Review

Jack wurde in Thailand an Land gespült...

Suchen wir nicht alle unser intimes Paradies?
Doch was tun, wenn sich dieses entwickelt zu 'nem grünen, schwülen Verlies?

Danny Boyles "The Beach" ist eine eher magere, oberflächliche Verfilmung des komplexen Buchs,
doch bei den völlig überzogenen Verrissen könnte man fast meinen, das wäre wegen eines Fluchs.

Denn als ungewöhnlicher Abenteuertrip mit mächtigen Bildern kann das durchaus einen Sommerabend versüßen,
da würde ich von der Filmkritik (und auch vom Publikum!) manchmal doch eine etwas gemäßigtere Betrachtung begrüßen.

"The Beach" hat einen genialen Soundtrack, der Wärme und Liebe und Freiheit atmet,
fast meint man zu spüren durch die Boxen den thailändischen Fahrtwind.

Auch Leo beweist hier schon früh, dass mit ihm war zu rechnen,
wenn das kein Superstar würde, dann wär das ein Werk von dunklen Mächten.

Boyles verspielter, kinetischer, unverkennbarer Stil schlägt im Verlauf immer wilder durch,
schwitzig und abdriftend schlägt sich DiCaprio durch den Dschungel wie ein vom Weg abgekommener Lurch.

Manchmal ist das Glück so nah und zerrinnt doch,
manchmal wird selbst die freiste Kommune zu einem sozialen Molloch.

Doch Boyle hält die Balance aus Warnung und Wunsch, aus Traum und Gift erstaunlich gelassen,
trotz traumatischer Ereignisse kann man die sonnige Lockerheit am Ende kaum fassen.

"The Beach" weckt zwar Sehnsucht aber schreckt auch ab,
denn selbst auf einer fast einsamen Insel wird das Glück irgendwann knapp.

Ist die Vorstellung voll westlicher Verklärtheit und nur ein Schwamm?
Oder kamen hier dann doch ein paar unglückliche Umstände zusamm'?

Dieser fein-weiße Strand erzählt von Lust und Schmerzen, von Unabhängikeit und Stille,
doch ein solches Geheimnis samt Frieden zu bewahren, kostet anscheinend mehr als nur eiserner Wille.

Urlaubsalptraum, jedoch eher mild und nie vollkommen bissig,
das war wohl der Hauptgrund, warum er war für viele Kritiker nie gänzlich griffig.

"The Beach" findet man in keinem Katalog, er entzieht sich Kategorien,
seinen Eindrücken, seiner Glut und seiner Leidenschaft kann man sich aber nur schwer entzieh'n.

Der Mythos einer immerfriedlichen Oase wird entzaubert,
selbst wenn man durch fehlende Boshaftigkeit und Radikalität leider dabei nur selten wirklich schaudert.

Denn es ist ein feines Gedankenspiel irgendwo zwischen "Herr der Fliegen" und "Apocalypse Now",
bei manch einer Sequenz sagt man in Ansätzen sogar laut "Wow!".

Der Mainstream ist blöd, die Masse ist laut, das Normale ist fies,
diese altbackene, fantastische, verblendete Einstellung wird dennoch geworfen nachdrücklich in den Kies.

Und doch bekommt man Bock auf Palmen, Cocktails und Entfaltung,
doch achtet man vielleicht mehr drauf, auf wessen Kosten geht diese urlaubstechnische Gestaltung.

Fazit: interessantes Aussteiger-Abenteuer über die Gefahren und Illusionen eines vermeidlichen "Paradies'". Der junge DiCaprio ist schon klasse, die exotischen Schauplätze machen Lust auf Urlaub und die knackigen Denkanstösse untergraben das dann wieder (positiv) unangenehm. Klasse, subversiv, wenn auch bei weitem nicht so bissig und stark wie das Buch. Oder andere Boyle-Werke. Dennoch: "The Beach" ist viel besser als sein "golden-himbeeriger" Ruf.

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