Was macht man, wenn man gern auf einer plötzlich wieder angesagten Slasher-Welle mitschwimmen will, indem man eine DER Horrorikonen schlechthin reanimiert, einem beim besten Willen aber nicht einfällt, wie man an den letzten Teil der Reihe anschließen könnte? Man erklärt kurzerhand die Teile 4 bis 6 für null und nichtig und knüpft 20 Jahre nach der ersten Fortsetzung an. Das zu akzeptieren fällt mir schwer, ist doch insbesondere Teil 4 einer der stärksten der gesamten Reihe. Doch davon losgelöst – kann „Halloween H20“ als eigenständiger Film bestehen?
Nein. Zwar wurde „Scream Queen“ Jamie Lee Curtis, Michaels favorisiertes Opfer der ersten beiden „Halloween“-Filme, wieder die Hauptrolle zuteil, die auch im Post-Teenage-Alter eine wirklich gute Figur macht, doch auf Donald „Dr. Sam Loomis“ Pleasence musste man leider verzichten. Somit ist Lee Curtis als Laurie gezwungen, beide Rollen in sich zu vereinen – die des auserkorenen potentiellen Hauptopfers und des manisch wirkenden Mahners zugleich. Zugegeben, Lee Curtis macht das Beste daraus in US-Regisseur Steve Miners („Freitag der 13.“ Teil 2 und 3, „House“) „Semi-Reboot“ aus dem Jahre 1998, aber meinen Donald vermisse ich dennoch schmerzlich.
Laurie Strode, wie sie mittlerweile heißt, hat die 20 Jahre zurückliegenden Ereignisse noch immer nicht komplett verarbeitet und lebt gerade zu Halloween in ständiger Sorge um sich und ihren Sohn John (Josh Hartnett, „Faculty – Trau keinem Lehrer!“) im Teeanger-Alter. Sie ist leitende Angestellte eines Internats, das auch ihr Sohn besucht und über das Rapper LL Cool J (warum eigentlich ausgerechnet der?) als Pförtner wacht. Doch plötzlich ist Michael wieder da und wie üblich getrieben von Mordabsichten seine Familie und alle, die ihm dabei über den Weg laufen, betreffend.
Soweit wie gehabt, doch „Halloween H20“ ist weniger eine Fortsetzung als mehr eine Hommage an das gute alte Schlitzerkino. Mal mehr, mal weniger subtil wird auf Szenen und Einstellungen aus John Carpenters Klassiker angespielt, auch Raum für ein wenig Selbstironie ist vorhanden, angenehmerweise jedoch ohne in alberne komödiantische Gefilde abzuflachen. Die einzelnen Charaktere werden für einen Slasher recht ausführlich vorgestellt und ist Michael erst einmal vor Ort, macht das hohe Tempo aus „Halloween H20“ einen sehr kurzweiligen, nie langweiligen, flotten Film mit überschaubarem Bodycount und ohne übertriebenen Gewaltgrad, aber in sehr sehenswerter Optik, der mit unter 90 Minuten Nettospielzeit in keiner Weise künstlich aufgebläht wurde. Der sehr dominante, sich ausgiebig an Carpenters Originalthema bedienende Soundtrack dröhnt unentwegt aus den Boxen und verteilt einerseits „Halloween“-Atmosphäre mit dem Vorschlaghammer, erfreut aber andererseits die Ohren mit seinen Modernisierungen und Variationen.
Auf der Strecke bleibt dabei aber die besondere Spannung, die neben dem Original auch die oft harsch kritisierten Fortsetzungen zu bieten hatten. Es bleibt kaum Zeit für das nackte Entsetzen in den Gesichtern der Opfer, für die Entfaltung Michaels unmenschlicher, bedrohlicher Aura und letztlich leider auch für „magische Momente“ wie die Demaskierung in Teil 1 oder die Annäherung von Täter und Opfer in Teil 5. „Halloween H20“ wirkt auf mich weniger emotional, dafür kälter und routinierter. Damit ist der Film als Hommage für Fans ebenso gut zu gebrauchen wie für ein Spannung als langatmig empfindendes nachgewachsenes Popcorn-Publikum, unterm Strich aber leider trotz seiner handwerklichen Perfektion der am wenigsten erinnerungswürdige Teil der Reihe.