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Spätestens seit dem Erfolg von Marvels „The Avengers“ erfreut sich der Shared-Universe-Gedanke immer größere Beliebtheit, so auch im Hause Warner bzw. Legendary Entertainment, welche die Riesenmonster aufeinander loslassen wollen – wobei das ja schon die Vorgänger aus dem Hause Toho so machten. Bevor aber King Kong auf Godzilla trifft, kommt erst einmal „Godzilla II – King of Monsters“, der bereits Grundsteine für das Zusammentreffen der beiden Monstergrößen legt.
Die Auftaktszene spielt während des Finales von „Godzilla“ im Jahre 2014, in den Ruinen von San Francisco, in denen sowohl Mark Russell (Kyle Chandler) als auch seine Frau Emma (Vera Farmiga) durch die Straßen irren. Genaueres über ihre Beziehung zu der Katastrophe erfährt der Zuschauer noch nicht, aber über den Fortgang ihres Lebens: Fünf Jahre später sind beide getrennt und während Mark sich in die Wildnis zurückgezogen hat und Wölfe beobachtet, macht Emma ähnliches, wobei sie Teenagertochter Madison (Millie Bobby Brown) dabei hat. Jedoch ist sie im Auftrag der Monsterbeobachtungsbehörde Monarch unterwegs und im chinesischen Dschungel ist sie nicht unmittelbar in der Wildnis, sondern in einem Labor, in der die Riesenmotte Mothra im Larvenstadium observiert. Damit wird die Monarch-Monster-Mythologie aus „Godzilla“ und „Kong: Skull Island“ fortgeführt: Überall auf der Welt überwacht Monarch nicht nur Riesenwesen, sondern hält diese auch in speziellen Einrichtungen.
Wissenschaftlerin Emma hat ein Gerät einwickelt, das die Frequenzen, mit denen Monster kommunizieren, identifizieren und replizieren kann. Doch ansonsten läuft es für Monarch gar nicht gut: Nach dem Godzilla-Zwischenfall wollen die Militärs lieber sämtliche Monster auslöschen, weshalb die aus „Godzilla“ bekannten Monarch-Wissenschaftler Ishiro Serizawa (Ken Watanabe) und Vivienne Graham (Sally Hawkins) vor einen Untersuchungsausschuss zitiert werden. Noch schlimmer wird es allerdings, als der Ökoterrorist Jonah Alan (Charles Dance) das Monarch-Labor in China stürmt, beinahe alle Anwesenden tötet und Emma mitsamt Madison und Frequenzgerät entführt. Das dient in der Folgezeit als MacGuffin, denn damit kann man die Monster steuern.

Für die Suche nach dem Apparat und den Entführten wenden sich Ishiro und Vivienne an Mark, der nicht nur ein persönliches Interesse hat, sondern das Gerät gemeinsam mit Emma entwickelte. Als Jonah jedoch den dreiköpfigen Drachen Ghidorah freisetzt, spitzt sich die Lage zu. Die Monarch-Wissenschaftler hoffen darauf, dass Godzilla als Beschützer der Menschheit fungiert…
Riesenmonsterfilme müssen meist zwei Dinge beachten. Zum einen sollte die Action möglichst eindrucksvoll und einfallsreich sein. Zum anderen sollten die menschlichen Figuren mehr Aufgaben haben als bloß glubschäugig den Zerstörungsorgien zu folgen und deshalb da zu sein, weil sich menschliche Zuschauer schlecht mit marodierenden Riesenwesen identifizieren zu können. All das hatte „Kong: Skull Island“ mit seiner zackigen Survival-Story mit „Apocalypse Now“-Anleihen, den einfachen, aber markig gezeichneten Charakteren und den hervorragend getimten Actionszenen bravourös hinbekommen. Leider kann „Godzilla II“ nicht ganz an dessen Tugenden anschließen, obwohl mit Michael Dougherty ein genreaffiner Drehbuchautor und Regisseur am Zuge war, der für Script und/oder Regie bei Werken wie „X-Men 2“, „Trick ‘R Treat“ und „Krampus“ verantwortlich war.
So findet die Action hier wieder oft im Dunklen oder im Vernebelten statt, außerdem ist die Kamera wackliger und der Schnitt schneller als bei den Wemmsereien auf dem sonnigen Skull Island. Im Gegensatz zu Gareth Edwards in „Godzilla“ blendet Dougherty aber nicht andauernd vor den Actionszenen aus, sondern lässt die Monster randalieren. Dabei gelingen ihm einige famose Szenen, etwa wenn Riesenvogel Rodan eine Monarch-Fliegerstaffel aufmischt oder im Finale die Tag Teams Godzilla/Mothra und Ghidorah/Rodan gegeneinander antreten. Der Ökoterroristenplot lässt auch Raum für etwas konventionelle Shoot-Out-Action, die aber nur kurz am Rande abgearbeitet wird. Vor allem geht es um das Monstergerumpel und da liefert „Godzilla II“ eben mit den erwähnten inszenatorischen Abstrichen. Die sind schmerzlich, zumal Dougherty immer wieder beweist, dass er beeindruckende Bilder um die Riesenwesen konstruieren kann, nicht nur innerhalb der Action – gerade dann, wenn Einzelpersonen einem Monster gegenüberstehen, überträgt Dougherty das Gefühl von Erhabenheit, das die Figuren fühlen müssen, aufs Publikum.

Ansonsten funktionieren die Charaktere mal mehr, mal weniger gut. Das Familiendrama der Russells ist tatsächlich recht gelungen, da der Film erst nach und nach entblättert, was während und nach der Godzilla-Attacke von 2014 geschah, auch wenn man bestimmte Dinge schnell ahnt. Problematischer sind da Ishiro und Vivienne, die wenig über den Erklärbärstatus hinauskommen, und die militärischen Monarch-Zuarbeiter, die mal einen markigen Spruch ablassen oder ebenfalls Erläuterungen abgeben dürfen. So bleiben viele der menschlichen Figuren Statisten. Auch Jonah funktioniert vor allem als Katalysator für die Monsterrangeleien, liefert aber ein paar aktuelle Ökobezüge: In den Zeiten von Klimawandel und Umweltzerstörung sind für ihn randalierende Riesenviecher der beste Weg zur Bevölkerungsschrumpfung und Schaffung eines ausgeglichenen Ökosystems. Das hat zwar Anbindung an aktuelle und wichtige Diskurse, wirkt bisweilen aber auch etwas forciert.
Immerhin: Der Ökosystem-Gedanke strukturiert das Monsterverse ein wenig mehr, etwa mit verschiedenen Hierarchien im (Riesen-)Tierreich und der Verortung von Wesen wie Godzilla oder Ghidorah darin. Dabei leistet der Film auch schon Vorarbeit für den anstehenden „Godzilla vs. Kong“ (wobei die Post-Credit-Sequenz von „Godzilla II“ schon andeutet, wie dieser Kampf wohl verlaufen wird) und teasert an, dass Monarch 17 Kreaturen überwacht oder gefangen hält. Neben Godzilla, Ghidorah, Mothra und Rodan treten einige für kurze Szenen auf, aber vor allem hat man damit Stoff für weitere Monsterverse-Filme in der Hinterhand. Problematisch wird es nur, wenn man die Mythologie nicht einfach für sich lassen kann, sondern der Meinung verfällt, dass man jeden Aspekt (pseudo)wissenschaftlich erklären muss. Also häufen sich vor allem in Filmhälfte zwei in Szenen, in denen erklärt werden muss, wie denn nun der aus „Godzilla“ übernommene MacGuffin Radioaktivität und der neue MacGuffin Frequenzgerät genau funktionieren, was ihre Auswirkungen sind usw. Hätte man Pulp einfach mal lieber Pulp sein gelassen, nicht stetig den Erklärbär gespielt – mit jeder bemühten Erklärung wirkt das Treiben eigentlich nur noch unsinniger.

Ein weiteres Manko von Hälfte zwei ist jenes, dass man für Ruhepausen zwischen den Monsterclashes sorgen muss. Also wird Godzilla zwischenzeitlich aus dem Spiel genommen und muss erst wieder reaktiviert werden (ellenlange Erklärungen inklusive), wodurch aber ein paar Tempoprobleme in dem Film entstehen, da gerade Hälfte eins ordentlich auf die Tube drückt. Diese ist dann handlungsseitig erquicklicher, liefert sogar die eine oder andere handfeste Überraschung. Hälfte zwei hat dann mehr knallige Action, holpert aber erzählerisch mehr. In einem Punkt ist „Godzilla II“ aber erfrischend konsequent: Die Reihen der Belegschaft werden ausgedünnt und dabei nicht nur die Stichwortgeber aus der zweiten bis dritten Reihe.
Wobei selbst kleinere Rollen prominent besetzt sind. Bradley Whitford sorgt für Laune als Monarch-Wissenschaftler mit losem Mundwerk, während O’Shea Jackson Jr. und Aisha Hinds versuchen das Beste aus ihren undankbaren Soldatenrollen zu machen. Die Schauspielschwergewichte Ken Watanabe, Sally Hawkins und David Strathairn reaktivieren ihre „Godzilla“-Rollen und setzen Akzente, bleiben aber ebenso Nebendarsteller wie Zhang Ziyi als Monarch-Wissenschaftlerin und Nachfahrin der „Kong: Skull Island“-Forscherin San Lin. Kyle Chandler wirkt dagegen zwar immer wie ein Nebendarsteller, der sich versehentlich in eine Hauptrolle verirrt hat, schlägt sich aber wacker als heldenhafter Wissenschaftler-Daddy. Noch stärker ist Vera Farmiga in der wohl stärksten Performance des Films, wobei Millie Bobby Brown ihr kaum nachsteht. Trailer hatten noch vermuten lassen, dass sie bloß ihre „Stranger Things“-Rolle aufkocht, doch besagte Szene ist im Film anders als im Trailer. Dagegen wirkt Charles Dance wie die Ökoterroristenversion seiner „Game of Thrones“-Rolle, ist aber ein herrlich fieser Sausack.

So macht „Godzilla II“ mehr richtig als „Godzilla“, aber weniger als „Kong: Skull Island“: Die Action ist nicht so übersichtlich und der Menschenplot weniger interessant als dort, zumal der Film manchmal zu sehr in Erklärwut ausartet. Doch stark komponierte Shots, bildgewaltige Zerstörungsaction und die starke Besetzung sorgen dafür, dass „Godzilla II“ mehr Spaß macht als die Edwards‘ Film oder Tohos dröger „Shin Godzilla“.

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