Review

Nach dem enttäuschenden sechsten Teil ging es mit dem Jubiläumsfilm „Halloween H20“ wieder aufwärts. In der Zwischenzeit hatte sich auf dem Filmmarkt auch wieder einiges getan. Denn fast genau ein Jahr nach „Halloween VI“ landete „Nightmare on Elm Street“ – Regisseur Wes Craven mit „Scream – Schrei !“ einen großen Überraschungserfolg und reanimierte damit das Horror – Subgenre der Slasher – Movies, was zu einer neuen Generation von Teen – Horrorfilmen führte.

Aufgrund dieses gesteigerten Interesses war man auch bereit wieder etwas mehr in einen neuen Film um den Serienkiller zu investieren mit dem einst alles begonnen hat, Michael Myers. Da dieser zusätzlich noch 20jähriges Bestehen feierte, war man bemüht einen guten Horror – Thriller auf die Beine zu stellen und Jamie Lee Curtis erklärte sich tatsächlich wieder bereit, noch einmal in ihre alte Filmrolle zu schlüpfen. Regie führte der Routinier Steve Miner, der durch „Freitag, der 13.“ Und „Und wieder ist Freitag, der 13.“ schon genügend Genre – Erfahrung gesammelt hatte.

Glücklicherweise entschieden man sich den Ballast des Handlungsgerüsts, das nach „Halloween 4“ entstanden war, abzuwerfen und nur den Ereignissen in den ersten beiden Teilen Beachtung zu schenken, in denen auch Jamie Lee Curtis alias Laurie Strode mitspielte. Den Kenner der bisherigen Fortsetzungen bereitet dabei nur ein Punkt Stirnfalten. Obwohl die Ereignisse in den Teilen 4 – 6 hier keine Beachtung finden, werden sie auch nicht ausgeschlossen. Allerdings war die kleine Jamie in diesen Filmen die Tochter von Laurie und über die wird hier auch kein Wort gesprochen.

Doch von so was möchte man sich nicht den Spaß vermiesen lassen sondern sich vielmehr von dem Gebotenem unterhalten lassen. In einem, wirklich gelungenem Prolog erkennen wir in einer kettenrauchenden Dame mittleren Alters bald Dr. Loomis junge Krankenschwester Marion aus den Teilen 1 und 2 wieder. Dieser Anfang, in dem neben Marion auch schon zwei Teenager Michael Myers zum Opfer fallen, ist ungemein spannend inszeniert und erinnert den Zuschauer nebenbei noch einmal an den Sachverhalt. Laurie Strode ist scheinbar schon vor vielen Jahren bei einem Autounfall umgekommen und Dr. Loomis, der in den letzten zwanzig Jahren stets auf der Spur von Michael Myers war, ist auch gestorben.

Im weiteren Verlauf gibt es eine recht ausgedehnte, zugegebenermaßen spannungsarme Phase, die nur von einer kurzen Suspence – Einlage (Mutter, Kind und Michael Myers) auf einer Highway – Toilette unterbrochen wird. In dieser widmet sich der Film stark den Charakteren, vor allem Laurie Strode. Die ist natürlich am Leben, hat eine andere Identität, einen jugendlichen Sohn (Josh Hartnett in seiner ersten Filmrolle) und ist Direktorin einer Privatschule in Kalifornien (Michael Myers mal ganz woanders). Die Ereignisse der Halloween – Nacht ’78 hat sie immer noch nicht richtig verarbeitet, leidet unter Panikattacken und greift zu oft zur Flasche. Ihr Sohnemann bringt für ihre übertriebene Ängstlichkeit wenig Verständnis auf. Der ist natürlich Teil der Teenie – Garde, die Halloween allein in der Schule verbringen will (der Rest ist auf einem Schulausflug) und auf die Michael Myers sein Augenmerk zunächst richtet, als er von Illinois nach Kalifornien kommt. Bei Marion hat er schließlich in Dr. Loomis alte Akten geschaut und so Lauries Aufehnthaltsort erfahren (ja, er kann lesen).

Das letzte Drittel bietet dann auch Spannung in angemessener Menge. Das einsame, stark bewachsene und weiträumige Schulgelände ist eine gute Kulisse. Die elegante Inszenierung sorgt zusammen mit dem gelungenem Soundtrack (der nur leider teilweise Musik aus „Scream“ recycelt) für ähnlich intensive Suspence wie seinerzeit John Carpenter, allerdings nur in 2 oder 3 Szenen, danach beginnt die Hetzjagd. Myers ist entdeckt und man versucht ihm zu entkommen, ab hier herrscht reißerische Spannung vor.

Als letzte Konsequenz stellt sich Laurie der Auseinandersetzung mit Michael Myers. Diese ist von Steve Miner sehr packend umgesetzt worden und Michael Myers scheint mit der schon erfahrenen Laurie als Final – Girl einen würdigen Gegner gefunden zu haben. Denn sie weiß, dass er eben nicht tot ist nach irgendwelchen kleinen Stürzen o. ä. und setzt ihn zum Schluss auf die denkbar drastischste Art außer Gefecht, die eine Wiederauferstehung unmöglich zu machen scheint (bei der dann doch folgenden Fortsetzung hat man dieses Problem auch mehr oder weniger geschickt umgangen).

Wer genau aufpasst dem fallen hier auch inhaltliche Parallelen zu dem Horror – Klassiker „Frankenstein oder der moderne Prometheus“ auf, die wiederum in Bezug zum „Halloween“ – Original entstehen. Denn dort wurde in einer kurzen Unterrichtsszene mit Laurie über das unausweichliche Schicksal einer literarischen Figur gesprochen, was natürlich symbolisch für Laurie war, deren unausweichliches Schicksal, die Heimsuchung durch Michael Myers, kurz bevorstand. In „H20“ wird über Frankenstein gesprochen, der sich seinem Schicksal erst stellte, als ihm das Monster alles genommen hatte, was er liebte und er so nichts zu mehr zu verlieren hatte. Auch Laurie stellt sich hier erneut ihrem Schicksal, wenn dieser Vergleich mit Frankenstein im Film allerdings schon hergestellt wird, wäre es konsequent wenn auch Lauries Sohn John sterben würde, denn erst dann wäre sie in einer vergleichbaren Situation. In dem lesenswertem Buch „Die Screm – Trilogie“, das einen wunderbaren Überblick über den Slasher - bzw. Teen – Horrorfilm von 1978 - 2000 gibt, wird auch angedeutet, dass eine solche Version von „Halloween H20“ zwar gedreht, aber letztlich nicht veröffentlich wurde.

Nichtsdestotrotz ist „Halloween H20“ ein wirklich gelungene Horror - Thriller. Er beinhaltet kein geschicktes Spiel mit dem Zuschauer oder postmoderne Ironie wie etwa „Scream“, sondern ist eher Slasher – Kost nach alt bewährter Art. Mit viel Spannung und auch Blut in Szene gesetzt, doch immer darauf bedacht die Figuren nicht nur auf ihr bloßes Ableben zu reduzieren. Der Härtegrad ist dabei auf dem oberen Level der Spät - 90er. Gewalt wird nicht nur angedeutet, aber auch nicht allzu grobschlächtig dargestellt. Die schauspielerischen Leistungen sind alle solide bis gut, also deutlich über dem Durchschnitt. Dabei bleiben Ironie und Anspielungen nicht ganz aus. Schließlich schauen sich zwei Mädchen abends „Scream 2“ an und die, einmal „mütterlich“ werdende, Sekretärin wird von Janet Leigh (für die dies nicht wissen, Jamie Lee Curtis Mutter und Opfer des berühmten Duschmords in „Psycho“) gespielt, die einmal auch von verstopften Abflüssen in den Mädchenduschen spricht.

Michael Myers wird hier übrigens auch wieder etwas Menschen ähnlicher dargestellt als das korpulente Muskelpaket im Vorgängerfilm. Bedrohlich genug wirkt er auch hier allemal. Nur wurde leider auf sein gruseliges Atemgeräusch diesmal ganz verzichtet. Und der Wechsel seiner Masken fällt hin und wieder schon auf.

Insgesamt ist „Halloween H20“ ein durch und durch würdiger Jubiläumsfilm und die beste Fortsetzung von John Carpenters „Halloween“. Es wäre wohl auch ein guter Abschluss der Reihe gewesen (obwohl das Ende doch etwas abrupt ist), doch der Hunger der Fans ist unersättlich und Michael Myers wird auch in nächster Zeit noch weiter meucheln.

8 / 10

Details
Ähnliche Filme