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Bereits zwei Mal war Italo-Western-Star Gianni Garko schon in die Kluft seines Egos Sartana, die er auch entscheidend mitgestaltete und zu einer der einprägsamsten Figuren des Genres machte, geschlüpft, bevor es zu seinem ersten Auftritt unter Giuliano Carnimeo kam, der mit ihm, jeweils in der Hauptrolle, davon dreimal als Sartana, in drei Jahren immerhin fünf Western abdrehte.

„Sartana - Töten war sein täglich Brot“ war also der Beginn einer fruchtbaren Zusammenarbeit und gleichzeitig auch der Beste von Carnimeos Sartana-Filmen, wenn nicht der beste überhaupt, denn hier stimmt so ziemlich alles. Angefangen beim Drehbuch des untriebigen Tito Carpi (u. a. „Tentacoli“), der sich bestens im Genre auskannte und in seinem Skript hier so ziemlich alle Elemente vereint, die ein Western damals ausmachte, über Kameramann Giovanni Bergamini (u.a. Kameraoperator bei „Zwei Compañeros“ und „Keoma“), der mit seinem Arbeitsgerät als eine antiquierte Form der Steady-Cam nutzt, bis hin zu dem absolut gelungenen Score des kurze Zeit am Fließband vertonenden Komponisten Elsio Mancuso, der Klaus Kinski hier seine eigene Musik (und zwar ganz ironisch die Melodie von „Santa Claus is coming to town“ by Haven Gillespie und J. Fred Coots) gönnte. Neben dem selbstironischen (O-Ton: „Ich bin so impulsiv“), überraschend mal nicht den Maniac abgebenden Kinski mischen noch prominente Namen wie Frank Wolff („Gott vergibt... Django nie!“, „Spiel’ mir das Lied vom Tod“), der später zeitweise den Prügelburschen für das Duo Spencer/Hill gebende Sal Borgese (Genau, Anulu ist schließlich Filmgeschichte!) und der dem einen oder anderen sicherlich aus unzähligen Italotrash-Rollen bekannte Schrank Gordon Mitchell mit. Wahrlich eine illustre Truppe, auf die sich Carnimeo in seiner früheren Karrierephase verlassen musste und auch konnte.

Angefangen bei einem schon mal in Sachen Bodycount wirklich ausufernden Beginn, entfaltet sich hier ein gleichzeitig rassiger wie spannender Genrevertreter, der über eine für die damaligen Genreverhältnisse unwahrscheinlich gute und bis zum Ende auch undurchschaubare Story verfügt. Freilich wurde unsere deutsche Fassung leider schon zur Kinoauswertung, also vor über 35 Jahren, um Handlungsszenen erleichtert, so dass ab und an in Bezug auf das Kombinationsvermögen der Protagonisten einige Fragen aufgeworfen werden, aber dieses Manko sollte man getrost auf die damaligen Deppen schieben oder noch besser Best Entertainment, die den Film lieblos auf DVD klatschten, zum Teufel jagen.

Sartana (also Garko) steckt dieses Mal in der Bredouille, weil der Anführer des einführenden Überfalls sich wie er kleidete und auch ein ihn belastendes Beweisstück am Tatort zurückließ, weswegen bald 10.000 Dollar (natürlich dead or alive) auf ihn ausgesetzt sind und die werten Herren Kollegen Kopfgeldjäger Jagd auf ihn machen. Also muss er sich erstens der Kopfgeldjäger erwehren, zweitens zusehen, dass er aufgrund der beachtlichen Summe nicht von der geldlüsternen Bevölkerung abgemurkst wird, drittens den Betrüger finden und viertens natürlich zusehen, dass er von den erbeuteten 300.000 Dollar sich seinen Höchstanteil abzweigt.

Im Grunde also ein Maximum an Problemen und zu bewältigenden Aufgaben, aber für Sartana liegt darin ja bekanntlich der Reiz. Garko gibt die Rolle seines Lebens wieder mit Hingabe. Er ist kein Eastwood, aber ein guter Ersatz und in seinen schwarzen Klamotten, dem Zigarillo im Mundwinkel und seinen der Situation angepassten coolen Sprüchen vermittelt er genau das sympathische Gefühl eines larger than life – Helden. Die Tricks und Ideen, die natürlich jedes Mal wie gewollt funktionieren, welche er hier immer wieder auftischt, amüsieren, weil oft schier unmöglich, ungemein.

Die Suche nach Antworten führt ihn über den ausgeraubten Bankdirektor und einen Gefangenen, der ihm in letzter Sekunde noch den entscheidenden Tipp geben kann, durch so ziemlich jede Situation, die an Italowestern braucht. Es gibt die obligatorischen Poker-Spiele im Saloon und die Erschießung von Falschspielern, die Karten-Tricks (Ich liebe diese Mischereien...), den Banküberfall schon zu Beginn, der Kutschenüberfall wird von Kinskis Ego im Vorbeigehen egalisiert (Er brauchte Kohle, also knallt er ein paar verbrecherische Vögel ab *gg*), eine manipulierte Spielhölle, die Sartana fix durchschaut und einen Ausbruch aus der Zelle des Sheriffs. „Sartana - Töten war sein täglich Brot“ klappert diese standesgemäßen Motive alle ab, ohne dass man jetzt das Gefühl hat, hier wird nur aufgereiht. Alles im Sinne des Plots und der bleibt dabei spannend, unterstützt von mal etwas untypischen Einfällen, wie die Jagd durch ein hohes Schilffeld oder selbstgebastelte Nebelbomben und der geschickte Einsatz von Dynamit.

Die Suche nach neuen Hinweise erfolgt gewitzt und vorausplanend. Der überlegende Sartana sitzt dank seiner Schlitzohrigkeit und seiner Intelligenz stets am längeren Hebel und legt sich seine Häscher solange zurecht, bis er die nötigen Informationen zusammen hat. Die führen ihn in der letzten halben Stunde in das Dreckskaff Poker Falls, wo es von Halunken, Mördern und Halsabschneidern nur so wimmelt. Und die kennen natürlich auch die aktuellen Steckbriefe, also versuchen gleich die Erstbesten, und sei es im Hotel-Zimmer, abzukassieren, aber Fehlanzeige.

Bekanntlich halten die Spaghetti-Western nicht sonderlich viel von innigen Freundschaften, weswegen Sartana auch nicht immer auf seine vermeintlichen Widersacher oder Kumpane, die ihm während seiner bleihaltigen Ermittlungen so über den Weg laufen, verlassen kann. Wohl verfügen sie über einen recht eigenartigen Ehrenkodex, was beispielsweise Schulden angeht, beziehungsweise erweisen sich immer dann als hilfreich, wenn es finanziell etwas abzustauben gibt. Deswegen muss Sartana auch immer zusehen, dass er den Mann, der vermeintlich seinen Rücken stärkt, Dollars in Aussicht stellt.

Höhepunkt des Films ist zweifellos das Doppel-Finale. Erst muss Sartana sich mit ganzen Schwadronen von schießwütigen Cowboys anlegen und wetzt dabei quer durch die Gassen der Stadt, von Dach zu Straße, durch das Fenster und wieder zurück, um mit Dynamitstangen um sich zu werfen oder Blei zu verschießen und einen beachtlichen Bodycount heraufzubeschwören und dann trifft er sich des Nachts mit einer Truppe von Halunken in der Kirche, um zu den Klängen der Orgel den Gross mit seinem imposanten Messerarsenal zu filetieren und den übrig bleibenden Rest auf die gute alte Methode der Bleivergiftung niederzustrecken.

Final wird gen Horizont geritten und zwar mit finanziellen Möglichkeiten im Gepäck. Da ist nicht nur Sartana, sondern auch der Genrefan zufrieden, weil Giuliano Carnimeo mit „Sartana - Töten war sein täglich Brot“ knapp über seinem eigenen, ohnehin guten Schnitt liegt und hier eine seiner besten Arbeiten im Westernbereich ablieferte. Er inszeniert von der Bank so flott und unterhaltsam, dass keine Längen auftreten, weil hier wirklich ständig etwas los ist und sei es, dass Sartana lediglich einen seiner unzähligen Tricks (Die tarnende Illusion beim Barbier fand ich besonders gelungen) vorführt.


Fazit:
Absolut gelungener Italo-Western mit einem klar überdurchschnittlichen Plot, gut aufgelegten Darstellern, die sich bis in die Nebenrollen nicht verstecken brauchen, einem hohen, freilich blutleeren Bodycount, der richtigen Prise Humor und allen wichtigen Elementen, die das Genre anzubieten hatte. Meine Empfehlung hat der Film dank Carnimeos kompetenter Inszenierung und eines enorm coolen Gianni Garkos allemal.

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