kurz angerissen*
Die eigentlichen Paukenschläge verlegt Shyamalan bewusst in die ersten beiden Teile seiner Trilogie. In „Glass“ geht es längst nicht mehr um eine Epiphanie oder die Offenbarung des bis dahin Unsichtbaren, sondern um die Zusammenführung der Fäden zur ursprünglichen Bruchstelle. Nun hat sich sein bisheriges Werk als Regisseur ja beharrlich den Ruf erhalten, mit teils effekthascherischen, gemeinhin oft als leer empfundenen Wendungen immer noch ein letztes großes Fass vor dem Abspann aufzumachen. Dahingehend ist es eine hochinteressante konzeptionelle Entscheidung, dass es diesmal tatsächlich darum geht, einen Kreis, oder vielmehr ein Dreieck, zu schließen, ohne weiterhin Cluster auf Cluster sprießen zu lassen, bis die Setzlinge der ursprünglichen Storyline kaum mehr zu kontrollieren sind.
Betrachtet man das Vorgehen des dominierenden Comicfilm-Fabrikanten Marvel, muss man also zu dem Schluss kommen, dass „Glass“ die einzige Macht ausschöpft, die Marvel nicht einmal nach „Endgame“ in den eigenen Händen hält: Die Macht, einen Schlussstrich zu ziehen. Dort sprießen weiter Helden um Helden, einander wie Sprungbretter nutzend, um die Endlosigkeit der Geschichte voranzutreiben. Eine Story, die in diesem Universum zu Ende geführt wird, gebiert mindestens drei neue Stories. So wie gerade erst Spider-Man ausgezogen ist, um zu sehen, wie die Welt in Phase 4 einbiegt.
Aus dieser Betrachtung heraus ist „Glass“ die Antithese des Comicfilms, eine endliche Angelegenheit, inszeniert aus dem peripheren Blickwinkel des Indie-Films. Das große Finale, es müsste eigentlich hier und jetzt in diesem Film vor aller Welt stattfinden, während am Himmel Blitz und Donner die Kulisse bilden. Große Effekte, dramatische Gesten. Doch nichts von dieser Größenordnung geschieht. Das Übernatürliche wird relativiert, die Superkraft der Physik unterworfen, das Wunder mit Stochastik widerlegt. Psychologie wirkt manipulativ auf Pro- und Antagonisten der Handlung ein, das „Super“ wird von der Realität assimiliert.
Natürlich ist „Glass“ deswegen in gewisser Weise ein farbloser Abschluss, liegt die Motivation einer jeden Hauptfigur doch bereits ebenso offen wie ihre Stärken und Schwächen. Was kommt, ist genau das, was kommen muss. Shyamalan verletzt in gewisser Weise seine eigene Regel, den Zuschauer von Anfang bis Ende zu überraschen und ihm Dinge zu zeigen, die er nicht für möglich gehalten hätte. Und doch liegt in der exakten Erfüllung der Prophezeiung eben auch eine gewisse Magie, die dem unersättlichen, serialisierten Kino der Gegenwart inzwischen verloren gegangen ist.