Es gibt Projekte, da ist die Hintergrundgeschichte noch kurioser und interessanter als der Film an sich. Eines davon ist Albert Pyuns „Deceit“, hierzulande etwas weniger subtil als „Das Alien vom Highway“ veröffentlicht.
Es begab sich nämlich, dass die Produktionsfirma Cannon und Hauptdarsteller Jean-Claude van Damme nicht so ganz zufrieden mit Alberts eigenwilliger Erstfassung von „Cyborg“ waren (die ja inzwischen auch auf DVD als Director’s Cut, manchmal unter dem Titel „Slinger“, veröffentlicht wurde). Also wurden Nachdrehs anberaumt, was mit Alberts Kunstverständnis allerdings nicht so ganz überein ging. Mit der Cannon-Knete ließ er einen Drehort verkabeln, den er gar nicht für die „Cyborg“-Nachdrehs nutzte, sondern an dem er nebenher innerhalb von drei Tagen mit fünf Darstellern auch noch „Deceit“ runterkurbelte, für ein nach eigenen Aussagen gerade einmal 25.000 Dollar betragendes Budget. Dieser Umstand dürfte nicht nur eine mögliche Auslegung des Originaltitels „Deceit“ (zu Deutsch: Täuschung, Betrug) sein, sondern sorgte dafür, dass im Abspann van Damme gedankt wird, ohne den dieser Film nicht möglich gewesen sei.
Derartige Drehumstände brüten allerdings auch entsprechende Filme aus, was man schon in der Auftaktszene erkennt, in der sich ein Selbstmörder (Norbert Weisser) durch das Trinken von Bleiche entleibt und man seinen Todeskrämpfen minutenlang zuschauen darf, ehe eine außerirdische Entität (simuliert durch eine suchende Kamerafahrt durch die Straßen) in den Körper des frisch Suizidierten einfährt. Der wiederbelebte Männe jedenfalls lässt sich von Eve (Samantha Phillips), Wilma (Diane Defoe) und Hiram (Christian Andrews) mitnehmen und stellt sich als Bailey vor.
Das Trio beäugt Bailey allerdings mit zunehmender Skepsis, denn der verwickelt sich in unglaubwürdige Lügengeschichten. Das ist gut beobachtet, doch dummerweise zieht Bailey angesichts der Nachfragen eine Wumme und dann ist Schluss mit lustig…
Gut, lustig war es weder für die Figuren noch für den Zuschauer bis dahin eh nicht, doch danach schafft es „Deceit“ von Schneckentempo zu vollkommenem Stillstand zu kommen. Denn Bailey schafft Eve in eine Lagerhalle (besagter Drehort des Films und fast alleiniger Schauplatz) und textet sie zu. Dabei tischt er eine Fabuliererei nach der anderen auf, weshalb sich diverse Fragen stellen oder besser: stellen sollen. Ist Bailey tatsächlich ein Außerirdischer oder einfach nur ein Irrer? Hat er tatsächlich geschrumpfte Atomreaktoren bei sich? Will er tatsächlich in Stundenfrist die Erde zerstören? Blöderweise interessiert die Antwort darauf keine Sau, denn mit einem Märchen nach dem anderen langweilt der Film den Zuschauer, während Bailey seine Geschichte in einer Tour ändert, sodass man gar nicht einmal die Zeit hat einer Story auf den Leim zu gehen.
Das klingt vielleicht nach Tempo, doch seid gewarnt liebe B-Filmfreunde: Derartiges sucht man vergeblich. Das Ganze ist nämlich einfach nur enervierend langweilig, vor allem dann, wenn man Baileys Hauptmotivation erkennt: Der Junge möchte eigentlich nur ordentlich einen wegstecken. Weil Eve eine erbärmlich geschriebene Frauenfigur mit nicht vorhandener Selbstachtung ist, bleibt die Frage sogar offen, ob er nicht vielleicht irgendwann zum Ziel kommt, aber auch diese Antwort darauf ist dem Zuschauer egal, der zu diesem Zeitpunkt eh nur noch hofft, dass diese filmische Geduldsprobe bald ein Ende haben möge. Wenn dann später noch andere Figuren kurz auftauchen, darunter Baileys angeblicher Partner Brick Bardo (Scott Paulin) – ein wiederkehrender Figurenname in Pyuns Schaffen –, dann macht es das Ganze auch nicht aufregender.
Denn „Deceit“ mag zwar als Kammerspiel und Dialogfilm gedacht gewesen sein, doch dummerweise ist keiner der Dialoge auch nur ansatzweise geschliffen oder gewitzt. Knalltüten labern uninteressantes, repetitives Zeug in ein und derselben Lagerhalle, wobei die wenigen Auflockerungen größtenteils in einem immergleichen Insert von ein und demselben Ventilator bestehen – noch nicht einmal optisch oder handwerklich gibt der Film was her. Effekte oder Ruppigkeiten finden (auch aus Budgetgründen) nur begrenzt und teilweise offscreen statt, am Ende des Treibens stehen noch ein paar hammerbescheuerte Twists, die dem vorher gemarterten Publikum wohl noch den Rest geben sollen. Bedeutungsschwanger werden immer wieder Fetzen aus dem Autoradio zwischengeschnitten, die wohl als Metakommentar gedacht sind: Manches erinnert an Orson Welles‘ berühmtes Alien-Invasion-Hörspiel „Krieg der Welten“, das viele Zuschauer damals für real hielten, andere Satzfetzen beinhalten die Titel anderer Pyun-Filme, nämlich „Alien from L.A.“ und „Vicious Lips“. Da „Deceit“ jedoch jedes Konzept und jede Ahnung fehlt, laufen diese Ideen vollends ins Leere.
Was natürlich zum kompletten Bild einer Vollkatastrophe nicht fehlen darf, das sind grottige Darstellerleistungen und auch da liefert „Deceit“. Pyun-Spezi Norbert Weisser overactet sich einen Wolf als Bailey, gerne auch im Grimassenduett mit Samantha Phillips. Scott Paulin als weiterer Pyun-Spezi ist immerhin nur vollkommen ausdruckslos dagegen, während Diane Defoe und Christian Andrews trotz wesentlich kleinerer Rollen fast so sehr nerven wie Weisser und Phillips – das könnte man fast schon eine Leistung nennen. Allerdings eine, für die sich selbst die Laienschauspieltruppe der örtlichen Grundschule in Grund und Boden schämen würde.
„Deceit“ ist ein passender Titel: Albert täuschte Cannon um dieses Werk zu machen, es geht um Lügen und Täuschungen und „Deceit“ täuscht seine Zuschauer, indem er suggeriert er sei tatsächlich so etwas wie ein Film mit Handlung oder Sinn. Stattdessen ist es eine reine Geduldsprobe, die ein paar arme Seelen vielleicht noch zu experimentell-ungewöhnlichem Filmemachen (v)erklären könnten – das ist jedoch nur ein Anzeichen dafür, dass derart kreuzlangweiliger und grenzwertig bescheuerter Flachsinn tatsächlich schwache Zuschauerhirne weichkochen kann.