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In der allgemeinen Großoffensive, die gerade die familienfreundlichen Sender schon seit Ende Oktober hinsichtlich des kommenden und im Grunde ja viel zu kurzen Weihnachtsgeschäftes umtreibt, könnte man bei Hallmark Studios ("The Heart of TV") eingangs das Gefühl haben, dass es a) nicht zu wenig Weihnachtsfilme geben kann und b) der Fantasie hinsichtlich der Produktion dessen scheinbar keinerlei Grenzen gesetzt sind, und dass c) die angesprochene Bevölkerung sowie damit auch die hier gezeichnete Gesellschaft nur aus hellhäutigen, also weißen Mittelschichtlern besteht und andere Rassen entweder nicht existieren oder negiert werden und komplett auf der Strecke bleiben.

Zwar stimmt dies nicht (mehr), zumindest gibt es dieses Jahr eine kleine Handvoll und damit auch überschaubar wenig Filme, die wie hier, den den nicht uninteressant erscheinenden A Majestic Christmas um die Rettung eines alten Schauspielhauses, oder A Gingerbread Romance um einen Wettbewerb über den Bau von lebensgroßen Pfefferkuchenhäusern bspw. auch ein anderes Bild dahingehend zeichnen ("We knew we had some work to do, so we’ve done the work, and we’ll continue to do so. We’re particularly excited about our partnerships with these actors.”, Michelle Vicary, Hallmark’s Vizepräsidentin); bei der Konkurrenz von Lifetime Movies ist so auch Every Day is Christmas mit Toni Braxton, oder der hauseigene Memories of Christmas mit Christina Milian als Ausnahme und vergleichsweise dazu nun mit Tatyana Ali auch eine bekannte Darstellerin und singende Kollegin als zugkräftiger Namen für vielleicht auch 'Außenstehende' gesetzt:

Nach dem überraschenden Tod ihrer älteren Schwester Alice reist die New Yorker ANwältin Lucy Toomey [ Wurst im Darm: Tatyana Ali ] zur Abwicklung der Erbschaft in deren Haus und Heimat nach Nilson's Bay irgendwo in der Provinz zurück, wo sie von ihrem Onkel Barney [ Dennis Haysbert ] aufgefangen und begrüßt wird. Der in der Firma angekündigte Kurztrip wenige Tage vor Weihnachten stellt sich aber überraschenderweise als länger als geplant heraus, da sie für den Erhalt des Hauses mindestens vier Wochen vor Ort und anwesend sein muss; das zumindest eröffnet ihr Peter Swinson [ Dondre Whitfield ], der Anwalt der verstorbenen Schwester, welcher auch gleichzeitig ihr Jugendfreund und damalig große Liebe ist. Lucy, die sich in dem Ort von früher heute nicht mehr so wohl fühlt, aber langsam an die Vergangenheit erwärmt, wird dabei auch von den drei (weißen) Freundinnen ihrer Schwester unterstützt, die sich selber "F.O.A." für "Friends of Alice" nennen und bald auch "Friends of Lucy" sind.

Ansonsten noch auffällig im Repertoire der Filme selber, die natürlich ihre Überschneidungen schon insgesamt haben und wo das Thema Weihnachten mit dem allgegenwärtigen Motto der Liebe und dies nicht bloß familiär, sondern eben auch der Paarung mit dem Richtigen oftmals eine enge Verbindung eingehen und dies so allesamt dem Genre der Liebesdramödie zugehörig sind, ist die aktive und gleichzeitig rückständige Rolle der Frau an sich. Die Dame der Gesellschaft, die bessere Hälfte der Menschheit ist meist die im Zentrum des Geschehens und auch die suchende, die etwas dafür tuende und letztlich auch die findende, was einhergehend in der Geschichte oft mit einer Rückkehr in die Heimat und einer Abkehr von anderen weltlichen Dingen, quasi in Adams Schoss zurückverbunden ist. Und wenn sie nicht gestorben sind...

Eine Heimkehr (nach 10 Jahren) aus traurigen Anlass also, wird diesmal auch die Vorgeschichte dazu, mitsamt einigen Aufnahmen vom winterlichen New York, dem Bürogebäude nahe der 5th Avenue und dem Schnee-bekleideten Central Park als Fixpunkte der Wahrnehmung erzählt; inklusive einer vergleichsweise auffälligen und somit wohl auch aufwendigen Tracking Shot Sequence, die die später noch folgende Green Screen Szenerie einer Autofahrt durch Wisconsin umso schmerzhafter aussehen lässt. Dass der Film nicht wie eingangs mutmaßlich in der Metropole spielt und Weihnachten hier nicht im Büro und bei der Vollzeitarbeit verbracht wird, liegt schon in der Natur der Dinge, oder zumindest in der Tradition derlei Filme zumindest bei Hallmark, in dem man eher dem Ländlichen, dem Provinziellen, dem Konventionellen, und dem guten alten Amerika mitten im Nichts und in einer Kleinstadt voller liebenswerter Menschen und nicht dem Trubel der draußen in der großen weiten Welt frönt.

Eine kleine rot gestrichene Holzbrücke über ein Bächlein führt zum Ziel, das Herrenhaus selber ist von weiten inmitten der hellen Natur voller schneebedeckter Flächen kaum zu erkennen und hat sich direkt in die Landschaft angepasst und integriert. Rückblenden führen den Zuschauer durch die Vergangenheit und machen diese ebenso sichtbar wie die Erzählungen und Anekdoten der Begleitpersonen; so richtig interessieren tut das die Zuschauer aber nicht, zumal die fortgeführten Bilder einfach nur die blasse Visualisierung schon der Andeutungen sind: Wenn man eine Weihnachtskugel zu Gesicht bekommt, fallen das gemeinsame Aufhängen ein, und wenn man ein Café betritt, bekommt man Tagträume, wie man sich dort gemeinsam einen Pfefferkuchenmann geteilt hat, weil nur noch einer da war.

Das Café selber soll später noch eine dramaturgische Rolle spielen, so etwa nach zwei Drittel des bisherigen Larifaris, dass man dem Wiederaufleben lassen der alten Backfischliebe und der Suche nach einer geheimnisvollen Maeve tatsächlich auch noch nicht richtig angefüllt und nicht ergiebig ist, mit diesem Umschwung nun aber auch nicht mehr Leben und Glaubwürdigkeit erhält. Zudem kommen nun erneut auch die F.O.A. ins Spiel, eine ganz merkwürdige Truppe aus drei gleichaltrigen (weißen) Frauen, die dem Neuankömmling ungefragt und unangekündigt um den Hals fallen und Umarmungen wie ganz alte Freundinnen ohne jegliche Distanzzonen aufführen, und in ihrem Auftreten eher wie eine Sektencommunity geradezu aus einem Home Invasion Gruselfilm erscheinen, und wie die Frauen von Stepford, was dem sowieso schon unebenen Film noch das letzte Mistelzweigchen und die gesamte eh schon verkrampfte Tree decorating mood in lauter Versatzstücke bricht.

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