Als Ende der Siebziger „Der Mann in den Bergen“ erschien, glaubte eine ganze Generation, man könne einen Bären zähmen und problemlos in der Natur überleben. Die Sehnsucht nach einer Rückzugsmöglichkeit, nach einem Ausstieg aus den Zwängen der Gesellschaft scheint heute größer denn je und so entstand offenbar auch die kuriose Idee von Co-Autor und Langfilm-Debütant Philipp Hirsch.
Glocke (Matti Schmidt-Schaller) ist als Rebell und Aktivist unterwegs, doch als er den Wagen eines Zuhälters anzündet, schließt er sich fluchtartig dem Online-Aufruf eines gewissen Friedrich an, sich mit Gleichgesinnten auf die Reise zu einer entlegenen Hütte zu begeben.
Gemeinsam mit Judith (Milena Tscharntke), Elias (Tom Gronau), Paule (Enno Trebs) und Steffi (Matilda Merkel) folgt man während der Tour einigen Hinweisen, bis es zum Eklat kommt…
Innerhalb Deutschlands ist so ein Aussteiger-Abenteuer nur schwer vorstellbar, doch statt Nordkanada gibt es hier einen Rundgang durch den Harz, später über die Berge Südtirols.
Dabei bietet die irrwitzige Exposition das genaue Gegenteil eines Naturfilms, als Glocke nach der Brandstiftung auf der Flucht ist und sprichwörtlich in der Scheiße landet, was natürlich schnell im Netz kursiert und, neben einer verschmähten Liebe einen weiteren Auslöser für den Ausstieg liefert.
Da eine der drei Regeln der Schnitzeljagd besagt, dass kein Wort über die jeweilige Vergangenheit erwähnt werden darf, dauert es ein wenig, den Individuen etwas näher zu kommen. Es gibt den Pöbelnden, die Stille, die ehemalige Nazi-Braut und den Spießer, dem nach der ersten Nacht im Freien mal gleich das Wurfzelt gen Jordan segelt. Probleme und kleine Reibereien sind vorprogrammiert, doch nach einigen Konfrontationen rauft man sich zusammen und entwickelt jeweilige Stärken, was während der zweiten Hälfte auch schon mal ins Unglaubwürdige abdriftet, spätestens als quasi Milch und Honig fließen und jemand plötzliches Wissen über essbare Wurzeln hervorbringt.
Doch anderweitig ist der Weg das Ziel, was die überaus gelungenen Naturaufnahmen in regelmäßigen Abständen untermauern. Speziell bei den ruhigen Einstellungen offenbart sich eine grundsolide Kamera, die anders als bei den Wackelaufnahmen während des Intros viele gelungene Perspektiven findet. So orientierungslos die Gruppe zunächst durch die Landschaft wandelt, so wird sie im Verlauf zuweilen eins mit ihr, nicht nur beim Nacktbaden oder beim Abhängen am wärmenden Feuer. Der sauber abgestimmte Score schürt zusätzlich Atmosphäre.
Was letztlich ein wenig fehlt, sind bis ans Limit gehende, spannende Konfrontationen, mal abgesehen von einer Aktion nach einem Twist im letzten Drittel. Man erfährt nichts über die Dauer der Reise und auch eine Pointe wird lediglich angedeutet, obgleich jene ein paar interessante Denkanstöße zulässt. Dennoch sorgen durch die Bank überzeugende Mimen und eine ungewöhnliche Inszenierung für ein weitgehend kurzweiliges Abenteuer, das aufgrund einiger merkwürdiger Stimmungsschwankungen nie das Interesse schwinden lässt.
7 von 10