlich noch den Schuldigen: Bush… ähh, Smith. Roger Smith war wahrscheinlich nicht bekannt genug, um Michael Moore im Jahre 1989 den großen Durchbruch zu bescheren. Vielleicht hat er sich damals auch noch nicht richtig getraut, Ronald Reagan öffentlich via Medium Film anzuprangern. Reagan spielt zwar auch eine kleine Rolle, aber der Fokus ist auf Smith gerichtet.
Eine saubere Erörterung bietet uns Moore leider nicht, aber man kann gut über den Film diskutieren und das eine oder andere mal doch staunen. Super ist z. B. die Miss Michigan, die in Flint eine Parade winkend und lächelnd abhält. Die Menschen sitzen am Strassenrand und die Geschäfte hinter den Menschen sind geschlossen und vergammelt. Aber sie spricht von der tollsten Parade, die sie je gemacht hat.
Moore skizziert auch sehr interessant wie die Politiker der Stadt versuchen, der Stadt Flint neues Leben einzuhauchen, z. B. durch den Tourismus. Hier verwendet er (ich nehme an damals wirklich gezeigte) Werbefilme, die locker aus "Kentucky Fried Movie" stammen könnten und über deren Naivität man nur den Kopf schütteln kann.
Auch die Waffenkriminaliät spielt eine Rolle. Durch die Armut ist die Kriminalität drastisch gestiegen und es werden die Waffenhändler und Freizeitschützen gezeigt. Hier beschäftigt sich Moore das erste Mal mit dem Thema, dass ihn noch lange begleiten soll. Aufgrund seines damals noch nicht so hohen Bekanntheitsgrad kommen die Interviews und seine Selbstversuche (sehr gut die Farbberatung von Amway!) noch authentisch rüber, da man das Gefühl hat die Interviewten sprechen wirklich frei.
Bei aller Kritik an Michael Moore – die oftmals wirklich berechtigt ist – ist der Film interessant, unterhaltend und irgendwie auch wichtig.
8/10