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Beim Thema des Außenseitermädchens, das ständig drangsaliert und schikaniert wird, bis es irgendwann die große Rachekeule hervorholt, denkt man unweigerlich an „Carrie“. Im Zeitalter des Mobbings über Social Media sind die Auswüchse hinterlistiger als je zuvor. Regisseur Assaf Bernstein erzählt seine Geschichte jedoch als eine eher zeitlose und konzentriert sich dabei gekonnt auf seine Hauptfigur.

Maria (India Eisley), fast 18, fühlt sich von ihren wohlhabenden Eltern missverstanden und wird an der Schule ständig geärgert. Eines Tages spricht ihr Spiegelbild zu ihr, welches sich als Airam vorstellt. Sie bietet Maria einen Tausch an, um sich endlich an denen zu rächen, die ihr das Leben schwer machen…

Mit den ersten Einstellungen vom Ultraschall wird früh eine Richtung vorgegeben, auf welche Pointe die Erzählung hinauslaufen könnte. Zudem wird erwähnt, dass Maria fast keine sozialen Kontakte pflegt, was anfangs ein wenig unglaubwürdig rüberkommt, - schließlich ist Maria alles andere als ein hässliches Entlein und die Figureneinführung im ersten Drittel beschreibt ein zwar zurückhaltendes, jedoch durchaus umgängliches Mädchen.
Die Situation im Elternhaus ist demgegenüber nachvollziehbarer, denn Dad (Jason Isaacs) ist Schönheitschirurg und ein Kontrollfreak, gegen den sich Mom (Mira Sorvino) nie durchzusetzen traut, wodurch keiner der beiden die Tochter ernst genug nimmt.

Die Mischung aus Coming-of-Age und Rachedrama hat zwar ihre atmosphärischen Momente, vor allem bei den gekonnt eingefangenen Außenaufnahmen im Schnee, doch phasenweise zieht sich der Stoff merklich, bevor es in der zweiten Hälfte deutlich düsterer zugeht. Allerdings sind diverse Racheaktionen mit wenig Elan angelegt, bei einem Opfer wird gar nur angedeutet und nichts Rundes abgeliefert und auch kreative Ableben sehen anders aus, zumal die Zahl der Opfer sehr überschaubar bleibt.

Von daher ist es India Eisley, die mit einer starken Präsenz und zwei völlig unterschiedlichen Charakterprofilen die Chose beisammen hält. Die schüchterne Eigenbrötlerin mit Hang zur Melancholie nimmt man ihr genauso ab wie den verführerischen Racheengel. Besonders stark sind die gemeinsamen Szenen mit Filmvater Isaacs, welcher ebenfalls treffend besetzt ist und grundsolide performt.

An der Auflösung und den letzten Einstellungen könnten sich die Geister scheiden, jedoch werden einige Hinweise gestreut, welche in eine bestimmte Richtung tendieren und im Endeffekt nicht viele Interpretationsmöglichkeiten zulassen.
Entsprechend kommt es zu einigen spannenden, mehr zu atmosphärischen Momenten, wobei die eher gemächliche Erzählweise zeitweise wenig relevanter Aspekte fokussiert.
Trotz hinlänglich bekannter Prämisse ein handwerklich ordentlicher und in der Hauptrolle einnehmend performter Thriller-Mix für Zwischendurch.
6 von 10

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