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In der Rückbesinnung auf bewährte Erfolgsmodelle ging Regisseur und Produzent Wong Jing Ende des letzten Jahrtausends daran, die einstigen Kassenschlager mit altbekannten Elementen in einer neuen Variation zu inszenieren. Während Triadenfilme wie A True Mob Story und Century of the Dragon einen belebenden und durch die Kenntnisse probaten Blick auf dieses Areal versuchten, so bemühte The Conman [ 1998 ] konkomitierend, die God of Gamblers Thematik umzukehren. Aus einem diesmal vermeintlich mündigen Blickwinkel sollte eine besonnene Sichtweise auf den einstigen Kassenschlager geworfen und gleichzeitig eine reife, erwachsene Version davon geschaffen werden.
The Conman verbuchte HK $17 Millionen an den Kinokassen; zwar weit entfernt von den HK $37 Millionen des Originals, aber in der gegenwärtig prekären Lage immer noch ein Hit.
Dabei ist das Werk nicht einmal besonders gelungen; versteift sich viel zu sehr auf herkömmlich – klassische Themen und setzt diese unter einen Schwall von Tristesse, Trübsal und Melancholie, aber das dennoch hereinprasselnde Geld liess einen Nachfolger natürlich unvermeidlich bleiben.

The Conman in Vegas [ 1999 ] ging bereits eine komplett andere Richtung und stellt sich viel mehr als ein blanker Unterhaltungsfilm dar. Die Schauplätze wurden ausschweifender und diesmal von den Hintergassen Hong Kongs in das gelobte Land gesetzt, der Ton wechselte komplett in eine Actionkomödie und von Altersweisheit war höchstens noch etwas in Neckereien zu hören. Auch diesmal lag das Einspiel bei HK $17 Millionen; die Reihe hatte anscheinend schnell ihren festen Stand beim Publikum gefunden und konnte nun wie die vergleichbare God of Gamblers Saga beliebig erweitert werden.
Nun machte man allerdings zwei Fehler:
1 ) Man war sich wohl so sicher, dass man auf seinen Star Andy Lau verzichten konnte, dass dieser in keinem der Nachzügler mehr auftauchte; entweder weil er nicht wollte und / oder weil man dachte, auf ihn verzichten zu können. Gerade Lau ist nun aber jemand, der nur mit seinem Namen das Publikum anlockt und mit dieser Fähigkeit fast allein auf weiter Flur steht.
2 ) Man behielt Nick Cheung als Konstante.
Cheung, der als Art neuer Stephen Chow propagiert wurde, hatte nie dessen allumfassende Zuneigung des Publikums erlangt und wird die auch nie erreichen; er polarisiert viel zu sehr, hat zumeist äusserst Mittelmässiges abgedreht und ist auch einfach vom Talent und der Sympathie her ganz weit davon entfernt, ein wirklicher Star zu sein.
Nun war er aber einmal fest mit dem Setting verbunden, ausserdem sprudelten die Komiker sowieso nicht reihenweise hervor; also wurden notgedrungen mit ihm die neuen Wege angegangen. Dabei sogar zwei verschiedenen Möglichkeiten in Angriff genommen, man konnte sich an der Kreativgabelung wohl nicht für Links oder Rechts entscheiden und teilte sich deswegen auf.

Im Jahr 2000 erschienen dementsprechend God of Gamblers 3 - My Name is Nobody und Conman in Tokyo; beide von Wong Jing geschrieben und produziert.
Inwiefern sie mit dem ursprünglichen Conman zu tun haben ist strittig und Diskussionen darüber können auch weiter beliebig mit Argumenten vollzogen werden; jedenfalls weisen sie rein von der Erzählung her keine Verbindung auf. Es wird nichts weiter fortgeführt, die handelnden Personen sind in beiden Fällen andere und sie haben auch keine Beziehung zu vorher Eingeführten; nichts mit Bruder, Sohn oder Freund von dem und dem. Dennoch lässt sich gerade hierbei die filmische Verwandtschaft überhaupt nicht leugnen; an einmal eingespielte Faktoren wird mitsamt einer Erwähnung angeknüpft, und das Setting nur ganz milde novelliert. Auch die Nick Cheung - Rolle wird kontinuiert; während Louis Koo nichts viel Anderes spielt als eine junge Ausgabe von Andy Lau und die beiden Darsteller eh nicht gross unähnlich vom Typus sind.
Die Geschichte selber ist geläufig und wirft keine Überraschungen auf; man bekommt das geboten, was man nach dem Titel erwartet.

Jersy [ Nick Cheung ] ist in seinem kleinen Stadtteil von HK vielleicht eine grosse Nummer im Glücksspiel und kommt mit seinen Taschenspielertricks auch soweit gut zurande; als ihm vom legendären Cool [ Louis Koo ] erzählt wird, perlt ihm trotzdem der Schweiss.
Cools Name ist trotz seines Rückzugs und Verschwindens vor 3 ½ Jahren jedem ein Begriff; dieser Ruf und Ansehen zeugt von dessen Fähigkeiten und Glanztaten, gegen die Jersy nichts entgegenzusetzen hat. Als er bei einer Pauschalreise nach Japan mit seiner Freundin Banana [ Christy Chung ] einen mysteriösen, schweigsamen Restaurantbesitzer trifft und in einer Yakuza - Auseinandersetzung dessen Technik beobachtet, weiss er sofort, dass es sich um Cool handelt. Er folgt ihm.

Der Aufbau der Geschichte erfolgt simpel und ist von der Praktik her auch eine ganz angenehme. Einführung der ersten Hauptfigur, Hörensagen der Zweiten, Sichten des nun schon Bekannten. Auch der Rest der Besetzung wird auf diese Art vorgestellt; erst nur knapp angerissen und dann erweitert, nicht alle auf einmal und nicht zuviel sofort. So findet eine lange Rückblende erst statt, nachdem man die Verhältnisse soweit gefestigt hat, dass eine nachfolgende Erklärung statt einem narrativen Ausbruch wirklich eine Erweiterung des Geschehens bringt. Sowieso ist die eigentlich unbeliebte Form der Erinnerung hierbei gut positioniert und kann auch so geschickt Vorstellungen zu Tatsachen aufweiten, wobei auch gleich das eigentliche Motiv des Filmes mitgeliefert wird. Dies ist natürlich die Rache; Cool hat seine Frau Karen [ Athena Chu ] gleich zweimal an den früheren Blutsbruder Yeung Kwong [ Ben Lam ] verloren. Karen ist nun mit Yeung Kwong verheirat und zudem nach einem Attentat noch ins Wachkoma gefallen.
Jersy muntert Cool auf, sich der Herausforderung zu stellen.

Nun soll nicht weitere oder gar tiefere Beachtung auf dem Plot liegen; man schafft es zumindest die jeweiligen Auslöser, Antriebe, Beweggründe und Veranlassungen für jedermann verständlich hinzustellen. In diesem Rahmen finden die Auseinandersetzungen am Spieltisch und auch die körperlichen Schlagabtausche statt, drumherum alles andere. Das bedeutet bei einer Wong Jing – Finanzierung natürlich viel gross out Humor, Schabernack der lauteren Sorte, wenig feinsinnige Scherze. Der Wortwitz besteht rein aus Schimpftiraden; hinzu kommen die erwarteten popmedialen Anspielungen ohne Sinn und Verstand [ Was hat Chow Yun Fat mit Der Pate und dieser wiederum mit Pikachu zu tun ? ]. Plus einem unnützen Gehabe, bei den Dialogen von Jersy anfangs alles mit Pseudo - Internetkultur vollzustopfen.
Richtig lustig ist es dann auch nicht. Schenkelklopfer oder Lachattacken sucht man vergeblich, und man muss schon wenigstens etwas auf der gleichen Länge wie von Wong Jing und seinem bevorzugten Possenreisser Nick Cheung liegen, damit das Lächeln nicht einfriert. Es soll aber welche geben, die sich dabei nicht mehr Einkriegen; und es ist auch beileibe nicht so schlimm, dass es den halben Film kaputtmacht. Wers also nicht mag: Augen zu und durch. Es hält nicht permanent an und nimmt auch nicht den grössten Bereich ein und es ist auch nichts Anderes als sonst in derlei Filmen. HK Humor halt.
Was dann anders ist, ist die Nennung von Tony Ching Siu – tung als Regisseur.

Ching hatte eine kleine Pause sowohl als eigenständiger Filmemacher als auch als Action Director hinter sich; nach dem Dreh zu Dr Wai In " The Scripture With No Words " [ 1996 ] quasi eine Durststrecke. Das Martial Arts Genre wurde ausgedünnt und bot weniger Beschäftigungsmöglichkeiten; wahrscheinlich gingen ihm auch Fragen um die Zukunft durch den Kopf. Es waren keine künstlerischen oder kommerziellen Flops, die er nach seinem furiosen Start mit Duel to the Death [ 1982 ] vor allem A Chinese Ghost Story [ 1987 ] aufs Parkett gelegt hatte, aber Swordsman 2 war auch bereits 8 Jahre her und sich nur als „Strippenzieher“ – wenn auch renommiert - zu betätigen, konnte ebenfalls auch nicht alles sein. Dennoch oder gerade deswegen ist die direktorale Übernahme hierbei sowie die nachfolgenden Tätigkeiten bei Naked Weapon und Belly of the Beast eher erstaunlich, da sie überhaupt nicht in sein sonstiges Schema passen; aber die Dilatation eines Alteingesessenen auf verschiedenes Terrain kann eben auch frisches Blut bringen.
Zudem ist Ching anders als z.b. Wong Jings Leibeigener Aman Cheung Min [ der parallel God of Gamblers 3 - My Name is Nobody als zweifelwürdiges Drama anlegte und danach den furchtbaren Conman 2002 fabrizierte ] Jemand, der nicht nur einen Blick für visuelle Details hat, sondern seine Visionen auch umsetzen kann. Er schaut über den Tellerrand gängiger Optik hinaus, lässt die Filme gleich viel reichhaltiger aussehen als sie es vom Budget her sind und verstreicht immer einen Hauch von Verschwendung. Auch hier gelingen ihm trotz der monetären Eingrenzung immer mal wieder Szenen, die aus Kleinigkeiten schöpfen und aus Nichtigkeiten Eindruck machen; ja geradezu posen. Dazu gehört vor allem die Einstellung, als Cool und seine Noch – Freundin aus einem Spielzimmer in einen Ballsaal treten und hinter ihnen ein Geldregen auf sie niederprasselt.

Allzuviel Gelegenheit für Prunk und Protz hat er aber nicht; auch auf dem eigentlichen Gebiet der Actionchoreographie muss man als Ching – Anhänger zwangsläufig zurückstecken. Was aber immer noch bedeutet, dass man für den Kontext und den gewohnten Maßstab darin verwöhnt wird; in den Vorgängern wurde gar nichts Vergleichbares geboten. Man wehrt mit Billardqueues und Schlag- und Trittkombinationen seine Gegner ab, weicht Wurfsternen aus, verwandelt selber Gebrauchsgegenstände wie Pokerkarten oder Untersetzer in tödliche Geschosse und hantiert wild mit dem Schwert. Durch die geschickte Handhabung von Ching plus CGI Einsatz und dem Paaren mit fähigen Leuten [ Yasuaki Kurata, Ben Lam ] werden auch die anwesenden Nichtskönner Koo und Cheung vor der Kamera überzeugend appliziert.
Einzig beim Showdown entgleiten den Machern komplett die Relationen. Die waffengespickte Stürmung eines privaten Kampfschiffes auf hoher See mag ja noch angehen; wenn dort aber Raketen zur Jagd auf Menschen abgeschossen werden und Hubschrauber und Flugzeuge explodieren ist das doch etwas zuviel des Guten. Zumal es wegen der gewagten Tricktechnik nicht besonders gut aussieht.

Auch an anderen Punkten könnte man durchaus mehr Kritik ansetzen; nichtdestotrotz ist die [ unzusammenhängende und für westliche Augen eh weniger geeignete ] Reihe hiermit an seinem Höhepunkt angelangt. Die Mischung aus Gambling, Action und Komödie ist am pikantesten abgeschmeckt und weist eigentlich prima Optionen für künftige Veröffentlichungen auf. Das diesmalige Einspiel mit im Vergleich nur HK $7 Millionen war dann allerdings wohl der Wermutstropfen; Conman 2002 und Fate Fighter [ AT: Conman 2003; beide wieder mit Nick Cheung ] gaben endgültig den Todesstoss.

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