Review

„Täter unbekannt“: Kund oder Schunst?


Der gescheiterte, runtergekommene Detektiv „stolpert“ buchstäblich in eine gewalttätige Geschichte, wie sie nur ein „Neo-Noir“-Drehbuch liefern kann. Er rennt auf der Straße mit einer heissen Skaterin zusammen, beide fallen um und landen knapp eine Viertelstunde später in seinem Bett. Klar, daß sie dabei einen Hintergedanken hatte...


Dieser Anfang in seiner Einfalt könnte aus einem Pornofilm stammen. Zufällig gibt es da tatsächlich genau so eine Episode mit Dru Berrymore (aka Nicole Hilbig)...


Schon in diesen ersten Dialogen wartet der Film mit freiwillig/unfreiwilligen Irritationen auf: Das Gespräch wirkt, trotz des realistischen Settings, immer haarscharf neben der Spur. Das erklärt sich einerseits durch die folgende Geschichte, eine Noir-Handlung, aber vielleicht auch durch das Geschick der Regie – oder durch den Mangel daran? Da war ich nie ganz sicher.


Jedenfalls zieht sich die Irritation durch den Film: demolierte Bösewichte („Pizzagesichter“ - sehen irgendwie lustig aus), kaputte Leute (ach so, weil sie Junkies sind!), schwarze Bilder (bis sich die Schließfachtür öffnet), unmotiviertes Donnergrollen, riesenhafte Plastikmüllsäcke, eine überschminkte Frau, die endlos durch die Abenddämmerung stolpert (hin und her), die einzige zur Heldin brauchbare Figur ist eine brillentragende Frau und sitzt im Rollstuhl, fuchtelnde Amateurräuber, ein dilettantischer Überfall, dessen überraschende beste Zutat die aufwendig geschminkten Gesichter der Räuber sind, der Detektiv ist ein gescheiterter, passiver, abgeschlaffter Voyeur, der auch kaum anderes tut als spannernd im Auto zu sitzen. Nur seine Ruhe macht ihn sympathisch.


Der Verlauf der Handlung: Dödelige Drogengangster (der eine tanzt zum Kofferradio, der andere steht hilflos vor der Tür, an die endlos lang ein schlecht gefälschter Polizist pocht) werden von täppischen Amateuren ausgeraubt, die eigentlich nur streiten und prompt ihr Geld an den Voyeur verlieren, der auch nichts Rechtes damit anzufangen weiß. Wahrscheinlich interessieren ihn ohnehin mehr die blonden, echt attraktiven Räuberinnen, denen schon bald die kolumbianische Mafia und korrupte Polizisten auf der Fersen sind. Wie originell! An einer halbverfallenen Waldhütte kommt es (endlich!) zum konfusen „Showdown“, Heulen und Zähneklappern, der dem Film viele Bonuspunkte kostet.


An Motiven, Aktionen, Logik und Zielstrebigkeit herrscht ein trauriger Mangel – aber vielleicht will gerade das der Film zum Thema machen: Und verlorene, traurige Möchtegerngangster portaitieren, ausweglos, eigentlich unfähig zu konstruktivem Handeln, weil sie vielleicht gar kein Ziel erreichen möchten. Vielleicht ist ihnen längst schon die Lebensfreude abhanden gekommen, vielleicht streben sie nur noch aus einer Art unbewusstem Pflichtgefühl nach Säcken voller Geld, getrieben von den Resten einer Ideologie „Stets strebend sollst Du Dich bemühen!“. Da gab es doch mal so einen amerikanischen Traum!?


Aber es scheint, als mache ihnen ihr Fortschritt sogar Angst, so wenig freuen sie sich, so wenig Ehrgeiz zeigen sie. Klar, daß sich die Rollstuhlheldin dann heulend selbst verrät, ihren Status verliert und enttäuschend schwach zusammenbricht, wenn das Ende der Flucht endlich greifbar scheint.


Und gegen Ende gibt sie tatsächlich ihre Beziehungsunfähigkeit zu, die sich dann auch durch den ganze Geschichte gezogen hat; zugleich ist auch der ganze Film bei dem Versuch gescheitert, eine Beziehung zum Zuschauer aufzubauen. Zwar erinnert die Musik an Philip Glass („Koyaanisqatsi“) und Handlung, Setting und Absurdität an „Fargo“: Aber „Täter unbekannt“ wirkt wie das Zitat eines Gauner-Thrillers, wie ein in Watte gepackter Versuch, dessen größter Verdienst die Verwirrung ist, die er stiftet.


Vielleicht werde ich aber auch nur müde.


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