Der spanische Regisseur José Luis Merino konnte bereits mit dem 1970 erschienenen „Das Geheimnis von Schloß Monte Christo“ Erfahrungen im Gebiet des Gothic-Horrors sammeln und lieferte zwei Jahre später mit „Der Totenchor der Knochenmänner“ sein Gesellenstück ab. Knöchrige Chorknaben kommen hier zwar keine vor, doch die nicht ganz unkomplexe Handlung um den in Skopje eintreffenden Serge Chekov (Stelvio Rosi alias Stan Cooper), der sein Erbe in Form eines Grafenschlosses antreten will, zunächst aber seine Cousine erhängt auf dem Friedhof vorfindet, sich mit der Missgunst der Bediensteten herumärgern muss und schließlich einem mörderischen Geheimnis auf die Spur kommt, verbindet Gothic-, Mad-Scientist- und Zombie-Subgenre-Charakteristika zu einem schmackhaften Euro-Horror-Gebräu.
Die düsteren Kulissen versprühen reichlich Flair eines unheilschwangeren Ortes mitsamt verängstigten, verschrobenen Bewohnern, die atmosphärische musikalische Untermalung unterstützt diesen Eindruck. Stelvio Rosi als Chekov entsetzt allerdings mit einer unmöglichen Maurizio-Merli-Schnauzbartproll-Haarpracht und es fällt schwer zu glauben, dass ausgerechnet er hier die Mädels ins Bett bekommt. Denn einen sleazigen Erotikanteil gibt es im „Totenchor der Knochenmänner“ natürlich auch, ebenso ein paar blutige Morde, einen nekrophilen Totengräber (Paul Naschy!), ein prächtiges Gruselschloss inkl. unterirdischen Katakomben, schwarze Magie, wissenschaftliche Experimente, Besessenheit, polizeiliche Ermittlungsarbeiten, Prügeleien, Intrigen etc… eine ganze Menge Stoff also, der uns hier aufgetischt wird. Das Tempo bleibt bis zum wahnwitzigen Finale aber dieser Art Film angemessen ruhig und lässt dem Zuschauer genug Zeit, alle Eindrücke, die sich zwischen absolut stimmigem Euro-Gothic und charmant-altertümlicher Exploitation-Kante bewegen, zu genießen. Weiß man noch nicht, wohin die Handlung letztlich steuert, bleibt „Der Totenchor der Knochenmänner“ zudem in unterschiedlich starker Ausprägung, aber doch konstant spannend. Die Schauspieler, unter ihnen Aurora de Alba, Maria Pia Conte, Catherine Gilbert und Dyanik Zurakowska, sind allesamt gut aufgelegt, Paul Naschys Nebenrolle ist herrlich neben der Spur und wird von ihm hervorragend und erinnerungswürdig dargeboten.
Fazit: Pflichtprogramm für Freunde europäischen Gothic-Grusels, die die exploitativen Einschläge der 1970er ebenso zu schätzen wissen wie den spanischen Charme alter Zeiten. Der Trash-Gehalt hält sich arg in Grenzen, wohliger Grusel und gelungener Make-up-Horror behalten stets die Überhand. Am gewöhnungsbedürftigsten ist das grässliche Erscheinungsbild des Hauptdarstellers, der den wahren Genregrößen dieses Bereichs nicht das Wasser reichen kann.