Review
von Leimbacher-Mario
Berühmt, berüchtigt, brutal, begeisternd
Nur wenige Filme haben das ikonische Standing eines „Cannibal Holocaust“. Fluch und Segen für alle Beteiligten zugleich, zog er Gorebauern, Gewinne und sogar Gerichtsverfahren nach sich. Zwischen Abenteuer und Tiersnuff, zwischen Dschungelreisser und Menschenfresserschocker, zwischen Bahnhofskinokönigskarte und Schundwerk - über Deodatos Skandalfilm wurde eigentlich schon alles gesagt. Von verflucht negativ bis überschwänglich positiv. Für mich ist die Geschichte über „den Hunger eines Eingeborenstamms auf amerikanisches Fleisch“ noch immer matschigstes und mächtigstes Mitternachtskino aus dem schönen Italien, das dermaßen sleazy und fies daherkommt, dass ich einfach Respekt zollen muss…
Ich hätte gedacht, dass ich über „Cannibal Holocaust“ längst meine (sehr hohe) Meinung kundgetan hätte. Dem war nicht so. Da ich ihn aber eh länger nicht mehr gesehen hatte, kam das Review ganz recht. Und was soll ich sagen… er hat noch immer eine Anziehungskraft und grün-infernalische Energie, die all seinen Dschungel- und Kannibalenkumpanen abgeht. Dabei gibt’s echt böse und unnötige Sachen dabei, mit denen er das Subgenre aber einfach geprägt hat. Echte Tiertötungen kann man nicht gutheißen und hätten nie „Trend“ werden dürfen. Über blutige Vergewaltigungen und die fragwürdige Darstellung von Urvölkern kann man ebenso wenig wirklich jubeln. Egal wie verroht und abgehärtet wir Genregucker solcher Hardcorehorrorstreifen sind. Und dennoch durchzieht „Nackt und zerfleischt“ einfach diese unwiderstehliche Aura. Sein zischender Synthiescore zwischen beruhigend und aufwühlend. Sein echtes Dschungelfeeling. Seine unnachahmlichen Goreausschläge. Seine Pionierearbeit was Found Footage betrifft, sodass man damals zum Teil dachte, einige Aufnahmen könnten echt sein und ein polizeiliches Sonderkommando bei Deodato mal kräftig aufräumte. Barbarisch, roh, schmutzig. Verboten gut. Pervers unangenehm. Echt intensiv. Kopfschütteln und Staunen geben sich die gedärmüberströmte Klinke in die Hand. Noch immer etwas verstörend. Will man nicht mit seiner Mutter gucken. Exploitationgold. Grausam und gallig. Kein Campfest. Ein verstoßenes und doch erstaunlich geliebtes Kind seiner Zeit. Ein Heimatfilm - vom anderen Ende der Welt.
Fazit: wahrscheinlich der Urvater des Found Footage-Films, weiterhin eine fiese Legende und ein krasser Kannibalenkulthit - „Cannibal Holocaust“ bleibt Deodatos Highlight und wird seinem dreckigen Ruf gerecht!