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"What if...", lautet der Titel einer angekündigten Marvel-Serie. Was Spider-Man angeht, können sie die verheißungsvollen Gedankenspiele um das Was-wäre-wenn jetzt beruhigt stecken lassen, denn Sony Pictures waren schneller und haben genau das bereits in die Tat umgesetzt. "Into The Spider-Verse" ist der mitgefilmte Fall einer klitzekleinen Spinne in eine gigantische Schüssel voller Dimensions-Salat, zubereitet aus den frisch gedruckten Papierfetzen eines Comicheftes.

In mehrfacher Hinsicht bricht das Drehbuch von Phil Lord und Rodney Rothman mit konservativen Vorstellungen eingefleischter Comic-Nerds, auch wenn sie sich dazu bereits existierender Comicfiguren bedienen. Es ist nur allzu gut vorstellbar, dass es Fans gibt, denen die Vermischung der Spinnen-DNA Peter Parkers mit einem höchstmöglichen Maß an vielfältigen Mitstreitern - weiblich, schwarz, schwarzweiß, alt, tierisch, Manga - komplett quer sitzt. Spider-Mans erste Inkarnation des 21. Jahrhunderts, Tobey Maguire, wird im peinlichsten Moment seiner Karriere auf den Arm genommen, das unendliche Origin-Erzählbedürfnis des alten Märchenonkels Marvel in einer narrativen Ellipse parodiert. Und dann kommt ein Miles Morales daher, gefühlt 50 Zentimeter groß und schlechte R'n'B-Musik schief mitsingend tritt er ungewollt in Fußstapfen, die ihm längst nicht passen.

Aber die Autoren können sich all dies und noch viel, viel mehr erlauben, denn wir haben es ja mit einem Animationsfilm zu tun. Animation steht hier gewissermaßen für "Meta", das Nicht-Eigentliche, der Übungsplatz also, auf dem man sich austoben kann. Und Mann, lange hatte die Superhelden-Akademie nicht mehr so viel Spaß am Ausprobieren. Passt so ein blödes Spider-Schwein mitsamt der Assoziationen zu den Looney Tunes und "Simpsons - Der Film" überhaupt in eine ambitionierte Produktion aus den Animationsstudios von Sony? Warum nicht? Einen Schuss Bogart-Tristesse auf den Regenbogen gegossen? Kann man ja mal probieren, es wird schon nichts dabei kaputt gehen. "Drawn Together" lässt übrigens schön grüßen.

Der Animationsstil, der in den After Credits von "Venom" noch so unattraktiv wirkte, spielt auf zwei Stunden übertragen plötzlich seinen revolutionären Charakter aus. Natürlich sind die schrillen Farben und das schnelle Tempo ebenso wie die meisten Hauptfiguren hauptsächlich auf ein junges Publikum justiert; ohne Schutzcreme wird sich mancher Erwachsener eine radioaktive Vergiftung abholen. Der gelungene Schnitt und die stets hochinteressanten Experimente mit Bilddimensionen und Perspektiven wirken aber nicht zufallsgeneriert, sondern erzeugen eine egoperspektivische Illusion, mit der man sich selbst durch die Comic-Panels schwingt, die ihrerseits durch Bildbegrenzungen, Sprechblasen und Schraffuren in Erscheinung treten.

Zerstört wird hier jedenfalls nichts. Im Gegenteil, es werden fantastische Gebilde erschaffen und neue Pfade erkundet, wenn nicht gar frisch angebaut. Das gilt nicht zwangsläufig für den Main Plot, der mit archetypischen Vater-Sohn-Onkel-Konstellationen und klassischen Welteroberungsplänen nicht halb so innovativ ist wie die Art des Films, tote Bilder zum Leben zu erwecken. Aber beim Sprung durch die Dimensionstore ist es eben auch wichtig, dass sich manche Dinge nie ändern. Damit man nicht komplett die Haftung an der Zimmerdecke verliert.

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