Ein ambitionierter Versuch das Privatleben Ted Bundys hinter den berühmten Taten zu beleuchten, der leider an seiner Idee einen der brutalsten und kontroversesten Serienkiller der Geschichte visuell losgelöst von seinen Morden zu inszenieren auf ganzer Linie scheitert und enttäuscht.
Der Film schafft zu keiner Zeit den schwierigen Spagat zwischen künstlerischer Ausgestaltung und authentischer Nacherzählung, sondern bleibt weitestgehend blass und ohne erkennbaren Mehrwert für das Thema. Zac Efrons Ted Bundy sieht gut aus, ist smart und charismatisch. Das waren aber auch schon alle Gemeinsamkeiten mit dem berühmten Schwerverbrecher. Zu keiner Zeit wird der hochintelligente und überaus narzisstische Teil Bundys glaubhaft deutlich gemacht, zu keiner Zeit entwickelt Zac Efron die Ambivalenz hinter dem Phänomen authentisch auf der Leinwand, zu flach und einseitig bleibt sein Spiel. Zudem ist bekannt, dass der echte Ted Bundy zu keiner Zeit die Kontrolle über seine Maskerade im Beisein anderer Menschen verloren hat, stets blieb er hartnäckig bei seinem kreierten Selbstbild, welches ihn schon in der Jugendzeit vor einem Außenseiterleben beschützt hat. Unablässig mimte er den cleveren und ausgebufften Taktiker, in Joe Berlingers Film verliert er hingegen zu oft die Fassung, wirkt zu oft unbeherrscht und hoffnungslos und wird zu aufdringlich als Dandy inszeniert. Ja, Bundy wirkte immer anziehend auf Frauen, sogar nach Verurteilung erreichten ihn unzählige Liebesbriefe im Gefängnis, Bundy war auch ein Verführer, aber Bundy war kein posierender Sunnyboy.
Natürlich ist es überaus schwierig, einen Film über einen Mörder zu drehen, dessen Verurteilungen und dessen Charakter dokumentarisch genauestens belegt sind: Es gibt unzählige Filmaufnahmen Bundys, psychiatrische Gutachten, es gibt Tondokumente, Interviews und zeitgenössische Fernsehberichte. Die Gerichtsverfahren gehören überdies zur amerikanischen TV-Geschichte. Überall wird deutlich: Der perverse Serientäter war ein krankhafter Narzisst, so charismatisch wie arrogant, innerlich so zerstört wie äußerlicher Perfektionist. "Wicked" und "Shockingly Evil", wie Bundy vom verurteilenden Richter genannt wurde, ist Efrons Bundy hier zu keiner Zeit. Soll dabei der Narrativ seiner Apologeten aufrecht erhalten werden, damit man den Film aus den Augen "seiner" Frauen sieht? Wohl kaum, zu schwach bleibt die Inszenierung der Beziehungsebene, irgendwo zwischen billiger Teenieromanze und TV-Soap. Was will der Film dann? Für ein Justizdrama hätte die Geschichte um Bundy einiges an Material parat gehabt, ebenso für eine Charakterstudie, beides lehnt Regisseur Joe Berlinger sichtlich ab. Für ein Beziehungsdrama bleibt der Film zu deskriptiv, für einen Serienkillerfilm zu fern der Taten. Sicher, Berlinger will uns einen Saubermann präsentieren, um dem Zuschauer denselben Zwiespalt zu suggerieren, in dem Bundy-Sympathisanten oder Vertraute wie seine Partnerin ebenfalls gefangen waren. Das würde eventuell klappen, wenn der Fall fiktiv, oder wenn die Identifikation mit den Figuren höher wäre.
Hier funktioniert es nicht.
"Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile" ist sich zu keiner Zeit sicher, was er abseits einer oberflächlichen Kriminalromanze sein möchte. Jede TV-Dokumentation nähert sich selbst dem charismatischen, konservativen Saubermann Bundy glaubwürdiger als dieser Film. Den brutalen Killer blendet er sogar ganz aus. Selbst der überaus durchschnittliche 2002er "Ted Bundy" Film mit Michael Reilly Burke in der Hauptrolle kann insgesamt wenigstens eine Facette Bundys, die des perversen Killers, beleuchten, um überhaupt einen wie auch immer gearteten Blick auf Bundy zu ermöglichen. Auf der so oft angeführten kriminalphilosophischen, oder gar anthropologischen Ebene versagt der Film sogar völlig, hier liefert der Film gar nichts verwertbares zum Thema. Auch losgelöst von dem authentischen Fall Bundy bleibt letztlich nur ein unterdurchschnittliches Beziehungsdrama, hier und da etwas Kitsch, eine Justizposse, ein paar dramaturgische Kniffe und viel Bekanntes. Wenig echte Spannung, wenig echte Emotionen, eben ganz gewöhnliche Filmunterhaltung. Aber wird das diesem Thema gerecht? Nein.
Berlingers Film helfen am Ende weder die überraschenden Auftritte von Metallica-Frontmann James Hetfield als Polizist oder Sheldon Cooper Darsteller Jim Parsons als Staatsanwalt, noch überbrückt der attraktive Hauptdarsteller Zac Efron irgendwann die große Leere zwischen Belanglosigkeit und der inszenatorischen bzw. narrativen Identitätskrise.
3/10