Inhalt:
Nachdem ein Filmteam, das einen Dokumantarstreifen über Eingeborene drehen wollte, von seiner Reise nicht zurückkehrt, begibt sich ein Professor mit Crew auf die Suche nach diesem. In einem Eingeborenendorf angekommen wird schließlich klar, dass das Filmteam nicht mehr unter den Lebenden weilt. Doch was ist passiert? Das gefundene Filmmaterial wird ausgewertet und die grausame Wahrheit tritt zu Tage...
Kritik:
Ruggero Deodato hat mit diesem Werk DEN Kannibalenfilm und zugleich einen der schockierendsten und grausamsten Filme aller Zeiten geschaffen. Selbst hartgesottenen Freunden des gepflegten Einsatzes einer Blutkapsel, zu denen ich mich einfach mal mitzähle, stößt die ein oder andere Szene gewaltig auf den Magen.
Dabei fängt alles so harmlos an. Von wunderschöner Musik untermalt bekommen wir herrliche Landschaften rund um den Amazonas zu sehen. Doch die Freude über diese Aufnahmen ist nur von kurzer Dauer.
Es kommt ein harter Ortswechsel in die Großstadt New York, wo uns ein Reporter über das Verschwinden des Filmteams rund um Alan Yates und die bevorstehenden Nachforschungen von Professor Monroe (nicht zu verwechseln mit dem Psychiater einer bekannten Zeichentrickserie) aufklärt.
Wieder ein harter Szenenwechsel, der uns ein paar Menschenfresser bei der Nahrungsaufnahme zeigt, die jedoch von einer bewaffneten Truppe erschossen werden. Ein Eingeborener wird gefangen genommen. Als Professor Monroe den Ort des Geschehens betritt, wird klar, dass ein Teil des Trupps ihn auf seiner Forschungsreise begleiten wird und der Gefangene sie zu dem gesuchten Kannibalenstamm führen soll. Die Reise beginnt.
Unterwegs findet die Gruppe Spuren des verschollenen Teams (unter anderem den Panzer einer Riesenschildkröte) und sogar eine skelletierte Leiche, doch was ist geschehen und wo sind die anderen?
Nach einer widerwärtigen Essenszubereitung, bei der einem Ameisenbären die Kehle aufgeschlitzt wird und die Innereien an den begleitenden Kannibalen verfüttert werden, trifft man die ersten Eingeborenen und macht gleich Bekanntschaft mit einem grausamen Ritual. Ein von seiner Frau betrogener Eingeborener bestraft diese auf die klassische Art, indem er sie mit einem Phallussymbol vergewaltigt und anschließend erschlägt. Dieses Schauspiel verfolgt unser Forschungsteam und gelangt dann zu einem Eingeborenenstamm. Spuren machen klar, dass das Filmteam auch hier war, doch warum sind die Stammesangehörigen so aufgewühlt und bringen den Ankömmlingen soviel Misstrauen entgegen?
Nach diesem kurzen Besuch marschiert die Gruppe weiter und erreicht schließlich das gesuchte Baumvolk, doch auch hier sind die Bewohner sehr vorsichtig. Warum nur?
Immerhin findet man endlich die gesuchten Filmer. Nur kann man nicht mehr mir ihnen plaudern, denn ihre Knochen wurden zusammen mit der Filmausrüstung zu einem grotesken Gebilde aufgebaut. Was ist hier geschehen?
Fragen über Fragen, doch Antworten sind in Sicht, denn man greift sich das Filmmaterial und begibt sich zurück in die Zivilisation, um das Material auszuwerten. Und spätestens an dieser Stelle sollte der leicht erschreckbare Zuschauer den Film ausschalten, denn mit geschicktem Einsatz von Kamera, Musik, Effekten und echten Tiertötungen lehrt Deodato einem das Fürchten.
Wir sind bei der Sichtung des Filmmaterials mit dabei, wobei dementsprechend die Erlebnisse des Teams logischerweise durch die subjektive Kameraeinstellung dargestellt werden. Diese Idee wurde Jahrzehnte später durch "Blair Witch Project" aufgegriffen und sehr erfolgreich vermarktet.
Um die Aufnahmen noch realistischer wirken zu lassen, hat Deodato das Material mit Kratzern, Über- und Unterbelichtungen etc. ausgestattet und teilweise sehr wacklige Einstellungen verwendet. Und was wir da zu sehen bekommen ist wirklich harter Tabak!
Wir erfahren nun, woher der zuvor gesichtete Panzer der Riesenschildkröte stammt. Das Tier wird gefangen, enthauptet und minutenlang auseinandergenommen, wobei die Kamera gnadenlos draufhält, so dass jeden normalen Menschen Wut und Ekel packt. Dass Deodato hier einem echten Tier das Leben nimmt und nicht auf Puppen zurückgreift, ist nicht die feine italienische Art. Seine an den Haaren herbeigezogene Begründung hierfür kann man auf diversen Internetseiten nachlesen.
Doch weiter im Programm: Wir erfahren, was es mit dem zuvor gesichteten Skelett auf sich hat. Einer aus dem Filmteam wurde von einer Giftschlange am Fuß gebissen, doch das Aufschneiden der Wunde und die Amputation des Beines bringen nicht den erhofften Erfolg. Der Mann stirbt und wird zurückgelassen. In dieser Szene verfehlt die wacklige Handkamera ihre Wirkung nicht.
Nun erfahren wir, warum das erste Eingeborenendorf so aufgebracht war, beim Besuch von Professor Monroe mit seinem Team, den die Filmer haben hier gnadenlos gewütet, um brauchbares Filmmaterial mit nach Hause zu bringen. Eingeborene werden angeschossen, Tiere erschossen und als Abschluss werden viele Einwohner in eine Strohhütte getrieben und verbrannt. Die Kamera ist wie immer voll dabei und Alan Yates will das Material später als Krieg zwischen zwei Dörfern verkaufen.
Hier wird vor allem deutlich, dass Deodato mit seinem Werk Kritik an den sensationslüsternen Medien üben will, die für einen spektakulären Bericht über Leichen gehen. Dass er selber keinen Deut besser ist, da er für seinen Film Tiere vor laufenden Kameras töten lässt, lässt seine Message in einem komischen Licht erscheinen.
Am Ende erfahren wir, wie übel das Filmteam dem Baumvolk mitgespielt hat und wie sie aus dem Leben geschieden sind. So vergewaltigen die männlichen Filmer eine Eingeborene und spießen sie anschließend auf einem Pfahl auf. Und wieder wird dieses Blutopfer für die Kamera als Ritual der Eingeborenen dargestellt. Um diese Szene rankten sich jahrelang Gerüchte. So sollte Deodato für diese Szene tatsächlich eine Frau getötet haben, was aber entkräftigt wurde und für die Realitätsnähe dieser Szenen spricht.
Das ist dann selbst für die Baumleute zu viel des Guten und sie schnappen sich ein Filmteammitglied nach dem anderen. Der Kameramann wird entmannt (das darf in keinem guten Kannibalenfilm fehlen!) und verspeist, Alan Yates Freundin wird vergewaltigt und verspeist und der kameraführende Alan Yates wird erschlagen. Sein blutverschmiertes Gesicht schaut in die am Boden liegende Kamera und das Material ist zuende. Diese Idee wurde später ebenfalls in "Blair Witch Project" und auch in "Mann beißt Hund" verwendet.
Professor Monroe und Kollegen sind sich auf jeden Fall einig: Alan Yates ist nen Arsch, das Material ist doof und wird nicht ausgestrahlt, sondern vernichtet und der Film ist zuende.
Wie schon gesagt kann man Ruggero Deodato höchstens das unnötige Töten von Tieren vorwerfen, ansonsten hat er alles richtig gemacht, um einen wirklich schockierenden Film zu schaffen.
Die Kameraführung, die Bearbeitung des Filmmaterials, der Schnitt, die für einen Kannibalenfilm verhältnismäßig guten Schauspieler, die Effekte und die passende und ins Ohr gehende Musik (ich hoffe, ich kann irgendwo den Soundtrack ergattern) schaffen ein stimmiges Gesamtbild.
Hinzu kommt, dass (wie bereits erwähnt) der Film nicht nur schockiert, sondern auch eine Aussage beinhaltet.
All das macht diesen Film zum ultimativen Kannibalenfilm und zu einem Highlight des italienischen Exploitationkinos.
9 von 10 Punkten