Zerbrechliche „Helden“
„Split“ war vor zwei Jahren ein riesiger Mainstreamhit und die Überraschung, dass er mit „Unbreakable“ zusammenhing, war ein echter Coup. Nun versucht „Glass“ diese etwas andere Superhelden-Trilogie abzuschließen und sowohl Fans von Marvel und Co., ewige Shyamalan-Verteidiger als auch gewöhnliche Thrillergucker, die von „Split“ angetan waren, zu vereinen. Es geht um David Dunn, den „unzerstörbaren“ Helden aus „Unbreakable“ und wie er „Die Horde“ bzw. „Das Biest“ aus „Split“ jagt. Über Umwege landen beide dann mit Samuel L. Jacksons „Mr. Glass“ in einer Art Psychiatrie und werden mit der Theorie konfrontiert, dass sie alle doch nicht so super und übermenschlich sein könnten, wie sie sich selbst eingeredet haben...
„Glass“ wird, wie so oft bei Shyamalan, das Publikum spalten (wie passend). Zwischen Hassen und Lieben wird es hier wenig geben. Doch als Meta-Kommentar zu Superhelden, ihren Ursprüngen und ihrer Bedeutung für unsere Realität, hat sich Shyamalan durchaus genug vorgenommen und auch abgeliefert. Seiner eigenen Logik und Blase folgend zumindest. Zudem spielt McAvoy noch furioser als schon in „Split“ und alle drei Figuren interagieren zu sehen, war lange erwartet und fühlt sich nun einfach spitze an. Leider kommt Bruce Willis etwas zu kurz, aber McAvoy ist ja auch ein paar mehr. Der Score ist wieder sehr gut, wenn es auch kaum zu verzeihen ist, dass das genialen Unbreakable-Thema kaum Verwendung findet, und der Look ist wie in „Split“ hochwertig, klasse und atmosphärisch, wenn auch manchmal etwas sehr dunkel. Allgemein ist „Glass“ am ehesten ein „Split“-Sequel. Hardcore-Fans von „Unbreakable“ könnten enttäuscht werden. Und seinen Titel „Glass“ hat er sich auch nur teilweise verdient.
Doch ist es denn ein krönender Abschluss? Gibt es wieder Twists und Offenbarung, typisch für den berühmten Regisseur? Und geht Shyamalans Vision auf? Naja, muss ich leider dreimal antworten. Obwohl es natürlich wie immer auf die eigenen Erwartungen ankommt. Für mich sind beide Vorgänger klar stärker, vor allem „Unbreakable“ spielt auf einem ganz anderen Level, für mich wirkt das Script etwas gehetzt und wirr und überladen, für mich ist das letzte Drittel ebenso mutig wie nachdenklich stimmend und gewissermaßen auch enttäuschend. Einige Logiklöcher und Längen im Mittelteil tun dann ihr Übriges. Doch im Endeffekt bleibt Shyamalans vielschichtiges Trilogie-Finale episch und intim zugleich, ein Must-See, egal ob für Superheldenfans oder auch vor allem für Leute, die das MCU, Batman und Co. eigentlich kaum noch sehen können und nach frischer Luft schnappen. Ein feuchter Traum für Comicnerds mit Bodenhaftung. Aus dem dritten Akt hätte man dennoch irgendwie viel mehr machen können, da fühlt sich einiges halbgar und improvisiert an, nicht immer auf gute Art und Weise... Ein fader Beigeschmack bleibt, der ganz große Wurf ist „Glass“ nicht, Erwartungen könnten hintergangen und viele unglückliche Gesichter hinterlassen werden. Für mich hat er jedoch absoluten Mehrwert, eine Ausnahmestellung inne und ich würde ihn gerne noch einmal sehen. Immerhin.
Fazit: zum Teil mutig, zum Teil schwachsinnig - „Glass“ ist ein wirklich besonderer und erinnerungswürdiger „Superheldenfilm“. Zwar der schwächste Teil seiner Trilogie und sehr polarisierend, doch bei mir überwiegen die Pros. Vor allem, weil er zum Thema Comics, Helden, Mythen und Realität einiges anspricht, wenn auch nur anschneidet. Manchmal fühlt es sich an, als ob Shyamalan nach „Split“ zu schnell aus der Hüfte schießen musste/wollte... Gut und vor allem diskussionswürdig, interessant, brisant. Muss ja nicht immer makellos sein.