Ziemlich genau vor 12 Jahren, am 15.01.2007 habe ich hier die Kritik zu Rocky Balboa verfasst, dem eigentlich letzten Teil (zumindest aus damaliger Sicht) der Rocky Saga. Frisch aus dem Kino gekommen war ich hin und weg vom sechsten Rocky Teil und habe 10 / 10 Punkte bedenkenlos geben können. Nach Rocky Balboa erfolgt mit Creed II nun mittlerweile das zweite Spin Off.
Der Film beginnt mit zwei zueinander parallel dargestellten Handlungssequenzen ... Zum einen wird Adonis Creed gezeigt, wie er, gecoacht von Rocky Balboa, 3 Jahre nach seinem Kampf gegen Conlan nun endlich den Titel im Schwergewicht gewinnen kann, zum anderen, Schnitt rüber in die Ukraine, sehen wir Viktor Drago, einen jungen russischen Boxer bei einem Amateurkampf. Die beiden jungen Männer verbindet das Schicksal Ihrer Väter: Apollo Creed wurde von Ivan Drago im Ring getötet, Rocky, der beste Freund von Apollo rächte sich ja dann bekanntlich im damaligen Kampf des Jahrhunderts an Ivan Drago im Ring, in dem er ihn in Moskau vor heimischen Publikum seine erste und schmerzhafteste Niederlage beibrachte. Ivan Drago trainiert seinen Sohn aktuell. Als er vom Boxpromoter Buddy Marcelle erfährt, dass der Sohn von Apollo Creed nun Weltmeister im Schwergewicht ist, sieht er für sich und seinen Schützling die Chance, die Geschichte wieder gerade zu biegen. Die Dragos fordern Creed heraus zu einem Kampf um den Titel. Rocky warnt vor der Gefährlichkeit der Dragos und weigert sich Adonis bei diesem Kampf zu coachen, zu stark sind die Erinnerungen an den Todeskampf von Apollo gegen Viktors Vater, als Rocky in Apollos Ecke stand und das Handtuch nicht warf... Creed kann den Kampf dann gegen Viktor gewinnen, allerdings nur weil dieser disqualifiziert wird, als er Creed regelwidrig brutal zu Boden schlug. So fordert Drago Creed nochmals heraus, dieses Mal aber soll der Kampf in Russland stattfinden und Rocky unterstützt Adonis nun bei seinem vielleicht schwersten Fight...
Neben diesem Hauptplot haben wir noch einige Subplots, u.a. das Privatleben von Adonis Creed, er heiratet, seine Freundin bekommt ein Baby, dass eventuell wie seine Mutter nicht richtig hören kann. Auch das zerrüttete Verhältnis von Rocky zu seinem leiblichen Sohn und die Erinnerungen an Adrian sind weitere Themen. Allgemein gesagt baut der Film immer wieder melancholisch auf die Erinnerungen an die alten Rocky Teile.Die beste Szene von Creed II ist für mich jedoch der Augenblick, als Ivan Drago Rocky in dessen Restaurant aufsucht und die beiden sich nach über 30 Jahre wieder sehen. Wie es Rocky nach dem Kampf in Russland erging, wissen wir ja durch den nachfolgenden Rocky V (Hirnschaden, Boxen nicht mehr möglich, Verlust des gesamten Vermögens, back to the roots). Neu ist, wie es Drago danach erging. Drago erzählt Rocky im Dialog, wie diese Niederlage alles veränderte, wie er im eigenen Land von seinen Förderern fallen gelassen wurde, wie seine Frau Ihn dann verlassen hat. Nun möchte er mit seinem Sohn zusammen Rache durch den Kampf gegen Adonis Creed. Rocky ist natürlich auch nicht gut auf Ivan Drago zu sprechen, schließlich hatte dieser damals Apollo im Ring getötet. Beide Darsteller, Stallone und Lundgren, spielen diesen Dialog grandios, Achtung, Gänsehaut Moment! Wie Stallone vor kurzem auf seiner Instagram Seite verlauten lies, wurde wohl auch eine kleine Prügelei zwischen Rocky und Drago abgedreht. In der Szene hält Rocky Drago und seinen Sohn im Krankenhaus davor ab, auf Creed los zu gehen. Leider hat es dieser Inhalt nicht in den fertigen Film geschafft und ist der Schere zum Opfer gefallen, aus meiner Sicht eine Fehlentscheidung, der Moment wäre das absolute Sahnehäubchen für jeden Rocky Fan gewesen.
Kommen wir nun zu den Trainings und Kampfsequenzen in Creed II. Die Trainingseinheiten fallen von der Screentime her verhältnismäßig kurz gegenüber z.B. Rocky III oder IV aus. Wie auch in den vergangenen Teilen wird zwischen den beiden Lagern verglichen, Creed & Rocky trainieren mit einfachen Mitteln in der Wüste, während Viktor Drago von seinem Vater die beste Ausrüstung zur Verfügung gestellt bekommt. Die Ringszenen sind gut gefilmt, eine Mischung aus realistischem Boxen ala Rocky Balboa und der Actionschlacht aus Rocky IV. Darstellerisch überzeugt der gesamte Cast inklusive Nebendarsteller sowie die alten Hasen Stallone und Lundgren und die jüngere Garde wie Michael B. Jordan alias Adonis Creed oder Florian Munteanu als Viktor Drago.Bei all dem Positivem gibt es auch Kritikpunkte, der Film hat gerade nach dem ersten Kampf von Creed und Drago Probleme mit einigen erzählerischen Längen, hier hätte man einiges an Handlung Straffen können, was einem kontinuierlichen Spannungsbogen zu Gute gekommen wäre. Außerdem sind so manche Handlungsentscheidungen nicht unbedingt immer nachvollziehbar dargestellt, so ist z.B. Creed zuerst vehement gegen einen Rückkampf und dann auf einmal ohne großartige Begründung auf einmal dafür. Der für mich größte Fehler wird dann im Schlusskampf gemacht : Im entscheidenden Moment in der letzten Runde ertönt die Rocky Musik, was erzwungen aufgesetzt wirkt und hier wird einem erst bewusst, dass egal wie gut die neue Fighter Generation auch dargestellt wird, ein Rocky Balboa alias Sylvester Stallone in jungen Jahren mit seiner Einstellung, mit seiner Präsenz, mit seiner Ausstrahlung, seinem Herzen und seinem Feuer durch niemanden gleichwertig zu ersetzten ist. Ja Johnson macht seine Sache als Creed gut, aber ein Rocky bleibt unerreicht und das wurde mir in diesem Moment klar.
Trotzdem bin ich dankbar, dass ich Creed II diesen späten Vertreter des Rocky Universums im Kino ansehen konnte. Stallones Figur war für mich persönlich ein wichtiger Begleiter in meinem Leben, ohne den ich vielleicht jetzt nicht da Stünde wo ich jetzt bin. Die Einstellung Rocky's, immer alles zu geben und versuchen zu gewinnen, obwohl es nicht immer einfach ist, hat mir persönlich immer wieder geholfen mich allen Herausforderungen im Leben zu stellen. 7/10 Punkte!